Ein Cowboy zum Verlieben: In einer zärtlichen Winternacht (German Edition)
Erleichterung schien sie das zu wissen. „Sonst wäre ich jetzt eine reiche Witwe in Denver.“
Abwartend sah er sie an.
„Clay wollte, dass ich seinen Geschäftspartner heirate. Und ich hatte mich schon damit abgefunden, obwohl ich zu der Zeit noch die
Normal School
besuchte. Aber dann starb meine Grandma, ich machte meinen Abschluss und wollte das, was ich gelernt hatte, auch anwenden.“
Da gab es noch mehr, das spürte Lincoln, aber er wollte sie nicht drängen. Die Situation erschien ihm zu heikel. Langsam, damit sie ihre Fassung zurückgewinnen konnte, blickte er hinunter auf seine Schüssel, tauchte den Löffel in den Eintopf und begann zu essen.
„Und Clay, diesem Freundchen, würde es nicht gefallen, wenn Sie als Gouvernante arbeiteten?“, fragte er, nachdem etwas Zeit vergangen war.
Sie lachte leise, wahrscheinlich, weil er ihren zweifellos mächtigen Bruder als Freundchen bezeichnet hatte. „Wahrscheinlich nicht.“
„Weshalb? Weil er glaubt, es wäre unter Ihrer Würde?“ Wieder meinte er diese Frage nicht verächtlich.
„Nein“, entgegnete Juliana bitter. „Er glaubt, es wäre unter
seiner
Würde, und er sorgt sich sowieso schon um meinen Ruf. Für Clay ist das Unterrichten von anderer Leute Kinder – speziell
indianischer
Kinder – ungefähr so schlimm wie das Servieren von Drinks in einem Saloon.“
Wieder wartete Lincoln ab. Hier entwickelte sich etwas, und das musste man einfach geschehen lassen.
„Es hat angefangen zu schneien“, bemerkte Juliana mit einem wehmütigen Blick aus dem Fenster.
„Was werden Sie also tun?“, fragte Lincoln. „Wenn Sie weiterreisen, meine ich.“
Sie seufzte. Sah ihn an. „Ich weiß es nicht“, gestand sie.
„Ich schätze, wir könnten heiraten“, sagte Lincoln.
Juliana öffnete den Mund, schloss ihn dann wieder.
„Sie haben ja gehört, was Fred Willand gestern im Gemischtwarenladen gesagt hat“, fuhr er mit heiserer Stimme fort. „Ich suche seit über einem Jahr per Annonce eine Haushälterin oder Gouvernante. Und da ich damit keinen Erfolg hatte, würde ich mich nun auch mit einer Ehefrau zufrieden geben.“
Da musste Juliana lachen. Ihre Augen glitzerten, und sie schlug die Hand vor den Mund, um sich selbst zum Verstummen zu bringen.
„Ich meinte nicht direkt ‚zufrieden geben‘ …“
„Doch, das meinten sie“, widersprach sie und sah ihn freundlich an. „Sie haben Gracies Mutter sehr geliebt, oder?“
„Ja“, gab Lincoln zu.
„So sehr, dass in Ihrem Herzen kein Platz für eine andere Frau ist“, vermutete Juliana. „Darum würden Sie lieber eine Fremde heiraten, eine Frau, die auf eine Zeitungsanzeige antwortet. Denn dann müssten Sie für diese Person keine Gefühle aufbringen.“
Was sie sagte, klang nicht nach einem Vorwurf. Wahrscheinlich trafen ihn ihre Worte nur so sehr, weil sie so sehr der Wahrheit entsprachen.
„Und diese Person müsste keine Gefühle
für mich
aufbringen“, antwortete er.
„Aber Sie erwarten von ihr, mit Ihnen das Bett zu teilen?“
„Früher oder später schon. Das ist schließlich Teil des Ehelebens, nicht wahr?“
Juliana stützte einen Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn in ihre Handfläche. Sie hätten genauso gut über den Preis für Schweinefleisch diskutieren können, so ruhig und sachlich war sie. „Vermutlich“, räumte sie ein.
Bevor sie das Thema weiter vertiefen konnten, stürmten Tom und Joseph durch die Hintertür herein, mit Schnee und breitem Grinsen im Gesicht.
„Das Weihnachtsessen liegt vor der Tür“, sagte Tom. Dann, als sein Blick zwischen Juliana und Lincoln hin und her wanderte, wurde er etwas ernster.
Joseph, der viel zu jung und zu stolz auf seine Leistung war, merkte nicht, dass sie die beiden bei etwas Wichtigem unterbrochen hatten. „Wir haben zwei Truthähne geschossen“, verkündete er triumphierend. „Tom hat sie schon ausgenommen, aber wir müssen sie noch rupfen und wahrscheinlich etwas Schrot aus dem herauspicken, den ich geschossen habe.“
Seine Lehrerin zuckte zusammen.
Doch Lincoln lächelte, schob seinen Stuhl zurück und stand auf, um seine Schüssel in die Spüle zu stellen.
„Nehmt euch von dem Eintopf“, sagte er.
„Und dann wirst du mir vorlesen“, meinte Juliana an Joseph gewandt.
Der Junge zog ein langes Gesicht, lächelte aber gleich wieder. Eine Abmachung war eben eine Abmachung.
„Nachdem ich die Truthähne gerupft habe?“, fragte er.
„Nachdem du die Truthähne gerupft hast“, gab Juliana mit
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