Ein Doppelleben im Kosmos
einer tiefen, unlogischen, aber verständlichen Bitterkeit. Das machte es uns beiden schwer, miteinander umzugehen, zumal ich sie höchst reizvoll fand. Kein Mann kann sein Bestes geben, wenn ständig eine Frau um ihn ist, die ihn verachtet. Aber ich konnte ihre Abneigung nicht erwidern. Sie tat mir nur wirklich leid, obwohl ich entschieden verärgert war.
Wir befanden uns jetzt im ersten Versuchsstadium, da nicht alle auf der >Tom Paine< wußten, daß ich nicht Bonforte war. Mir selbst war nicht genau bekannt, wer von dieser Stellvertretung wußte, aber ich durfte mich nur in Anwesenheit von Dak, Penny und Dr. Capek entspannen und Fragen stellen. Ich war überzeugt, daß Bonfortes Kanzleisekretär, Washington, Bescheid wußte und sich nur nichts anmerken ließ. Er war ein hagerer älterer Mulatte mit der verschlossenen Maske eines Heiligen. Es gab noch zwei andere, die bestimmt von allem unterrichtet waren, aber sie befanden sich nicht in der >Tom Paine<, sondern auf der >Abenteurer<, von wo sie Pressemeldungen und laufende Berichte abschickten: Bill Corpsman, Bonfortes Nachrichtenchef, und Roger Clifton. Ich weiß nicht, wie ich Cliftons Arbeit beschreiben soll. Er war, wie Sie sich wohl erinnern, Minister ohne Portefeuille gewesen, zur Zeit von Bonfortes Ministerpräsidentschaft, aber das sagt nichts. Wir wollen es symbolisch ausdrücken: Bonforte handhabte die Politik und Clifton die Geschäfte.
Diese kleine Gruppe mußte Bescheid wissen. Wenn andere etwas wußten, wurde es nicht für nötig gehalten, mich darüber aufzuklären. Bestimmt wußten die andern Mitglieder von Bonfortes Stab und die ganze Besatzung der >Tom Paine<, daß irgend etwas Merkwürdiges vor ging; sie wußten nur nicht, was. Viele Leute hatten mich das Schiff betreten sehen, aber als »Benny Grey«. Als sie mich wiedersahen, war ich »Bonforte«.
Irgend jemand war so vorsorglich gewesen, eine richtige Schminkausstattung zu besorgen, aber ich brauchte fast keine Schminke. In der Nähe kann man Schminke sehen, selbst dem Plastilin kann man nicht die richtige Hautbeschaffenheit geben. Ich begnügte mich damit, meine natürliche Hautfarbe mit Semiperm um einige Grade dunkler zu schattieren und Bonfortes Gesicht von innen her zu gestalten. Ich mußte eine ganze Menge Haare opfern, und Dr. Capek entfernte die Wurzeln. Es war mir einerlei. Ein Schauspieler kann immer Haarersatz tragen, und ich war überzeugt, daß diese Arbeit mir soviel Honorar einbringen würde, daß ich mich für immer zurückziehen konnte, wenn ich wollte.
Andererseits kam es mir bisweilen quälend zum Bewußtsein, daß das »Leben« vielleicht nicht sehr lang sein würde - es gibt allerlei Redensarten über jemand, der zuviel weiß, und über Tote, die nichts ausplaudern können. Aber ganz ehrlich - ich begann den Menschen meiner Umgebung zu vertrauen. Sie waren alle ungeheuer nett, was mir nicht weniger über Bonforte sagte, als ich dadurch erfahren hatte, daß ich seine Reden angehört und seine Filme gesehen hatte. Eine politische Figur ist kein einzelner Mann, das begriff ich, sondern eine zusammenhängende Gruppe. Wäre Bonforte nicht selbst ein anständiger Kerl gewesen, so hätte er nicht diese Leute um sich gehabt.
Die Sprache der Marsbewohner war für mich die größte Schwierigkeit. Ich hatte, wie die meisten Schauspieler, genug von der Marssprache, der Venussprache und der Jupitersprache aufgeschnappt, um sie vor einer Kamera oder auf der Bühne markieren zu können. Aber die gerollten oder gequetschten Konsonanten der Marssprache erscheinen uns als sehr schwierig. Menschliche Stimmbänder sind, glaube ich, nicht so beweglich wie die Sprechwerkzeuge eines Marsbewohners, und auf jeden Fall hat die halbphonetische Aussprache dieser Töne, z.B. »kkk« oder »jjj« oder »rrr« nicht mehr mit dem wirklichen Ton zu tun, als das »g« in »Gnu« mit dem gehauchten Schnalzen zu tun hat, mit dem ein Bantuneger »Gnu« ausspricht.
Glücklicherweise hatte Bonforte keine große Begabung für fremde Sprachen - und ich bin Fachmann. Meine Ohren können wirklich hören, ich kann jeden Ton nachahmen, von einer Kreissäge, die beim Sägen auf einen Nagel trifft, bis zu einer brütenden Henne, die auf ihrem Nest gestört wird. Ich brauchte mir die Marssprache nur so oberflächlich anzueignen, wie Bonforte sie sprach. Er hatte sich sehr große Mühe gegeben, seine Talentlosigkeit zu überwinden, und jedes Wort und jeder Satz der Marssprache, den er gelernt hatte, war auf Band
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