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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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lieber Ihre eigene Hutnummer aussuchen, junger Mann.«
    »Aber Sie irren sich! Ich habe den Mann überhaupt nicht angerührt.«
    »Sparen Sie sich das«, sagte Marsh daraufhin nur. »Das können Sie nachher anderen erzählen.«
    Er erzählte es nachher anderen, und zwar jedem beamteten Ohr, das ihn anhören wollte, sah jedoch nur zynische Zweifel in jedem beamteten Auge. Er bat, Enid sprechen zu dürfen, aber Enid befand sich im Krankenhaus und pflegte ihren gefallenen Ritter. Als sie schließlich erschien, stürzte er sich sofort auf sie.
    »Enid! Erkläre es diesen Leuten doch bitte! Ich habe den alten Knaben überhaupt nicht angerührt – das weißt du!«
    Sie schüttelte den Kopf, und die Wut auf ihrem Gesicht mischte sich mit Verachtung. »Wie kannst du es nur leugnen, Elliot? Der Beweis steht dir doch im Gesicht geschrieben!«
    »Aber ich war es nicht! Sein eigener Butler muss es gewesen sein!«
    »Sein Butler? Welcher Butler? Cyril hat in seinem ganzen Leben noch keinen Butler gehabt.«
    »Aber diesmal hatte er einen! Einen untersetzten scheußlichen Kerl. Er hat auf mich eingedroschen, und dann muss Hardeen ihn dafür bezahlt haben, dass er auch ihn zusammenschlug. Das war genau überlegt! Merkst du denn nicht seine Absicht? Er wollte doch nur, dass du das alles glaubst.«
    Enid schloss die Augen. »Bitte, Elliot. Mach es nicht noch schlimmer. Du hast ihm deinen Standpunkt klargemacht. Du bist größer und kräftiger als er – das weiß ich. Ich möchte jetzt nichts mehr davon hören. Lass uns bitte in Ruhe, Elliot.«
    Sie wandte sich um und verließ den Raum. In einer Geste hilfloser Verzweiflung hob Elliot die Arme und ließ sie wieder sinken – wie die Flügel einer Windmühle, die plötzlich keinen Wind mehr bekommen.

WeiblicheHilfe
    A rnold Bourdon litt an einem progressiven Muskelleiden, das zwar schwächend und unerfreulich, jedoch weder schmerzhaft noch unmittelbar tödlich war. Arnold litt – das stimmte; aber die Krankheit hatte Elizabeth, seine Frau. Wie eine Königin hüllte sie sich in die Symptome dieses Leidens und beherrschte vom Bett und vom Rollstuhl aus ihre Untertanen (Arnold, die drei Hausangestellten und ihren Arzt) mit einer Tyrannei, die für Arnolds empfindsames Wesen manchmal überwältigend war.
    Arnold war ein gutaussehender, gut erzogener Mann, den angestrengte Gymnastik und die Wohltaten einer bequemen, nicht von Geldsorgen bedrängten Existenz jünger als seine dreiundvierzig Jahre aussehen ließen. Sein ganzes Leben lang hatte er die Hilfe der Frauen genossen. Seine Mutter war zwar arm und verwitwet gewesen, hatte sich jedoch in seiner Jugendzeit ganz seiner Pflege und seiner Ernährung gewidmet. Seine Schwester hatte seinetwegen ihr eigenes Glück zum Opfer gebracht und ihn während des Studiums an einem der besseren Colleges im Osten unterstützt. Dann hatte er Elizabeth kennengelernt, die reich war und eine besondere Vorliebe für hübsche, empfindsame Männer hatte.
    Jeder Zug an Arnold war empfindsam. Seine Augen hatten ein zartes Blau. Seine Nase war aristokratisch, sein Mund zart und fein. Am empfindsamsten waren jedoch seine Ohren. Schrille, klagende Stimmen verursachten ihm Kopfschmerzen. Das Geräusch launenhaften Schluchzens war quälend. Das Knarren eines Rollstuhls, der sich im oberen Stockwerk bewegte, ließ ihn mit den Zähnen knirschen. Vor allem aber bedeutete das Läuten der Glocke, die auf dem Nachttisch lag und ihn in die unmittelbare Umgebung der königlichen Kranken rief, eine Marter.
    Als die Glocke Ende Februar eines Montagmorgens erklang, befand Arnold sich gerade in der Küche und wachte darüber, dass das Ei für Elizabeth haargenau zweieinhalb Minuten kochte. Die blassblauen Augen verdrehten sich, der feine Mund zuckte, und die zartgliedrigen Finger schlössen sich in einer seltsam grausamen Bewegung um den Griff eines Buttermessers. Dann ergriff er das Frühstückstablett und trug es über die Treppe in den ersten Stock, wobei er versuchte, Trost in der Tatsache zu finden, dass er diese Aufgabe zum letzten Mal erfüllte.
    Elizabeth saß aufrecht im Bett, als er hereinkam. Hinter ihrem Rücken befand sich ein seidenes blaues Polster, und rote Kissen stützten ihren Kopf. Für das ergrauende Haar und die gelbliche Haut Elizabeths war dieser Hintergrund falsch gewählt. Sie war nie eine hübsche Frau gewesen; jetzt war sie kaum mehr präsentabel. Sowohl als Ästhet wie als Ehemann hatte Arnold Mühe, sie anzusehen.
    »Du hast dir ziemlich viel

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