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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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nach oben schoss. Elliot wollte nicht aufstehen, tat es aber doch. Joseph traf sein Gesicht mit zwei Linken, nahm einen wirkungslosen Schlag gegen die Schulter hin und ließ dann seine Rechte in Elliots Gesicht krachen, dass der junge Mann wie ein Kreisel gegen die Wand taumelte. Er schlug gegen den Kork, prallte ab und glitt zu Boden. Diesmal versuchte er nicht, wieder auf die Beine zu kommen. Er blickte zu Joseph hoch, wischte sich über das Gesicht und spürte das klebrige Blut.

    »Gut«, sagte eine weit entfernte Stimme. Es war Hardeen. »Gut, Joseph – ich glaube, das genügt.«
    Der Butler nickte, ging gelassen zur Treppe zurück und hob sein Jackett auf. Dann zog er es sorgfältig über, holte einen kleinen schwarzen Kamm aus der Innentasche und zog ihn durch sein glattes schwarzes Haar.
    Hardeen half Elliot auf die Beine. »Es tut mir leid«, sagte er voller Güte. »Ich glaubte, Sie würden sich zu wehren versuchen. Jedenfalls bin ich befriedigt.«
    »Sie sind verrückt«, sagte Elliot schwer atmend. »Mehr kann ich dazu nicht sagen. Sie haben völlig den Verstand verloren.«
    »Wenn Sie es wünschen, können Sie jetzt gehen. Aber ich würde Ihnen nicht raten, Enid von dieser Geschichte zu erzählen, Mr. Elliot – ich hege starke Zweifel, dass sie Ihnen glauben wird. Immerhin kenne ich sie erheblich länger, als Sie sie kennen.«
    »Darüber machen Sie sich keine Gedanken. Ich werde Enid noch heute Abend aus ihrer Wohnung herausholen. Nicht einen einzigen Tag darf sie mehr mit Ihnen Zusammensein.«
    Hardeen zuckte die Achseln. »Dann haben Sie vielleicht doch noch gewonnen, Mr. West. Sind Sie mir böse?«
    Elliot sah ihn an und versuchte nach Anzeichen für den Wahnsinn, der in den Augen des Älteren lauern musste, entdeckte jedoch nichts anderes als Grillenhaftigkeit und ironischen Humor. Dann wandte er sich um und ging zur Treppe.
    »Hoffentlich nehmen Sie es mir nicht übel, dass Joseph Sie nicht hinausbegleitet, Mr. West, aber Joseph und ich haben noch einige Dinge zu besprechen.«
    Elliot stierte die beiden an und ging dann die Treppe hinauf. Als er auf der Straße stand, biss die kalte Luft schmerzhaft in seine zerschlagene Backe, so dass er leicht stöhnte. Dann winkte er ein Taxi heran und nannte die Adresse seiner Wohnung.
    Im Spiegel des Badezimmers betrachtete er den lilafarbenen Striemen unter seinem rechten Auge und berührte vorsichtig die mit geronnenem Blut bedeckte Lippe, die bereits anschwoll. Seit seiner Kindheit war dies der erste Boxkampf gewesen, aber selbst die Prügeleien seiner Jugendzeit hatten irgendwie mehr Sinn gehabt als diese. Konnte er Enid diese Geschichte erzählen? Würde sie jemals glauben, dass ihr freundlicher Ritter fähig war, das zu verursachen, was er in seinem Spiegel erblickte? Er schüttelte den Kopf, denn er wusste, dass er als Erklärung etwas Besseres als die Wahrheit brauchte.
    Er wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser und tupfte es behutsam ab. Dann ging er ins Wohnzimmer und rief Enid an. Sie war nicht zu Hause. Eine Stunde später rief er nochmals an, und als sie sich immer noch nicht meldete, ging er zu Bett.
    Er war gerade am Einschlafen, als er das Hämmern gegen die Tür hörte. Er fluchte und knurrte selbst dann noch, als er die grauen, unfreundlichen Gesichter der beiden Männer sah, die im Treppenhaus standen. Als sie sagten, sie seien Polizeibeamte, betrachtete er blinzelnd ihre Ausweise in den Brieftaschen und ließ sie dann ein. Der Größere der beiden hieß Marsh, und er gehörte zu jenen Leuten, die keine Zeit vergeuden.
    »Sie werden uns begleiten müssen, Mr. West«, sagte er kurz angebunden. »Die Beschuldigung lautet auf tätlichen Angriff und Misshandlung. Sie müssen zum Präsidium mitkommen und einige Fragen beantworten.«
    »Was, um Himmels willen, soll denn das? Tätlicher Angriff und Misshandlung? Wovon zum Teufel reden Sie eigentlich?
    Der zweite Mann grunzte. »Sieht so aus, als wäre es Ihnen selbst nicht gut bekommen. Vielleicht sollten Sie sich lieber mit Ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigen, Mr. West.« Er lächelte, allerdings ohne jede Liebenswürdigkeit.
    »Hören Sie – ich habe keine Ahnung, was das alles bedeuten soll.«
    Marsh blätterte in einem Notizbuch. »Mr. Cyril Hardeen, 118 East 81st. Sie kennen ihn, stimmt‘s?«
    »Ja, ich kenne ihn.«
    Marsh klappte das Buch zu. »Ich habe ihn kurz gesehen, bevor man ihn ins Krankenhaus brachte. Ein kleiner Kerl. Und auch nicht mehr ganz jung. Sie sollten sich

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