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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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verstehst?“
    Sie nickte. „Wie viel?“
    Er nannte seinen Preis und sie feilschte nicht, weil die Zeit drängte.
    „Steck sie dafür in einen Umschlag“, verlangte sie, „ich möchte nicht, dass sie beschädigt wird.“
    „Pierre ist ein großer Künstler“, sagte der Bouquiniste, „einer der Größten, gleich nach Chagall und Rodin… der Größte aus der Bretagne. Ich verehre ihn.“
    Yuna steckte die Karte zusammen mit dem Rucksack in die Gepäckbox. Sie nickte und brachte es nicht fertig, ihm zu sagen, dass Monsieur Pierre tot war. Aber das war er ja eigentlich auch gar nicht, für Menschen wie ihn, würde er in seiner Kunst immer weiterleben. Und dass sie, als sein liebstes Modell, Bestandteil dieser Kunst war, das machte sie in diesem Augenblick unsagbar stolz.

    Sie verließ die City auf dem Motorrad in Richtung Südwesten, vorbei an den Tuilerien und dem Eiffelturm, fuhr noch ein Stück auf der Périphérique bis zum Abzweig in Richtung Chartres und atmete dann erleichtert auf. Jetzt fand sie sich wieder leichter zurecht, denn sie konnte nun bis Le Mans auf der L´Oceane bleiben.
    In knapp drei Stunden würde sie Laval erreicht haben und dann der E50 nach Lorient in der südlichen Bretagne folgen. Von dort ging es über kleinere Straßen weiter bis zur Pointe du Raz und in die Baie des Tréspassés . Sie atmete tief durch, als ihr klar wurde, dass nun ihr Ziel tatsächlich in greifbare Nähe gerückt war.
    Was zunächst nur eine völlig absurde Idee zu sein schien, begann ganz plötzlich Realität zu werden und so froh sie einerseits darüber war, so sehr löste die Erkenntnis, dass sie nun ganz alleine die Verantwortung für die sterblichen Überreste ihre Großvaters trug, auch Beklemmung in ihr aus. Ganz konkrete Fragen taten sich auf einmal auf, ließen sie ohne Antwort zurück, und machten ihr bewusst, dass sie reichlich blauäugig in dieses Abenteuer gestolpert war.
    Durfte man eigentlich eine Urne einfach so ins Meer werfen… oder streute man nur die Asche hinein und wie, bitte schön, machte man das … wie kriegte man eigentlich die Asche da raus? Mit bloßen Händen? Schütten? So weit war sie in ihren Überlegungen bisher nie gekommen. Alles, woran sie gedacht hatte, war, die Urne in die Buch der Verstorbenen zu bringen, um dort die Asche ihres Großvaters seinem Wunsch gemäß dem Meer zu übergeben. Wie das ablaufen sollte, daran hatte sie nicht einen Gedanken verschwendet.
    Eine Veränderung in der Landschaft unterbrach ihr Grübeln. Das Blau des Himmels hatte sich gewandelt, es war heller und leuchtender geworden und die Wolken wanderten wie wollige Schäfchen darüber hin. Das war ein untrügliches Zeichen, dass das Meer nicht mehr fern war, weil sie die Bretagne erreicht hatte.
    Die Bäume, zwischen den Feldern als Windschutz angepflanzt, neigten sich nun alle in die eine Richtung, in welche sie vom gnadenlosen Westwind schon als junge Pflanzen erbarmungslos gebogen worden waren.
    So we walked along the seaside, where the trees grow just one way, pointing out the one direction, that the wind blows day after day…
    Yuna summte den Song von den Cats vor sich hin.
    Ihr Großvater hatte eine reiche Musiksammlung, vieles stammten noch aus den sechziger Jahren, als er in Düsseldorf an der Kunstakademie Bildhauerei studiert hatte. Die holländische Gruppe gehörte ganz offenbar zu seinen Favoriten. Yuna liebte auch den Rock´n Roll Song, den sie auf dem Motorrad oft im Ohr hatte.
    Rock´n Roll I gave you all the best years of my life…
    Das hätte auch für Michael gelten können, aber er hatte sie wohl nie, seine besten Jahre… die hatte das Schicksal anscheinend noch für ihn aufgespart, dumm nur, dass er sie nicht mehr erleben konnte.

    Yuna hatte oft mit ihrem Opa Musik gehört. Die alten Langspielplatten, die man auf einem vorsintflutlichen Schallplattenspieler mit einem Tonabnehmerarm abspielen musste, der mit einem Diamantkopf die Prägerillen abfuhr und mechanische Markierungen in Töne umwandelte. Im Grunde kurios und ausgesprochen umständlich, wo doch heute alles digital so viel einfacher ging. Aber nostalgisch, so wie ihr Großvater es in vielen Dingen war.
    Allerdings hatte sie auch noch ein paar alte Tonbandkassetten mit Kinderliedern von Astrid Lindgren und Geschichten von dem Kleinen Wassermann aus ihrer Kinderzeit bei Opa gefunden. Die waren wohl mal bei einem Ferienaufenthalt bei ihm vergessen worden. Ob die noch existierten? Sie war gespannt, was sie überhaupt noch

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