Ein Cowboy zum Verlieben: In einer zärtlichen Winternacht (German Edition)
aber allein mit der damals erst zweijährigen Gracie zu Hause gewesen wäre?
Lincoln stellte einen Fuß in den Steigbügel und schwang sich auf den Pferderücken. Er war damals in die Stadt gejagt, um einen Arzt zu holen, doch letztlich war es Tom gewesen, der die Blutung gestoppt hatte. Als Lincoln mit dem Arzt zurückkam, hatte Cora das leblose Baby – einen Jungen – bereits gebadet und in ein Tuch gehüllt.
Lincoln hatte sich mit seinem Sohn im Arm auf den Schaukelstuhl in der Küche gesetzt und geweint, bis er ihn bei Sonnenaufgang auf den Friedhof hinter dem Obstgarten brachte. Dort hob er ein winziges Grab aus und bettete das Kind zur Ruhe. Achtzehn Monate später erlitt Beth eine zweite Totgeburt, eine Tochter.
Auch an dem Tag hatte er geweint, allerdings nicht vor seiner verzweifelten Frau. Tom und Wes hatten sich um die Beerdigung gekümmert, und es verging über einen Monat, bevor der Pfarrer vorbeikam, um am Grab die Gebete zu sprechen.
Weil es keinen Sinn hatte, sich über etwas den Kopf zu zerbrechen, das längst vorbei war, schob Lincoln die Erinnerungen zur Seite. Doch sie verfolgten ihn wie Geister, als er sein Pferd nach Hause lenkte. Am östlichen Himmel ballten sich Wolken zusammen, prall gefüllt mit Schnee.
Morgen würde es noch schwieriger werden, die Rinder zu füttern. Die Kälte würde trotz der schweren Lederhandschuhe in seine Hände eindringen, und sehr wahrscheinlich würde der Bach wieder zufrieren.
Aus dem Küchenfenster drang Licht. Lincoln klappte den Mantelkragen hoch, zog den Kopf ein, um sich gegen den Wind zu schützen, und beschleunigte das Tempo.
Gracie wartete bereits an der Hintertür auf ihn, ihr Gesicht leuchtete wie eine Laterne, ihre Augen waren riesig. „Ich lerne das Einmaleins!“, schrie sie. „Und ich habe ein Gedicht über Santa Claus aufgesagt!“
Er beugte sich lächelnd nach unten, um Gracie einen Kuss auf den Kopf zu geben, dann schob er sie zurück in die Wärme der Küche. Die Schiefertafeln und Bücher, die Juliana morgens nach dem Frühstück auf dem Tisch ausgebreitet hatte, waren verschwunden. Juliana stand am Herd, rührte in dem Hirscheintopf vom Vorabend und lächelte ihm scheu zu. Mit einem Schlag wurde ihm klar, dass sie nicht nur eine Frau, sondern eine schöne Frau war. An ihr wirkte der ausgeblichene Nesselstoff ihres Kleids wie feinste Seide. Am liebsten hätte er ihr feurig rotes Haar angefasst.
Stattdessen hängte er seinen Hut an den Haken, schlüpfte aus dem Mantel und hängte ihn daneben. „Schule für heute vorbei?“
Sie nickte. „Wir haben viel gelernt“, sagte sie leise.
Wieder lächelte Lincoln seine Tochter an. „Das habe ich schon gehört. Wo sind die anderen?“
„Theresa legt gerade Daisy und Billy-Moses für den Mittagsschlaf hin“, antwortete Juliana, offensichtlich erfreut über die Frage. „Joseph ist bei Tom – sie haben wilde Truthähne entdeckt und versuchen, einen großen für das Weihnachtsessen mit nach Hause zu bringen.“
Weihnachten.
Das hatte er ganz vergessen, dabei rückte das Fest immer näher. Zum Glück hatte er bereits Gracies Wörterbuch besorgt. Um den Rest hatte sich seine Mutter gekümmert. Sie hatte Pfefferminzstangen, Bücher, Puppenkleider und andere Geschenke auf einem Regal oben in ihrem Schrank versteckt und sie ihm gezeigt, bevor sie abgereist war. Außerdem hatte sie ihn ermahnt, ja nicht den Christbaum zu vergessen.
Als ob sie seine Gedanken gelesen hätte, zupfte Gracie an seinem Ärmel. „Bekommen wir einen Christbaum?“
Lincoln fand es albern, einen lebenden Baum einfach so zu fällen. Trotzdem lief er jedes Jahr mit der Axt in den Wald, schlug einen Baum und nagelte zwei Holzscheite kreuzförmig als Ständer zusammen, weil es seinem kleinen Mädchen so viel bedeutete.
„Haben wir nicht immer einen?“, gab er zurück.
„Ich dachte, du könntest es dir dieses Jahr vielleicht anders überlegen. Du hast gesagt, das wäre eine sehr
deutsche
Angelegenheit. Was ist deutsch?“
Es war Juliana, die antwortete. „Deutschland ist ein Land wie die Vereinigten Staaten und Kanada. Menschen aus Deutschland sind …“
„Deutsche!“, schrie Gracie triumphierend.
„Sehr gut“, sagte Juliana zufrieden.
„Mach einen Mittagsschlaf“, sagte Lincoln zu seiner Tochter.
„Papa, ich schlafe mittags nie. Ich bin doch kein
Baby
.“
„Daisy und Billy-Moses auch nicht“, erwiderte Lincoln. „Nun geh schon.“
Gracie wandte sich an Juliana. „Muss Theresa einen
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