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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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ich noch nie erlebt«, sagte Elliot und versuchte, das Grinsen auf seinem Gesicht nicht zu verlieren. »Gegen Sie kämpfe ich nicht, Mr. Hardeen; das würde mir nicht einmal im Traum einfallen. Selbst wenn sich dadurch irgendetwas regeln ließe, würde ich es nicht tun. Ich bin fast dreißig Jahre jünger als Sie, Mr. Hardeen.«
    »Daran brauchen Sie nicht zu erinnern, Mr. West. Beantworten Sie lediglich meine Frage. Sind Sie bereit zu kämpfen?«
    »Wenn Sie die verrückte Vorstellung haben, dass wir ein Duell oder etwas Ähnliches ausfechten sollten...«
    »Ich spreche nicht davon, dass wir uns gegenseitig umbringen, Mr. West. Ich spreche lediglich von einem Kampf ohne Waffen, von der altmodischen und primitiven Art.
    Und wenn Sie sich Sorgen über die Ungleichheit unseres Alters und unserer Kraft machen...« Hardeen lächelte. »Daran habe ich ebenfalls gedacht. Bei Affären dieser Art gibt es einen alten Brauch, und meiner Ansicht nach lässt er sich hier an wenden.«
    »Welcher Brauch?«
    »Unter Louis Quatorze waren viele französische Adlige der Ansicht, ein persönlicher Kampf sei für sie eine Beleidigung, und deswegen beauftragten sie Stellvertreter mit der Erledigung ihrer Ehrenangelegenheiten. Selbst Napoleon machte, als er einmal gefordert wurde, das Angebot, als seinen Bevollmächtigten einen Fechtmeister zu stellen.« Hardeens starre Haltung lockerte sich. »In unserem Fall scheint ein Ersatzmann noch gerechtfertigter – finden Sie nicht auch? Irgendjemand, der Ihrem Alter und Ihrer Kraft näher kommt? Entschuldigen Sie mich bitte.«
    Hardeen ging an ihm vorüber zu der Treppe. Die eine Hand auf das Geländer gelegt, rief er: »Joseph! Sind Sie oben, Joseph?«
    Die Tür am oberen Ende der Treppe öffnete sich, und Elliot hörte die schweren Schritte des Butlers, der langsam herunterkam. Als er sichtbar wurde, war sein vernarbtes Gesicht ausdruckslos. Hardeen ergriff den Ellbogen des Mannes, der noch das graue Jackett trug, und kam mit ihm näher, als wollte er einen lieben Freund vorstellen.
    »Das hier ist Joseph, Mr. West – Sie haben ihn oben bereits kennengelernt. Seit seinem Rücktritt ist Joseph ein guter Freund von mir.«
    Elliot betrachtete das zerschlagene Gesicht und konnte sich denken, wovon Joseph einmal zurück getreten war. Dann schluckte er und sagte: »Wenn Sie glauben, mich zum Kampf reizen zu können, Mr. Hardeen, irren Sie sich gewaltig. Ich werde weder gegen Sie noch gegen Joseph oder irgendjemand anders kämpfen. Und wenn Sie nichts dagegen haben...« Er machte einen Schritt zum Ausgang, merkte dann jedoch, dass Josephs massiger Körper nicht zufällig dort aufgestellt war. »Verzeihung«, sagte er.
    Joseph grunzte, legte seine Hand flach gegen Elliots Brustkasten und schob ihn mit einer leichten Bewegung zurück. Hardeen, den neben ihm stand, lächelte und begab sich dann unbemerkt zum Sofa. Der Butler zog sich das Jackett aus und ließ es auf die unterste Treppenstufe fallen. »Los«, sagte er sanft. »Los, Mr. West.«
    »Rühren Sie mich nicht an«, sagte Elliot und versuchte, ruhig zu bleiben. »Wenn Sie mich anfassen, hole ich die Polizei.«
    Joseph zuckte mit den Schultern, hob seine fleischige linke Hand und betrachtete sie neugierig. Dann ballte er sie leicht und versuchsweise zur Faust und schlug Elliot ins Gesicht. Verblüfft über die physische Wirkung, weiteten sich Elliots Augen; er legte seine Hand an die Wange und rieb die Stelle, die schmerzte. »Los – bitte«, sagte Joseph mit gequälter Stimme.
    Elliot versuchte, mit einem Satz die Treppe zu erreichen, stieß dabei jedoch gegen das fleischige Hindernis, das der Brustkasten des Butlers bildete. Er spürte, wie er zurückprallte, während die rechte Faust von Joseph im gleichen Augenblick, wenn auch noch verhalten, vorschnellte und ihn oberhalb des Herzens traf. Die Luft wurde aus ihm herausgepresst, aber trotzdem hob er die Arme nicht. Kopfschüttelnd holte Joseph wieder mit der Linken aus, und diesmal schmerzte der Schlag so, dass Elliot wütend und unbesonnen wurde. Verteidigungsbereit hob er beide Fäuste, und diese Haltung war der Anlass, dass Joseph befriedigt seufzte; mit der Rechten traf er Elliots Körper, und ihr folgte ein linker Haken, der Elliot gegen die Wand taumeln ließ. Mit wild geschwungener Rechten ging Elliot auf Joseph los, der diesen Schlag jedoch ungerührt abwehrte; dann versetzte der Butler Elliot einen Kinnhaken, dass das Licht im Kellerraum ausging und der Linoleumboden plötzlich

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