Ein düsteres Weihnachtsmärchen (German Edition)
herum.
Gierig schmatzend riss der Krampus ein Ohr von dem Kopf ab und stopfte es sich ins Maul. Sein Schlürfen und Schmatzen drang bedrohlich an Julians Ohr. Wolly kugelte sich komplett zusammen. Das Wollhörnchen hatte große Angst.
Julian starrte auf die Kanne mit dem Brennstoff. Er musste etwas unternehmen. Krampfhaft umschloss er den Griff der Kanne. Er zitterte am ganzen Leib.
Der Krampus hatte unterdessen ein Stück verdorbenes Rückenfleisch aufgenommen und mit wenigen Bissen verspeist. Er schien nun vorerst genug gefressen zu haben und leckte sich mit seiner langen Zunge genüsslich die Reste aus dem Gesicht.
Anschließend nahm er den Teller und schüttete das restliche Fleisch in einen großen Sack. Danach wendete er sich ab und bewegte sich, mit dem Sack auf den Schultern, auf die Eingangstür zu. Der Dämon hinkte leicht beim Gehen. Soweit es Julian erkennen konnte, glich der linke Fuß einem Pferdehuf.
Schließlich sah es so aus, als würde der Krampus das Haus tatsächlich wieder verlassen, doch nach wenigen Schritten blieb er wie angewurzelt stehen. Er reckte den Kopf in die Höhe und schnüffelte. Dann drehte er sich wieder um und ging langsam auf das Sofa zu. Sein Röcheln und Grunzen wurde dabei immer lauter.
Julian erstarrte, als er den Krampus auf sich zukommen sah. Er musste ihn irgendwie bemerkt haben. Scheinbar konnte er ihn auf eine bestimmte Weise wahrnehmen.
Der Höllendämon näherte sich Schritt für Schritt. Julian roch den fauligen Duft dieses Wesens. Das blutverschmierte Fell stank erbärmlich.
Er spannte seinen Körper und hob die Kanne an. Gleich würde er sie über den Krampus schütten und ihn danach in Flammen aufgehen lassen. Die Streichhölzer waren in der Hosentasche griffbereit.
Der Krampus verharrte kurz vor dem Sofa. Er spähte mit seinen gelben Augen in die Dunkelheit. Dann macht er plötzlich einen überraschenden Satz nach vorn und blickte direkt herunter auf Julian und Wolly.
Der blonde Junge erschrak kurz. Doch seine Reflexe funktionierten hervorragend. Blitzschnell schüttete er dem Krampus einen Schwall Brennflüssigkeit ins Gesicht.
Das zottelige Ungetüm schrie laut auf und torkelte durch die Wohnstube. Das war Julians Chance. Er holte die Streichhölzer hervor und wollte den Krampus in Brand stecken.
Doch die Rechnung hatte er ohne den Dämon gemacht. Dieser erholte sich schnell und gab Julian einen gewaltigen Stoß. Krachend flog der Junge gegen eine Holztruhe.
Der Höllendiener ging nun auf ihn zu und wollte ihn packen. Julian sah schon sein Ende kommen. Doch da kam wie aus dem Nichts Wolly angesprungen. Das Hörnchen hüpfte auf den massigen Schädel das Krampus und bis ihm beherzt ins linke Ohr.
Wutentbrannt schrie der Dämon auf und versuchte den Nager zu schnappen. Aber das erwies sich als äußerst schwierig. Das Wollhörnchen war extrem flink und konnte jedem Prankenhieb gekonnt ausweichen.
Wolly hatte Julian genug Zeit verschafft, um zu fliehen. Der Junge sprang auf und rannte aus der Tür. Die Streichhölzer musste er bei dem Sturz verloren haben und die Kanne mit dem Petroleum stand noch irgendwo neben dem Sofa. Es machte keinen Sinn den Krampus weiter anzugreifen.
„Schnell, Wolly! Folge mir!“, rief Julian zurück in die Hütte.
Wolly reagierte auf seinen Freund, hüpfte vom Fell des Krampus herunter und floh ebenfalls ins Freie. Blitzschnell saß er wieder auf Julians Schultern.
„Danke, mein lieber Wolly!“ Julian streichelte ihm über den Kopf. „Aber jetzt schnell weg. Wir gehen zu Hannah und verstecken uns dort.“
Er rannte davon, ohne noch einmal zurückzuschauen.
Wenige Minuten später erreichte Julian das Elternhaus von Hannah. Er hüpfte über den Gartenzaun und rannte zu ihrem Zimmerfenster.
Er klopfte so leise wie möglich an die Scheibe. „Hannah, hörst du mich? Bitte mach auf.“
Erst kam keine Reaktion, dann versuchte er es nochmals, etwas energischer. Schließlich öffnete sich das Fenster.
„Sag mal, spinnst du?“ Hannah begrüßte ihren Freund ziemlich schroff. „Es ist mitten in der Nacht! Was willst du denn hier?“
Julian schaute sich um. Er wollte sicher sein, dass ihm der Krampus nicht gefolgt war. „Wolly und ich müssen uns bei dir verstecken. Ich habe dem Krampus in der Wohnstube aufgelauert und er hat mich gesehen. Dank Wolly bin ich ihm entkommen und jetzt brauchen wir beide einen Unterschlupf.“
Hannahs Gesichtszüge entglitten kurz. „Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein! Bist
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