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Ein Daemon kommt selten allein

Ein Daemon kommt selten allein

Titel: Ein Daemon kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Fox
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ich es mir auf die Hand schreiben, damit ich es nicht vergaß.
    »Alles in Ordnung mit dir« Frieda neigte den Kopf zur Seite. Oje, es war, als wäre sie die Biker-Reinkarnation von Flo aus Mel’s Diner. Vielleicht hatte ich als Kind aber auch nur zu viel Alice gesehen. »Du siehst nicht so aus, als ob es dir übermäßig gut ginge.«
    Das sagte die Frau, deren modisches Outfit unter anderem den Halskragen eines Geistlichen im Paisleymuster sowie eine kanariengelbe Toupierfrisur umfasste. Die Glassteine an ihren Augenwimpern glitzerten im Neonschein einer Reklame für Milwaukee’s Best. Ich hingegen war völlig fertig. Die paar Stunden Schlaf im Auto waren ein Witz gewesen. Selbst im Schlaf hatte ich mit einem Ohr gehorcht, ob Großmutter Dimitri zur Rede stellte. Ich traute ihm nicht über den Weg, auch wenn sein Kuss dafür gesorgt hatte, dass sich mir die Zehennägel hochbogen.
    »Ich muss mit meiner Großmutter reden«, stellte ich, an Frieda gewandt, klar.
    »Das wirst du, mein Zuckerpüppchen.« Ihre ringförmigen weißen Plastikohrringe baumelten ihr quasi bis auf die Schultern hinab. »Aber erst mal werde ich dir Beistand leisten.«
    Na gut, was sollte dagegen schon einzuwenden seinAnt Eater hatte Großmutter fest in Beschlag genommen, und es sah nicht so aus, als ob sie sie so bald freigeben würde. Pirate hockte auf der Theke und teilte sich mit Betty Two Sticks ein Körbchen Popcorn. Ich folgte Frieda in den hinteren Bereich.
    Auch wenn es mich wurmte, es mir einzugestehen – aber in einer Sache hatte Dimitri recht: Ich musste mehr über Großmutters Vergangenheit erfahren. Bisher war dafür keine Zeit gewesen. Aber jetzt, da ich mich offiziell bei den Red Skulls versteckte, verdiente ich, zu erfahren, ob Großmutter wirklich jemanden umgebracht hatte und was genau die Angehörigen ihres Hexenzirkels getan hatten, dass sie sich seit dreißig Jahren auf der Flucht befanden.
    Frieda führte mich zu einer Tür mit einem Schild, das verkündete ZUTRITT NUR FÜR MITARBEITER. »Wie lange kennst du meine Großmutter schon«, fragte ich sie und hätte am liebsten noch hinzugefügt: Und ist sie eine Mörderin
    »Ach, mein Zuckerpüppchen, ich kannte Gertie schon, bevor du überhaupt auf der Welt warst.« Sie hielt mir die Tür auf, und ich erhaschte einen letzten Blick auf Großmutter. Ich konnte ihr wallendes graues Haar hinter eine Gruppe von Bikern erkennen. So viele Freunde hatte ich in meinem ganzen Leben nicht gehabt, geschweige denn versammelt in einem einzigen Raum. Aber der Clou war, dass es Großmutter eigentlich genauso schlecht gehen musste wie mir – wenn nicht sogar noch schlechter. Mein Rücken pochte, meine Beine schmerzten. Ich zupfte an meiner schlammbedeckten Khakihose. Der Matsch fing an zu trocknen, steif zu werden und zu stinken.
    »Jetzt hör auf damit«, wies Frieda mich an und tätschelte meine Arme. »Mach dir keine Sorgen, du hübsche Kleine. Komm mit, wir kriegen dich schon wieder sauber.«
    Wir durchquerten die kleine Kneipenküche und stiegen eine enge Hintertreppe hinauf. Klebrige Alkoholreste hafteten am Betonboden. Es roch nach Schweinespeckschwarte und Bier.
    »Zu schade aber auch, dass du das Abendessen verpasst hast«, sagte Frieda. Die Absätze ihrer Stiefel knallten auf die Treppenstufen. Sie blieb abrupt stehen, und ich wäre beinahe in sie hineingelaufen. »Überraschung, ein Stinktier.« Sie rieb mit ihrer manikürten Hand ihren beinahe flachen Bauch. »Wir schnappen fast nie welche, aber wenn wir mal ein oder zwei erbeuten, ist es wirklich eine nette Überraschung. Puh! Hast du Hunger«
    »Nein«, entgegnete ich barsch. »Ich meine, nein, danke. Mein Magen ist von der Fahrt hierher noch ziemlich in Aufruhr.«
    Frieda zündete sich eine Zigarette an, und die Rauchwolken stiegen in dem klaustrophobisch engen Raum zwischen uns auf. Die Glitzersteine auf ihren zuckerwattefarbenen Nägeln leuchteten im Schein der nackten, über unseren Köpfen baumelnden Glühbirne. »Jedenfalls haben wir, als wir erfahren haben, dass du im Anmarsch bist, sofort das Feuer für den tierischen Festschmaus angezündet. Als ob ich noch etwas runterkriegen könnte. Aber du wirst es mögen.«
    Der Rauch brannte mir in der Lunge. »Für den tierischen Festschmaus« Ich musste würgen. Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren, während ich vor meinem inneren Auge noch einmal den Benimmkurs abspulte, den zu besuchen Hillary mich genötigt hatte. Ich suchte nach einer höflichen – ach was, nach einer

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