Ein Dämon auf Achse
wird diese Tatsache normalerweise deutlich genug unter Beweis stellen, um selbst den unterbelichtetsten Intellekt zu überzeugen. Die einzige Gelegenheit, wo das Können über die Größe siegt, ist die, wenn der kleine Bursche sehr viel kann und der große Bursche sehr wenig, ganz zu schweigen davon, dass er sehr langsam sein und möglicherweise auch noch einen Glaskiefer besitzen muss. Wenn beide auch nur annähernd gleichviel können, sollte man sein Geld darauf setzen, dass der Größere den Kleineren zu Erdbeermarmelade verarbeitet, wenn ihm danach ist. Deshalb sind professionelle, sportliche Athleten, ganz zu schweigen von Kniescheibenbrechern wie Nunzio und mir, auch eher auf der extragroßen Seite angesiedelt. Das liegt nicht daran, dass unsere Arbeitgeber glauben würden, dass wir >pro Pfund< gerechnet billiger wären, sondern weil wir dazu neigen, zu siegen.
Doch selbst wenn man das Konzept >Können siegt über Größe< gelten ließe, weist die Logik des Hauptfeldwebels immer noch einen eklatanten Denkfehler auf. Erinnert Ihr Euch noch daran, was ich dazu bemerkte, wie lange man braucht, um jemanden an einem Langbogen auszubilden? (Nein, das wird jetzt kein Test ... ich habe ja nur mal so gefragt.) Nun, es braucht noch sehr viel länger, um j emanden richtig für den Nahkampf auszubilden. Sehr viel länger. Die Vorstellung, dass jemand wie Buchstabenbiene sich an einem einzigen Nachmittag genügend Können aneignen könnte, um sich gegen einen von den Gebrüdern Fliege durchzusetzen, ist schlichtweg lächerlich. Als ich dies begriff, wurde mir zugleich auch klar, dass er zwar behauptete, uns auf den Nahkampf mit dem Feind vorzubereiten, dass er uns in Wirklichkeit aber nur ein paar Tricks zeigte, um die unausweichliche Kneipenschlägerei zu überleben, die sich ganz natürlich an Leute in Uniform zu heften scheint, wenn sie in ihrer Freizeit versuchen, in Gesellschaft von Zivilisten ein paar Bierchen zu trinken. Einfacher ausgedrückt, wir wurden dazu ausgebildet, uns gegen ungeübte Zivilisten-Kämpfer durchzusetzen, vorzugsweise solche, die schon bis zur Blindheit besoffen waren, anstatt gegen geübte Soldaten die im Felde kämpften.
»... das sind natürlich Techniken, die es euch ermöglichen, einen unbewaffneten Gegner auszuschalten!« sagt Hauptfeldwebel Smiley gerade, was wiederum eine Irreführung ist, denn keine der Gegenmaßnahmen, die er uns vorführt, ist tödlich genug, um irgend jemanden >auszuschalten<.
»... wenn man sich aber mit einem BEWAFFNETEN Gegner befassen muss, ist das eine völlig andere Angelegenheit! Zum Glück haben wir ja einen EXPERTEN unter uns, der uns zeigen kann, wie man so etwas macht! GUIDO! Vortreten!«
»Ich, Herr Feldwebel?« Ich blinzle ihn an, weil ich nicht damit gerechnet habe, aufgerufen zu werden.
»Ganz genau«, sagt der Hauptfeldwebel und zeigt mir mit seinem Lächeln noch ein paar Extrazähne.
»Am Schießstand haben Sie ja groß davon geredet, dass nur Ärsche Leute umbringen müssen. Nun, jetzt haben Sie Gelegenheit, jedermann hier zu zeigen, wie Sie einen Gegner >auf sanfte Weise< unterwerfen, wenn er versucht, Sie umzubringen.«
Es bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung, dass sich das in meinen Ohren gar nicht freundlich anhört, aber da ich nun schon aufgerufen werde, bleibt mir wenig anderes übrig, als auf den freien Platz zu stiefeln, der für die Vorführung benutzt wird. Mein Unbehagen wächst noch weiter, als der Hauptfeldwebel dem Unteroffizier Schnipsel ein Zeichen gibt, worauf der ihm ein Kurzschwert zuwirft. Ihr habt richtig gelesen, ein echtes Kurzschwert ... mit einer Spitze und geschliffenen Kanten. »Was gibt das mit dem Schwert, Herr Feldwebel?« frage ich. »Ich habe doch gesagt, dass es jetzt um eine Vorführung gegen einen bewaffneten Gegner geht«, grinst er. »Wir werden folgendes tun: Ich werde versuchen, Sie zu töten, und Sie werden versuchen, mich daran zu hindern, ohne mich umzubringen.«
». und wenn ich das nicht tue?«
»Dann werden wir wohl, schätze ich, einen kleinen >Trainings-unfall< haben ... es sei denn, Sie möchten lieber gleich einen Rückzieher machen und zugeben, dass Sie es nicht können.«
Es bedarf keiner weiteren Erwähnung, dass ich meine Position als Leibwächter bestimmt nicht dadurch errungen habe, indem ich mich vor Kämpfen und Handgemengen drückte. Darüber hinaus war das Schwert auch nicht meine eigentliche Sorge, denn so etwas ist nichts anderes als ein langes Messer, und mit Messern bin
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