Ein Daemon kommt selten allein
Sticks, Crazy Frieda …« Ich nickte der Parade der Red Skulls zu, wohl wissend, dass ich die Namen niemals den Gesichtern richtig zuordnen könnte. Jedenfalls nicht heute Abend. Wobei ich mich sehr wunderte, wie Crazy Frieda es geschafft hatte, Glitzersteine auf die Spitzen ihrer falschen Augenwimpern zu kleben.
Dimitri zog mich an seine harte Brust. Wow! Der Mann hatte Bauchmuskeln. »Ich muss dich sehen«, flüsterte er; sein Atem hauchte mir heiß ins Ohr. »Heute Nacht.«
»Nur wenn du mir sagst, warum.« Während der vergangenen zwölf Stunden war ich aus meinem Freundeskreis, aus meinem Job und aus meinem Zuhause herausgerissen worden. Ich war von Kobolden, einem Greif und Dämonen belästigt worden. Und jetzt saß ich fünfhundert Meilen von zu Hause entfernt in einer Red-Hats-Biker-Kneipe fest, in der eine über siebzigjährige Frau namens Ant Eater sich gerade auf beunruhigend erfolgreiche Weise Erdnüsse in die Nase stopfte, um eine Frau namens Betty Two Sticks zu beeindrucken. Da konnte ich auf irgendwelche Spielchen mit Dimitri gut verzichten.
Die Meute schob uns zur Seite, als Großmutter einige ihrer Freundinnen umarmte und anderen auf den Arm klopfte. Ich leistete auch meinen Anteil an Händeschütteln und Lächeln, während ich versuchte, Dimitri zu ignorieren und gleichzeitig über die lärmende Musik hinweg irgendetwas von dem, was die Leute sagten, aufzuschnappen.
Dimitris warme Hand griff nach meiner und zog mich von dem Pulk weg in Richtung der Flipper. Seine dunklen Augen musterten mich. »Ich meine es ernst. Ich muss mit dir reden.« Seine Finger rieben an der empfindlichen Stelle zwischen meinem Daumen und meinem Zeigefinger. »Lass dein Schlafzimmerfenster offen.«
Also, wenn er darauf hinauswollte … »Nein.«
»Tu es«, flüsterte er mir zu, während Großmutter auf uns zueilte, ihre Biker-Schar im Schlepptau.
Ich starrte hoch zu dem Riesen von einem Kerl vor mir. »Ich öffne mein Fenster, wenn du mir reinen Wein einschenkst, wer du bist und warum du glaubst, mein Beschützer zu sein.« Bevor er mir das nicht verriet, konnte er mit dem Killerkommando aus Trollen, Dämonen und vielleicht auch ein paar gewöhnlichen alten Kriminellen draußen bleiben.
»Danke, Dimitri«, sagte Großmutter und versuchte, sich zwischen uns zu drängen. »Aber ich glaube, deine Dienste sind jetzt nicht länger vonnöten.«
Er rührte sich nicht.
»Auf Wiedersehen, Dimitri«, sagte Großmutter. In ihrer Stimme schwang jetzt Ärger mit.
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem teuflischen Grinsen.
Er beugte sich zu mir herunter und küsste mich flüchtig; unsere Lippen streiften sich nur kurz. Dennoch spürte ich, wie er bebte; oder vielleicht war das auch ich.
Bevor ich mich’s versah, war es vorbei. Allerdings reichte es auch, immerhin schauten alle zu. Doch er war noch nicht fertig. Ich erstarrte vor Staunen, als er weitermachte. Er strich mit dem Daumen über mein Kinn, neigte meinen Kopf nach hinten und küsste mich so hingebungsvoll, dass mir eine Welle geschmolzener Hitze durch den Körper schoss. Er beanspruchte mich. Vor aller Augen. Lüsternheit durchfuhr mich, zusammen mit dem Summen der Begierde. Mein erster Hauch von Wohlbefinden in einer furchtbaren Nacht. Diese Erkenntnis erschütterte mich und holte mich zurück in die Realität; ich riss mich los.
Was für ein anmaßendes, dreistes, unfeines – »Arschloch!«, flüsterte ich.
Seine Augen leuchteten. »Du hast gewonnen«, sagte er, seine Lippen nur wenige Zentimeter von meinen entfernt. »Heute Nacht erzähle ich dir alles.«
Ich presste mir die Hand auf den Mund, als er ging. Seine Lippen verzogen sich zu einem lüsternen Lächeln.
Dimitri ignorierte die gaffende Meute der Motorradfahrer, bis auf einen. Einem großen, glatzköpfigen Typen mit einem Ride-Like-You-Stole-It -Tattoo nickte er zu, bevor er uns seinen breiten Rücken zuwandte und in die Nacht hinausschritt.
KAPITEL 5
»Na, so was!« Crazy Frieda untersuchte meine blutigen Arme. »Du siehst aus, als hättest du mit einem Dornenstrauch gekämpft, Lizzie Brown.«
Zumindest war sie so freundlich, Dimitris Kuss nicht zu erwähnen. Ich wusste nicht, was ich von alldem halten sollte, geschweige denn, wie ich es irgendjemandem erklären sollte. Er war seit zehn Minuten weg, und ich ertappte mich dabei, dass ich immer noch verstohlene Blicke zur Tür warf.
Trau Dimitri nicht über den Weg , warnte ich mich selbst. Trau Dimitri nicht über den Weg . Vielleicht sollte
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