Ein Daemon kommt selten allein
schon, ob Dämonen wie Vald wirklich tot blieben.
Das Portal schoss zur Seite und schwebte über einem dekorativen, an der Wand hängenden Messingsteuerrad, das einem gewissen Captain Clebius Barnam gewidmet war. Es sank und schwankte. Ich bedachte es mit einem finsteren Blick, worauf es nach hinten sauste und scheppernd in einer Messingglocke landete.
Großmutters Augen zuckten inmitten einer Mähne aus langem grauem Haar, das ihr ins Gesicht hing. »Für so etwas bin ich allmählich verdammt zu alt.« Sie strich sich mit einer zittrigen Hand das Haar aus dem Gesicht und stützte sich mit der anderen an der Holzwand ab, die Jahr für Jahr dick mit weißer Farbe überstrichen worden war.
»Bitte, sag mir, dass du dich in Erster Hilfe auskennst«, flehte ich sie an und presste Dimitri den geliehenen Laborkittel auf seine Brustwunde. Der Schleuderstern hatte seine Wunde zum Teil kauterisiert, aber sie blutete immer noch. Viel zu stark. Aber wenn er noch blutete, lebte er auch noch, oderDer Schleuderstern hatte die linke Hälfte seiner Brust durchschnitten und musste sein Herz und seine Lunge verletzt haben.
Der kupferartige Geruch nach Blut hing in der feuchten Nachtluft. Dimitris Haut, die jegliche Farbe verloren hatte, war um seine Lippen herum bläulich angelaufen. Sein Puls war schwach, zumindest hatte er sich vor ein paar Sekunden so angefühlt. Und jetztIch konnte ihn nicht mehr fühlen. »Sein Herz hat aufgehört zu schlagen.«
Nein, nein, nein.
»Hilfe!«, schrie ich. Großmutter zog sein Handgelenk zu sich, während ich mit beiden Händen seine Halsschlagader abtastete. Kein Puls. »Verdammt! Sag mir, dass du was von Herz-Lungen-Wiederbelebung oder Magie verstehst – oder was auch immer !«
Sie schüttelte den Kopf. »Ihm ist es bestimmt, zu sterben, das weiß ich.«
Ich konnte es nicht glauben, obwohl ich den Beweis vor mir liegen hatte. »Was«
Sie blickte so hilflos und gedemütigt und verzweifelt drein, wie ich mich fühlte. »Damals im Yardsaver-Schuppen. Ich habe gesehen, wie Vald den Plan ausheckte, dich in die zweite Ebene der Hölle hinunterzuholen – und sieh, was passiert ist, als ich versucht habe, es abzuwenden. Und später habe ich gesehen, wie Dimitri starb, um dich zu retten.« Sie seufzte. »Es war unvermeidlich.« Sie wischte einen Blutfleck von seinem Handgelenk und kümmerte sich nicht weiter um die Blutlache, die ihre Jeans durchtränkte.
»Dann ist er also …« Ich konnte es nicht aussprechen.
»Von uns gegangen.« Sie half mir, seinen Kopf auf meinen Schoß zu legen. »Es tut mir leid, Lizzie. Ich weiß, wie viel er dir bedeutet hat.«
Sie hatte ja keine Ahnung. Okay, er hatte mich angelogen, und ich war sauer auf ihn gewesen, aber er hatte einen Grund gehabt – und zwar einen guten. Und jetzt würde er nie erfahren, dass ich ihn ebenfalls brauchte. Er hatte mir gezeigt, dass ich stark sein konnte. Ich war in der Lage, gegen ein paar Regeln zu verstoßen, schwarze supercoole Stiefel zu tragen und es mit einem Mann zu treiben, bis ich schrie. Und genau in dem Moment, in dem ich bereit gewesen war, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen, hatte Vald mir meine Zukunft gestohlen.
Das Portal knisterte, während ich dasaß, seinen Kopf in meinem Schoß, unfähig – nein, unwillig -, mich zu bewegen. Ich wusste, dass wir hier rausmussten. Wir waren der zweiten Ebene der Hölle entkommen, aber diese Kugel konnte uns direkt zurück in Valds Labor schicken – oder irgendwohin, wo es noch schlimmer war.
Vielleicht konnte ich nichts für Dimitri tun. Aber wenn ich mich aus der Blutlache erhöbe und ihn losließe, würde ich diesen Augenblick nie mehr zurückholen können. Stünde ich auf, wäre er tatsächlich von mir gegangen.
»Lizzie« Frieda rüttelte an der Tür zur Kapitänsbrücke. »O Kacke! Die Tür klemmt. Lizzie«
»Mach die verdammte Tür auf!«, wies Großmutter sie an. »Ihr habt uns hier zusammen mit einem fickerigen Portal eingesperrt.«
»GertieIch fresse einen Honigtopf!«, quiekte Frieda. »Ant Eater! Schieb deinen Arsch hier rüber! Gertie ist zurück!«
Ich hätte Frieda am liebsten eine runtergehauen, weil sie sich ausgerechnet in diesem Augenblick über irgendetwas freuen konnte. Aber natürlich wusste sie nicht, dass Dimitri zusammengekrümmt und – ich zwang mich, den Gedanken zuzulassen – tot in meinem Schoß lag. Ich hatte keine Ahnung, was ich geglaubt hatte, wie die Dinge enden würden, aber bestimmt hatte ich nicht gedacht, dass sie so enden
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