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Ein diplomatischer Zwischenfall

Ein diplomatischer Zwischenfall

Titel: Ein diplomatischer Zwischenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Cresswell ihn mit einer Flut aufgeregter Informationen.
    Der Mann holte ein Notizbuch und einen Bleistift hervor.
    »Und Sie, meine Damen, rannten also nach oben und schlossen sich ein? Wollen Sie mir bitte Ihre Namen nennen?«
    »Nein. Jemand anders hat uns eingeschlossen. Kommen Sie endlich, und lassen Sie uns raus.«
    Tadelnd entgegnete der Hüter des Gesetzes:
    »Alles zu seiner Zeit.« Damit verschwand er durch die Glastür. Wieder schien eine Ewigkeit zu vergehen. Dann hörte Lou das Geräusch eines nahenden Wagens, und nach einer gewissen Zeit, die Lou wie eine Stunde vorkam, in Wirklichkeit aber nur drei Minuten umfasste, wurden zuerst Mrs Cresswell und dann Lou von einem Sergeant befreit, der etwas besser auf dem Posten zu sein schien als der Kollege.
    »Miss Greenshaw?« Lous Stimme stockte. »Was – was ist eigentlich geschehen?«
    Der Sergeant räusperte sich.
    »Es tut mir leid«, sagte er, »Ihnen mitteilen zu müssen, Madam, was ich Mrs Cresswell hier bereits gesagt habe. Miss Greenshaw ist tot.«
    »Ermordet«, fügte Mrs Cresswell hinzu. »Ein regelrechter Mord.«
    Der Sergeant bemerkte zweifelnd:
    »Könnte auch ein Unglücksfall sein – vielleicht haben ein paar Buben mit Pfeil und Bogen geschossen.«
    Wieder hörte man, wie ein Wagen ankam.
    »Das wird der Polizeiarzt sein«, meinte der Sergeant und begab sich nach unten.
    Aber es war nicht der Polizeiarzt. Als Lou und Mrs Cresswell die Treppe hinunterstiegen, trat ein junger Mann zögernd durch die Haustür und blieb, mit etwas verwirrter Miene Umschau haltend, stehen.
    Dann fragte er mit angenehmer Stimme, die Lou irgendwie bekannt vorkam – vielleicht ähnelte sie Miss Greenshaws Stimme -:
    »Entschuldigen Sie bitte, wohnt hier – hm – Miss Greenshaw?«
    »Dürfte ich um Ihren Namen bitten«, sagte der Sergeant, der auf ihn zutrat.
    »Fletcher«, erwiderte der junge Mann. »Nat Fletcher. Ich bin Miss Greenshaws Neffe.«
    »Tja, Sir, es tut mir sehr leid – «
    »Ist etwas passiert?«, fragte Nat Fletcher.
    »Es hat sich ein – Unglücksfall ereignet. Ihre Tante wurde von einem Pfeil getroffen – er hat die Schlagader durchdrungen…«
    Mrs Cresswell sprach hysterisch und ohne ihre übliche Affektiertheit: »Ihre Tante ist ermordet worden. Das ist es, was passiert ist. Ihre Tante ist ermordet.«
     
    Inspektor Welch zog seinen Stuhl etwas näher an den Tisch und ließ seinen Blick der Reihe nach über die vier Anwesenden im Zimmer wandern. Es war der Abend desselben Tages. Er hatte bei den Wests vorgesprochen, um sich noch einmal Lou Oxleys Aussage wiederholen zu lassen.
    »Sind Sie ganz sicher, dass sie rief: ›Getroffen – er hat auf mich geschossen – mit einem Pfeil – holen Sie Hi l fe‹?«
    Lou nickte.
    »Und die Zeit?«
    »Ich sah ein paar Minuten später auf meine Uhr, da war es zwölf Uhr fünfundzwanzig.«
    »Geht Ihre Uhr genau?«
    »Ich habe auch auf die Kaminuhr gesehen.«
    Der Inspektor wandte sich an Raymond West.
    »Ungefähr vor einer Woche haben Sie, Sir, und ein gewisser Mr Horace Bindler offenbar Miss Greenshaws Testament als Zeugen unterschrieben. Stimmt das?«
    In kurzen Sätzen schilderte Raymond die Ereignisse jenes Nachmittags, an dem er und Horace Bindler Greenshaws Monstrum einen Besuch abgestattet hatten.
    »Diese Aussage mag von großer Wichtigkeit sein«, sagte Welch. »Miss Greenshaw hat Ihnen also deutlich gesagt, dass sie ein Testament zu Gunsten der Haushälterin, Mrs Cresswell, gemacht habe und Mrs Cresswell keinen Lohn zahle im Hinblick auf das Erbe, das sie bei ihrem Tod zu erwarten habe?«
    »Ja, das hat sie gesagt.«
    »Sind Sie der Ansicht, dass Mrs Cresswell definitiv darüber Bescheid wusste?«
    »Das möchte ich ohne Weiteres behaupten. Miss Greenshaw machte in Gegenwart von Mrs Cresswell eine Anspielung darauf, dass Erben das Testament nicht als Zeugen unterschreiben könnten, und Mrs Cresswell verstand offensichtlich, was damit gemeint war. Außerdem erwähnte Miss Greenshaw mir gegenüber, dass sie die Sache so mit Mrs Cresswell arrangiert habe.«
    »Mrs Cresswell hatte also allen Grund zu der Annahme, dass sie durch Miss Greenshaws Tod profitieren würde. Das Motiv in ihrem Fall ist deutlich genug, und sie würde wohl unsere Hauptverdachtsperson sein, wenn sie nicht, ebenso wie Mrs Oxley, fest in ihrem Zimmer eingeschlossen gewesen wäre und Miss Greenshaw nicht definitiv gesagt hätte, ein Mann habe auf sie geschossen.«
    »War sie bestimmt in ihrem Zimmer eingeschlossen?«
    »Ja.

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