Ein bissfestes Abenteuer
wird es mal Zeit für eine gute Tat!«, rief sie zurück. Dann sagte sie mit sanfter Stimme zu den Mädchen: »Dreht euch um.«
Daka und Silvania gehorchten. Silvania kniff die Augen zusammen. Sie erwartete jeden Moment ein Messer im Rücken. Daka starrte in den pechschwarzen Himmel und dachte an Karlheinz.
Erst als die Seile auf den Boden fielen, wurde den Mädchen klar, dass die Katzenfrau die Fesseln durchgeschnitten hatte. Sie bewegten erst einen Finger nach dem anderen, dann die ganze Hand, schließlich die Arme. Es kribbelte unter der Haut und brannte in den Schultern. Doch es fühlte sich gut an. Endlich hatten sie ihre Arme wieder.
»Also, macht's gut, ihr zwei. Wir können euch leider nicht zu Hause absetzen, aber ihr findet den Heimweg bestimmt«, flüsterte ihnen die Frau von hinten zu. »Eure Eltern können stolz auf euch sein. Ihr wart prima Geiseln.«
»Komm schon, Gina!«, rief der Muskelmann aus dem Kleinflugzeug.
»Okay, okay!«, rief die Katzenfrau und eilte zum Flugzeug. Kurz darauf heulte der Motor auf.
Daka fuhr herum. Silvania drehte zögernd den Kopf.
Der kleine Propeller an der Flugzeugnase begann sich zu drehen. Immer schneller. Das Kleinflugzeug fuhr im Halbkreis um die Mädchen herum. Durch die Klopapierschlitze erkannten sie, wie ihnen die Katzenfrau aus dem Cockpit zuwinkte. Der Mann steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, hob die Pistole und drückte auf den Abzug. Eine kleine Flamme schoss aus dem Pistolenlauf. Der Mann zündete daran seine Zigarette an und grinste den Zwillingen zu. Dann beschleunigte die Cirrus SR20 und hob Sekunden später von der alten Rollbahn ab. Wie ein weißer Vogel stieg sie in den Nachthimmel.
Die Schwestern sahen dem Flugzeug nach.
Auf einmal riss sich Daka das Klopapier vom Kopf und rief: »So leicht entkommen die nicht! Ein Halbvampir lässt solche Gangster doch nicht einfach davonfliegen. Die haben uns die ganze Zeit mit ihren Spielzeugpistolen verarscht!«
Silvania sah ihre Schwester mit großen Augen an. »Was hast du vor?«
»Ich fliege ihnen nach, ganz einfach.«
»Aber ... aber wer weiß, wohin die fliegen. Vielleicht bis nach Madagaskar oder an den Südpol. Das schaffst du nicht.«
»Mit dem Flugzeug können sie höchstens 2000 Kilometer weit fliegen.«
»Das schaffst du auch nicht.«
»Aber ich kann es versuchen«, sagte Daka.
»Daka, das ist doch Wahnsinn!«
»Niemand nennt mich einfach so Stachelbirne.« Daka breitete die Arme aus.
»Daka! Du lässt mich hier allein? Mitten auf einer verlassenen Rollbahn?«
»Du musst Mama und Papa Bescheid sagen. Flieg nach Hause. Ich melde mich, wenn ich das Versteck der Gangster kenne«, sagte Daka. Dann nahm sie Anlauf und erhob sich nach drei riesengroßen Sprüngen in die Luft.
»DAKAAA!«, rief Silvania. »Komm zurück!«
Doch Daka hörte ihre Schwester schon nicht mehr. Zumindest tat sie so. Sie hatte das weiße Kleinflugzeug fest im Blick, senkte den Kopf und beschleunigte.
Krimineller
Höhenflug
M arko Golert klatschte sich in 2000 Metern Flughöhe auf die Schenkel. »Wir haben es geschafft, Schwesterherz!«
»Noch nicht ganz«, meinte Gina Golert. »Erst, wenn wir morgen Nachmittag den Käufer treffen und alles glatt über die Bühne geht.«
Marko winkte ab. »Was soll jetzt schon noch schiefgehen? Die Bullen kommen uns so schnell nicht auf die Spur. Und der Käufer ist total verlässlich, hat Onkel Alfred gemeint. Zumindest für einen Kunsthändler vom Schwarzmarkt.«
Ein Lächeln huschte über Gina Golerts Gesicht. Ja, was sollte jetzt noch schiefgehen? Sie hatten ihn gemeistert – ihren letzten großen Coup. Sollten sich die Bullen die Hirne zerbrechen, sollten sich die Kollegen die Mäuler zerreißen, sollte sich Onkel Alfred wundern, bis ihm die Haare ausfielen. In zwei Tagen würde sie in einer Maschine der Singapore Airlines sitzen und ans andere Ende der Welt fliegen. In ein Land, in dem es mehr Schafe gab als Menschen. Das konnte nur gut werden.
Es klang wie ein Traum. Doch bald würde es Wirklichkeit sein. Dann war sie nicht mehr Gina Golert, genialer Kopf der berüchtigten Kunsträuber Geschwister Golert, sondern Kate Blackburn, eine einfache, zufriedene Schafzüchterin. Vielleicht würde sie einen einfachen, zufriedenen Schafzüchter kennenlernen. Vielleicht auch nicht. Marko würde sie alle paar Jahre besuchen kommen. Mit seiner Frau und den Kindern. Dann würden sie über die alten Zeiten reden, über die Geschwister Golert und ihre Überfälle. Aber
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