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Ein Drama in Livland

Ein Drama in Livland

Titel: Ein Drama in Livland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wenn ich so schlafe, wie ich hoffe, wird mich auch kein Kanonendonner wecken. Was ich noch sagen wollte, ich habe keine so große Eile, weiter zu kommen. Kann mein Reisegefährte nicht zeitig genug aufstehen, so ist das seine Sache. Mich lassen Sie ruhig bis in den hellen Tag hinein schlafen.
     

    Nach wenigen Schritten war er in der Finsternis der Nacht verschwunden. (S. 76.)
     
    Das Bett zu verlassen wird es noch Zeit genug sein, wenn erst Broks von Pernau zurückgekehrt und der Wagen wieder in stand gesetzt ist.
    – Wie Sie wünschen, antwortete der Gastwirt. Es wird Sie niemand eher wecken, und wenn der andere Reisende weggehen will, werde ich schon dafür sorgen, daß Sie durch kein Geräusch gestört werden.«
    Vor Ermüdung herzhaft gähnend, begab sich Poch nun in sein Zimmer, dessen Tür er von innen sorgfältig abschloß.
    Kroff befand sich in der von seiner Laterne kaum erhellten Gaststube. Hier ging er an den Tisch, woran der Bankbeamte gesessen hatte, und schaffte Teller, Tasse und Teemaschine bei Seite. Als ordnungsliebender Mann verschob er nicht auf morgen, was er noch heute tun konnte.
    Hierauf begab sich Kroff nach der Gittertür der Umzäunung und öffnete sie.
    An dieser – der nordöstlichen – Seite hatte der Sturm etwas weniger Gewalt; der Anbau an der Rückwand des Hauses lag einigermaßen geschützt. Darüber hinaus aber fegte der Wind so heftig einher, daß der Gastwirt es für ratsamer fand, sich ihm gar nicht erst auszusetzen. Heute mußte ihm ein Blick nach dem Geflügelhof hin genügen.
    Innerhalb der Umzäunung war nichts Verdächtiges zu bemerken, vor allem keiner der beweglichen Schatten, die die Anwesenheit eines Wolfes oder Fuchses verraten hätten.
    Kroff leuchtete mit seiner Laterne nach allen Richtungen hinaus, und da er nichts Auffallendes wahrnahm, ging er wieder nach der Gaststube zurück.
    Gewohnt, das Feuer im Ofen nicht erst verlöschen zu lassen, legte er noch mehrere Stücke Torf darauf, blickte noch einmal überall umher und zog sich dann endlich in sein Zimmer zurück.
    Die Tür, die dicht neben der zum Garten führenden lag, bildete den Eingang zu dem Anbau, der das Privatzimmer des Gastwirtes enthielt, und dieses grenzte wieder an das, worin Poch jetzt schon in tiefem Schlummer lag.
    Kroff ging, die Laterne in der Hand, hinein, und in der Gaststube herrschte nun völlige Finsternis.
    Zwei bis drei Minuten hörte man noch die Schritte des Mannes, während er sich auskleidete, und dann zeigte ein dumpfes Geräusch an, daß er sich aufs Bett geworfen hatte.
    Wenige Augenblicke später schlief in der Schenke alles, trotz des Aufruhrs der Elemente. des Windes, des Regens, trotz des lauten Seufzens des Sturmes, der durch die ihrer oberen Äste beraubten Tannen des Waldes fegte.
    – – – – – – – – – – – – – -– – – – – – – Kurz vor vier Uhr morgens stand Kroff wieder auf und ging mit der Laterne in der Hand in die Gaststube.
    Fast im gleichen Augenblicke öffnete sich die Zimmertür des zweiten Reisenden.
    Dieser erschien in der Kleidung wie gestern, eingehüllt in seinen weiten Mantel und die Kapuze über den Kopf gezogen.
    »Schon fertig, mein Herr? fragte Kroff.
    – Wie Sie sehen, antwortete der Fremde, der zwei oder drei Papierrubel in der Hand hielt. Wieviel bin ich für die Nacht schuldig?
    – Einen Rubel, antwortete der Gastwirt.
    – Hier ist ein Rubel… nun, bitte öffnen Sie mir die Tür.
    – Sogleich«, sagte Kroff, nachdem er sich beim Schein der Laterne überzeugt hatte, einen richtigen Rubelschein erhalten zu haben.
    Den aus der Tasche hervorgeholten großen Schlüssel in der Hand, ging der Schenkwirt schon nach der Haustür, blieb aber noch einmal stehen und sagte zu dem Reisenden:
    »Wollen Sie denn vor dem Weggehen gar nichts genießen?
    – Nein, ich danke.
    – Auch nicht ein Gläschen Wodka oder einen Schluck Schnaps?
    – Gar nichts, sag’ ich Ihnen. Öffnen Sie mir nur schnell… ich habe Eile.
    – Nun, wie es Ihnen beliebt«
    Kroff entfernte von der Tür die starken Holzstangen, die diese von innen mit zuhielten, dann steckte er den Schlüssel in das Schloß, dessen Riegel laut knarrte.
    Noch war es draußen tief dunkel. Nur der Regen hatte aufgehört, der Wind pfiff aber noch mit Sturmesgewalt. Der Weg war mit abgebrochenen Zweigen bedeckt und zahllose Blätter flatterten in der Luft.
    Der Reisende zog die Kapuze des Mantels fester über den Kopf und trat ohne ein weiteres Wort zu äußern hinaus. Schon

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