Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
mir durch den Kopf; woher weiß er davon? Möglicherweise habe ich genügend Aufträge, um mich eine Weile über Wasser zu halten. Ist das hier etwa ein Produkt der Norfolker Gerüchteküche und der Beweis, dass diese bestens funktioniert? Hat er vielleicht einen Vorabdruck von Liz’ Artikel über mich gesehen? Warum habe ich nichts dergleichen gezeigt bekommen?
Curtis wartet meine Antwort gar nicht ab. »Seit der Modenschau haben wir so viele Anfragen bekommen – alle wollen hier ans College kommen und textiles Gestalten studieren! Sie haben es geschafft, dass alle nun das Town and Country College auf dem Schirm haben.«
Warum muss er andauernd so Ausdrücke benutzen wie zum Beispiel »etwas auf dem Schirm haben«?
»Noch wichtiger ist, dass mehr Schülerhintern auf unseren Stühlen Platz nehmen werden, was mehr Geld in der Kasse bedeutet«, fährt er fort und reibt sich diebisch die Hände.
»Curtis, ich habe es leider eilig, weil ich jetzt gleich meine Tochter aus dem Hort abholen muss, bevor dieser schließt. Aber … ähm, da ist ein Brief von mir in Ihrem Posteingang.« Laura, das kannst du besser! Jetzt mach schon, sag es ihm! Vielleicht sollte ich irgendetwas Gruseliges sagen in der Art von »Ich habe wirklich gern hier gearbeitet, aber mein Accessoire-Unternehmen hat sich blendend entwickelt, es fällt mir wirklich schwer zu gehen«, bla bla bla.
»Es ist meine Kündigung«, erkläre ich und merke, wie mir die Schamesröte ins Gesicht steigt und ich damit unfreiwillig noch mehr Aufmerksamkeit auf mich lenke. Nachdem ich aber so viel Mut und Tapferkeit aufgebracht habe und offenbar das College sogar auf »den Schirm« geholt habe, fühle ich mich mit einem Mal selbstbewusst und stark. Fast schon erwarte ich von Curtis, dass er mich anfleht, doch zurückzukommen, und mir eine Beförderung sowie eine Gehaltserhöhung verspricht, doch nichts dergleichen passiert: Er nimmt meine Kündigung schweigend zur Kenntnis.
Ich drehe mich um und gehe. Hat dieser Mann eigentlich ein Gewissen? Mir fehlen die Worte. Allmählich wird mir klar, dass ich nichts weiter als eine belanglose Angestellte bin, die nicht mehr wert ist als eine Schulbank.
Kapitel 43
Gefiederter Kettenstich – Bei diesem Stich können die Stichlänge und die Winkel der Anordnung variabel gestaltet werden. Man beginnt mit einem schrägen Kettenstich, der über einen längeren Geradstich mit einem weiteren Kettenstich verbunden wird. Der verläuft jedoch schräg in die andere Richtung, sodass insgesamt eine Zickzacklinie entsteht, an der links und rechts die Kettenstiche schräg angeordnet sind.
»Bring einen Kuchen mit an deinem letzten Tag – einen leckeren selbstgebackenen Kuchen. Den können wir dann im Lehrerzimmer bei einer Tasse Kaffee genießen. Wie bei einer Geburtstagsfeier«, hat Sue erklärt, als wir die Studios ausgeräumt haben.
Ich lasse mein Rad unabgeschlossen vor dem Bauernladen stehen. Immerhin sind wir hier auf dem Land. Verschwitzt und leicht außer Atem betrachte ich die Kuchen, die in der Auslage liegen und auf denen steht: »Wie selbstgebacken«. Sie sehen so überzeugend aus. Und es wird auch bestimmt keine Rolle spielen, in welcher Küche sie selbstgebacken wurden. Sue wird davon ganz bestimmt nicht einmal etwas merken. Diesen kleinen Aufkleber, auf dem The Old Vicarage, Reedby steht, habe ich schnell abgemacht. Erst da klingelt es bei mir. The Old Vicarage – also ist es offenbar auch ein Hobby von René, Kuchen zu backen und zu verkaufen. Ein weiteres Gebiet, auf dem sie sehr gut zu sein scheint. Ich betrachte den dicken Biskuitteig und den wunderhübschen Zuckerguss und muss herzhaft lachen, als ich auf einem Schild lese, Kann Spuren von Nüssen enthalten . Ich gehe ja mal stark davon aus, dass ein Kaffee-Walnuss-Kuchen Nüsse enthält!
Ich wäge meine Möglichkeiten ab. Einerseits könnte ich zu Phyllis gehen und bei ihr einen Kuchen kaufen, der eindeutig nach »gekauft« aussieht. Die Aussicht auf einen leckeren Battenbergkuchen ist jedoch recht verlockend.
Andererseits könnte ich sicherlich auch Hannelore beauftragen – nach ihrem Erfolg beim Mittsommermarkt könnte ich mit ihrer Sachertorte oder dem Marmorkuchen großen Eindruck machen. Nein – ich werde selbst backen! An meinen Kuchen ist nichts auszusetzen. Sie sind allenfalls ein wenig erfindungsreich und unvorhersehbar. Auf dem Heimweg radele ich am Schrebergarten vorbei. Ob es dort wohl irgendetwas gibt, was ich für einen Kuchen brauchen könnte?
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