Ein diplomatischer Zwischenfall
dass er mit dem Zug um 20.15 Uhr vom Bahnhof Kings Cross abgefahren sei.
Die Party verlief wie die meisten solcher Veranstaltungen. Allen schien es gut zu gefallen. Man war aber weder besonders ausgelassen noch betrunken und brach gegen Viertel vor zwölf auf. Die vier Gäste gingen zusammen fort und nahmen gemeinsam ein Taxi. Commander McLaren wurde als erster bei seinem Klub abgesetzt. Dann brachten die Spences Margharita Clayton nach Cardigan Gardens und fuhren schließlich weiter zu ihrem Haus in Chelsea.
Die gruselige Entdeckung wurde am nächsten Morgen gemacht, und zwar von William Burgess, Major Richs Diener, der nicht im Hause wohnte. Er erschien sehr früh, um das Wohnzimmer aufzuräumen, ehe er Major Rich mit der frühmorgendlichen Tasse Tee weckte. Während Burgess mit seinen Arbeiten beschäftigt war, entdeckte er plötzlich voller Schrecken einen großen, hässlichen Fleck auf dem hellen Teppich, auf dem die spanische Truhe stand. Der Diener hob sofort den Deckel der Truhe und blickte hinein. Voller Entsetzen sah er darin die Leiche des Mr Clayton, der offenbar erstochen worden war. Seinem ersten Impuls gehorchend stürzte Burgess auf die Straße und holte den nächsten Polizisten.
Das waren die nackten Tatsachen. Aber es wurden noch weitere Einzelheiten erwähnt. Die Polizei hatte Mrs Clayton sofort vom Tod ihres Mannes in Kenntnis gesetzt, und sie war »völlig niedergeschmettert«. Sie hatte ihren Mann am Abend zuvor kurz nach sechs zum letzten Mal gesehen. Er war verärgert nachhause gekommen, da er in einer dringenden geschäftlichen Angelegenheit, die etwas mit einem seiner Besitztümer zu tun hatte, nach Schottland gerufen worden war, und hatte seine Frau gedrängt, ohne ihn an der Abendgesellschaft teilzunehmen. Mr Clayton hatte dann seinen Klub aufgesucht, zu dem auch Commander McLaren gehörte, und bei einem Glas Whisky seinem Freund die Sachlage erklärt. Nach einem Blick auf seine Uhr hatte er dann geäußert, dass er auf seinem Weg nach Kings Cross gerade noch Zeit habe, bei Major Rich vorbeizuschauen und ihm die Sache auseinanderzusetzen. Er hatte schon versucht, ihn telefonisch zu erreichen, aber keinen Anschluss bekommen.
Laut William Burgess’ Aussage erschien Mr Clayton gegen neunzehn Uhr fünfundfünfzig. Major Rich war nicht Zuhause, musste aber jeden Augenblick kommen. Burgess schlug Mr Clayton daher vor, einzutreten und zu warten. Clayton sagte, er habe keine Zeit, da er auf dem Weg zum Bahnhof sei, würde aber gern ein paar Zeilen für Major Rich hinterlassen. Daraufhin führte der Diener ihn ins Wohnzimmer und ging selbst in die Küche zurück, wo er mit der Zubereitung von Appetithäppchen für die Party beschäftigt war. Der Diener hörte seinen Herrn nicht zurückkehren, aber etwa zehn Minuten später trat Major Rich in die Küche und bat ihn, eiligst türkische Zigaretten zu besorgen, da diese von Mrs Spence bevorzugt würden. Der Diener kam der Aufforderung nach und brachte die Zigaretten seinem Herrn ins Wohnzimmer. Mr Clayton war nicht mehr da, und der Diener nahm natürlich an, dass er bereits fortgegangen sei, um seinen Zug zu erreichen.
Major Richs Schilderung war kurz und schlicht. Mr Clayton war nicht in der Wohnung, als er selbst zurückkehrte, und er hatte keine Ahnung, dass er dort gewesen war. Er hatte keine Zeilen vorgefunden und von Claytons Schottlandreise erst erfahren, als Mrs Clayton und die anderen Gäste eintrafen.
Die Abendzeitungen brachten zwei weitere Notizen. Die »niedergeschmetterte« Mrs Clayton hatte ihre Wohnung in Cardigan Gardens verlassen, und man nahm an, dass sie sich bei Freunden aufhalte.
Die andere Notiz erschien unter der Rubrik »Letzte Meldungen«: Major Charles Rich war des Mordes an Arnold Clayton beschuldigt und in Untersuchungshaft genommen worden.
»Das wär’s also«, meinte Poirot und blickte zu Miss Lemon auf. »Die Verhaftung des Majors war zu erwarten. Aber was für ein merkwürdiger Fall! Ein sehr merkwürdiger Fall! Finden Sie nicht auch?«
»So etwas passiert ja wohl, Monsieur Poirot«, erwiderte Miss Lemon ohne besonderes Interesse.
»Oh, gewiss! So etwas passiert jeden Tag. Oder beinahe jeden Tag. Aber gewöhnlich sind derartige Vorkommnisse ganz verständlich – wenn auch betrüblich.«
»Es ist bestimmt eine sehr unangenehme Sache.«
»Erstochen und in eine spanische Truhe gesteckt zu werden, ist gewiss unangenehm für das Opfer ganz entschieden. Aber wenn ich von einem merkwürdigen Fall spreche, so
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