Ein Daemon kommt selten allein
haben keine Seelen, du durchgeknallte Irre.« Vald biss die Zähne zusammen; er war durch einen einzigen Faden mit mir verbunden, meine rechte Hand war immer noch in seiner Brust vergraben. Die beiden Hälften meiner Seele flatterten in meinem Hals. Sie wollten sich wieder vereinigen. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich würde alles dafür geben, hier rauszukommen, ein normales Leben zu führen, dieses kranke Dasein hinter mir zu lassen.
Aber es ging nicht um mich.
Opfere dich selbst.
Ich legte mir eine Hand auf den Mund und bemühte mich, trotz des bitteren, penetranten Gestanks von Valds Blut, nicht zu würgen. Ich zwang mich, mich zu entspannen, meine Kehle zu öffnen und die flatternden Hälften meiner Seele nach oben zu drängen.
Vald zerrte an dem dünnen Faden und entzog mir die letzten Überbleibsel meiner Kräfte. Seine Brust heilte schnell; das schwarze Blut wurde dick, und seine Haut schloss sich über der Wunde. Ich fing die risikofreudige Hälfte meiner Seele ein wie einen Schmetterling, umschloss sie in meiner Hand und schob diese in das sich schnell verengende Loch in Valds Brust.
»Du ahnungslose …«, der Dämon rang nach Luft, »… Missgeburt einer …« Seine Augen zuckten verärgert, während er sich an die klaffende Wunde über seinem Herzen fasste. Als eine blaue Flamme aus der tiefen Wunde hervorzüngelte, fiel Vald auf die Knie. Er starrte mich an, die Augen mit blankem Hass erfüllt, als die Kobaltflamme über seinen Leib züngelte und ihn von innen nach außen verbrannte.
Ich hätte erleichtert sein sollen, und das war ich auch. Aber in mir regte sich noch ein anderes Gefühl: Wut. Auf Vald, weil er dieses ganze Gemetzel angerichtet hatte; auf Dimitri, weil er versucht hatte, tapfer zu sein, und auf mich selbst, weil ich nicht mehr getan hatte, um die beiden Menschen auf dieser Welt zu beschützen, die alles getan hätten, um mich zu beschützen.
Vald verbrannte schnell und mit großer Hitze. Ich hatte mal von einer spontanen Selbstentzündung gehört, und das, was ich da sah, musste dem am nächsten kommen. Doch die blaue Flamme hinterließ nichts, nicht einmal Asche.
Gläser, in denen Seelen gefangen waren, zerplatzten wie Puffmais bei der Herstellung von Popcorn. Ich legte mir schützend die Arme um mein Gesicht und meinen Kopf, als ein wirres Durcheinander von Seelen durch den Raum sauste. Sie stoben, aufgeregt mit den Flügeln schlagend, hoch und nach draußen.
Als meine eigene Energie zurück in meinen Körper rauschte, machte ich einen Satz nach hinten. Hitze strömte durch meine Adern. Auf wackligen Beinen ging ich zu Dimitris bleichem, leblosem Körper. Er atmete nicht. Nein. Mir gefror das Blut in den Adern. So durfte das Ganze nicht enden. Das würde ich nicht zulassen.
Etwas Vertrautes landete auf meiner Schulter. Großmutter.
Ich zog meine unsterbliche Seele zusammen mit einer nassen, zähen Masse aus Valds Brust. Sie tauchte in mich ein, und mir kam eine Idee. »Warte hier, Dimitri«, sagte ich, in der Hoffnung, dass er mich hören konnte.
Mit Großmutters Seele auf der Schulter eilte ich zu Großmutters Körper, der vor dem Folterraum auf der Rollbahre lag. Mit einem schrillen Schrei tauchte ihre Seele in den Leib ein. Ich glaubte, gesehen zu haben, dass ihre Augen zuckten, doch wir hatten keine Zeit, sie von der Bahre zu holen. Jedenfalls noch nicht. Womöglich starb Dimitri ein paar Meter von uns entfernt. Ich riss die Bahre herum und fuhr Großmutter über das zersplitterte Glas zurück in den Seelenraum, wo die Räder durch Dimitris Blut platschten.
Denk nicht darüber nach.
Ich umfasste Großmutters Hand und Dimitris Hand. Dann schloss ich die Augen und rief Ant Eater und den Hexenzirkel und jeden sonst, der gerade zuhörte.
»Holt uns, verdammt noch mal, hier raus!«
KAPITEL 23
Ich sah das Portal nicht. Es musste sich hinter uns erangeschlichen haben, denn als die Welt aufhörte, sich zu drehen, lagen wir zusammengekrümmt auf dem Boden eines winzigen quadratischen Raums. Die Kapitänsbrücke. Nicht dass es mich die Bohne interessierte, wo wir gelandet waren, solange es nicht in der zweiten Ebene der Hölle war. Wir hatten es zurückgeschafft. Jetzt musste ich mich nur noch vergewissern, dass wir alle lebten.
Deshalb wandte ich meinen Blick nicht von der Kugel ab, die am Rand einer gerahmten Yazoo-River-Karte verharrte. »Portal runter«, befahl ich. Das Letzte, was wir gebrauchen konnten, war, zurück in die Hölle zu fahren. Wer wusste
Weitere Kostenlose Bücher