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Ein Cowboy aus Manhattan

Ein Cowboy aus Manhattan

Titel: Ein Cowboy aus Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ist mit Ihnen?«
    Sie
trank ihren ersten Cocktail aus und griff nach der zweiten Kokosschale. »Ich
mache eigentlich nicht viel. Vater gibt mir ein großzügiges Taschengeld, und
ich reise viel herum. Mich juckt’s in den Füßen.«
Ihre blauen Augen wurden immer freundlicher. »Boyd, ich schätze, wenn Sie
Pattie finden, dann stoßen Sie auch auf die anderen, nach denen Sie suchen. Ich
würde Ihnen gern dabei helfen.«
    »Fein«,
sagte ich. »Sollten wir uns nicht mal diesen Bayside Club ansehen?«
    »Heute?«
    »Wir
könnten dort abendessen .«
    »Gut«,
sagte sie rasch. »Ich hole Sie um acht ab.« Den zweiten Cocktail trank sie in
einem langen Zug aus. »Und nachher, Boyd — kann ich Sie dann als eine Art
zweites Dessert haben?«
    Sie
schenkte mir ihr schönstes Lächeln; halb geöffneter Mund, vollgestopft mit
superweißen Zähnen. Die Tür schloß sich geräuschlos hinter ihr, und ich blieb
allein sitzen und fragte mich, ob sie ein Spuk gewesen war.
     
     
     

4
     
    Im
Café des Hotels nahm ich ein verspätetes Mittagessen ein und ging dann zurück
in mein Zimmer. Es war an der Zeit, daß ich anfing, konstruktiv nachzudenken,
und wie anders konnte ich das erledigen als auf dem Rücken liegend? Ich war
noch nicht richtig eingeschlafen, als das Telefon ging.
    »Ist
dort Boyd?« dröhnte eine männliche Stimme und löste einen unangenehmen Nachhall
in meinem Gehörgang aus. »Der Boyd, der die Anzeige in die Zeitung gesetzt
hat?«
    »Genau
dieser Boyd«, stimmte ich zu.
    »Ich
finde das ausgesprochen unfreundlich.« Mein armes Trommelfell schlug unter
seinem dröhnenden Gelächter Wellen. »Ich meine, wieso wollen Sie eigentlich
nicht mit mir reden?«
    »Und
ich glaube, daß ich Sie nicht richtig verstanden habe«, sagte ich. »Wer spricht
eigentlich?«
    »Ich
wollte sagen«, erklärte die Stimme, »wenn Sie sich mit meinen Freunden treffen
wollen, warum dann nicht mit mir?«
    »Wer
sind Sie?«
    »Hier
spricht Joe Hill«, sagte er.
    »Nur
für meine Akten«, sagte ich langsam, »von wo rufen Sie eigentlich an?«
    »Ich
bin hier in Santo Bahia.«
    »Zuletzt
hörte ich, daß man Sie vor drei Wochen in Wyoming beerdigt hat«, krächzte ich.
»Was haben Sie gemacht? Einen Tunnel gegraben?«
    »Jemand
hat sich einen Spaß mit Ihnen erlaubt, Mr. Boyd«, sagte er jovial. »Ich bin
lebendiger und munterer denn je.«
    »Faszinierend«,
sagte ich. »Was gibt’s Neues von Primel?«
    »Primel?«
Seine Stimme Mang verwundert. »Primel was?«
    »Schon
gut«, sagte ich. »Haben Sie Nachrichten aus Wyoming?«
    »Aber
sicher. Da kommen doch die Cowboys her, nicht wahr?« Er brüllte vor Lachen, und
ich riß hastig den Hörer vom Ohr. »Jetzt hören Sie mal zu, Boyd.« Seine Stimme
klang wieder nüchtern. »Ich bin natürlich sehr neugierig, was es mit Ihrer
Anzeige auf sich hat, und weshalb Sie sich so für meine Freunde interessieren.
Wollen Sie mir das nicht erzählen?«
    »Nicht
am Telefon«, sagte ich.
    »Ich
verstehe«, sagte er rasch. »Warum sollten wir uns auch nicht treffen und
zusammen einen trinken?«
    »Wo?«
    » Heute nachmittag habe ich einen Termin,
Geldangelegenheiten. Vor fünf werde ich bestimmt nicht zurück sein. Können wir
uns nicht um sechs treffen? Fünf Meilen außerhalb der Stadt gibt’s so eine
klebrige kleine Meerblick-Bar. Fahren Sie einfach die Hauptstraße in nördlicher
Richtung, dann können Sie sie nicht verfehlen. Das Gesöff ist gut, und man kann
sich ungestört unterhalten.«
    »Okay«,
sagte ich.
    Er
hängte ein, und ich saß eine Zeitlang stumpf und sprachlos da: Man kommt nicht
jeden Tag dazu, sich mit den Toten zu unterhalten. Ein scheußlicher Schock war
das, und ich brauchte unbedingt etwas Kräftiges zum Erholen. Ich machte einen
Satz, zog ein weißes Stäbchen aus der Packung und zündete mit Todesverachtung
die dritte Zigarette des Tages an.
    Die
Bar war genauso, wie der Anrufer sie beschrieben hatte — klein
und klebrig, an der engen, gewundenen Küstenstraße gelegen, und sie bot einen
guten Bück aufs Meer, wenn man sich auf die Zehenspitzen stellte und den Hals
verrenkte. Der Barkeeper sah aus wie ein ehemaliger Schwergewichtsringer, der
zu fett geworden war. Ich dachte mir, daß man eigens für ihn den Fußboden
verstärkt hatte. Es war kurz vor sechs, und außer zwei Fernfahrern waren keine
anderen Gäste da. Ich bestellte einen Bourbon on the rocks , trug dann mein Glas zu einem Tisch am Fenster, wo
ich die Straße sehen konnte. Die nächsten fünf Minuten tat sich

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