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Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein deutscher Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Henning
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Möglichkeit, dass Ihre Forderungen erfüllt werden?«
    »Ja, sonst sterben hier alle!«, antwortete Rösner, nahm den Hörer vom Ohr und streckte ihn Andrea Branske hin.
    Reinhard Allbeck saß zusammengesunken auf einem Stuhl, beide Arme hingen schwer nach unten. Unter den Achseln hatten sich dunkle Schweißflecken gebildet.
    »Wer is ’n hier der Chef von der Bank?« Rösner sah Reinhard Allbeck an, zog die Marlboro-Schachtel aus seiner Jackentasche, öffnete die Verschlussklappe, drückte die Packung gegen seinen Mund und zog mit den Lippen eine Zigarette heraus.
    »Der Bankdirektor heißt Schönwald«, sagte Andrea Branske und warf einen Blick auf Reinhard Allbeck.
    »Anrufen, los!«, sagte Rösner und richtete seinen Revolver auf die junge Frau.
    Andrea Branske nahm den Hörer von der Gabel und wählte eine Nummer. Wortlos lauschten sie auf das Surren und Klackender Wählscheibe. Es dauerte einen Moment, dann sagte sie: »Guten Morgen, Herr Schönwald, Branske hier, einen Moment bitte …«, und hielt Rösner den Hörer hin.
    Degowski trat vor die große Fensterscheibe und spähte am Sichtschutz vorbei nach draußen. Rösner nahm den Hörer.
    »Wenn unsere Forderungen nicht erfüllt werden, knallt et!«, sagte er und nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. »Und die Bullen sollen verschwinden. Sonst riskieren die das Leben der Geiseln! … 300

000 Mark in kleinen Scheinen, zwei Paar Handschellen, ein Fahrzeug und freien Abzug! … Ja, wir nehmen die Andrea und den Reinhard mit!« Er sah Degowski an, der nickte.
    ***
    Er saß in der Espressobar in der Venloer Straße vor seiner dritten Cola, verzehrte ohne Hunger ein Schinkenbrötchen und blätterte gelangweilt im Stadt-Anzeiger.
    Ein uralter Deckenventilator verquirlte träge und vollkommen sinnlos die stickige Raumluft. Thomas Bertram fühlte sich trotz des Koffeins, das in seinen Adern zirkulierte, lustlos und müde. In seinen Schläfen meldete sich in unregelmäßigen Abständen ein Stechen. Der große Zeiger der Uhr über der Bar rückte auf die Zwei vor. Für 16 Uhr hatte Frank Maibach eine Redaktionskonferenz angesetzt.
    Bertram hatte seine Wohnung, die sich rasch wieder aufgeheizt hatte, am späten Vormittag fluchtartig verlassen. Außerdem war jeden Moment mit einem Anruf von Kathrin Jürgens zu rechnen gewesen und der Frage, was zum Teufel er eigentlich so trieb, während alle anderen nach Maibachs Pfeife tanzten.
    Nach dem Aufwachen hatte er mit Amina telefoniert und sich eine Zeitlang wieder ihre nicht enden wollenden Klagen über geschwollene Beine, Wassereinlagerungen und Kreislaufprobleme angehört.
    »Schuld an allem ist die Hitze!«, sagte sie.
    Selbst schuld, wer zum Sommer hin aus Dummheit schwanger wird, dachte Bertram.
    Sie verabredeten sich fürs Kino. Im Rex am Ring lief als Abendvorstellung »Eine verhängnisvolle Affäre« mit Glenn Close und Michael Douglas. Den wollte Amina unbedingt sehen. Seit den »Straßen von San Francisco« schwärmte sie für Michael Douglas.
    In knapp vier Monaten würden sie Eltern sein. Dann konnten sie gemeinsame Kinobesuche vergessen. Bertram malte sich aus, was stattdessen auf dem Programm stand: erschöpfte Tage, schlaflose Nächte, Geschrei und stinkende Windeln. Und Aminas Brüste gehörten ihm dann auch nicht mehr. Dabei stand er auf große Brüste und glaubte sehen zu können, wie sie jeden Tag ein bisschen voller und runder wurden.
    Er blätterte weiter und stieß unter Vermischtes auf eine Meldung, in der es hieß, in den Rheinauen bei Düsseldorf liefere sich eine Baufirma einen erbitterten Kleinkrieg mit aufgebrachten Entomologen. Gegenstand der Auseinandersetzungen war eine seltene, in den Auen ansässige Schmetterlingspopulation, gegen deren Vertreibung durch die Bagger die Naturschützer Widerstand leisteten. Den Insektenfreunden, hieß es in dem kurzen Artikel, sei es gelungen, diverse Bagger durch gezielte Sabotage lahmzulegen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelte bereits gegen den Entomologischen Verein Krefeld.
    Bertram sah die kleinen Falter (es musste sich dabei um eine Nausithous-Art handeln, die sich artbedingt nicht umsiedeln ließen) vor seinem geistigen Auge: Von heulenden Maschinen bedrohte, blau schillernde Winzlinge, denen er am liebsten ebenfalls auf der Stelle zu Hilfe geeilt wäre. Stattdessen saß er hier fest: erledigt von der Hitze, unfähig, klar zu denken.
    Verdrossen schob er den Anzeiger zur Seite und sah hinaus auf die Straße, wo ein Obdachloser einen mit

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