Ein düsteres Weihnachtsmärchen (German Edition)
doch nur alles richtig machen. Es musste doch endlich einmal jemand etwas unternehmen.“
„Und ausgerechnet du musst das jetzt sein. Ein Zwölfjähriger!“ Der Großvater ließ sich zurück in den Sessel fallen und schlug die Hände vors Gesicht.
Julian beschwichtigte ihn. „Keine Sorge. Hier wird der Krampus uns bestimmt nicht finden. Heute Nacht geht ein kräftiger Wind. Unsere Spuren sind bestimmt schon längst verweht.“
Großvater Maximilian schüttelte den Kopf. „Natürlich wird er euch aufspüren. Wenn es nicht die Spuren sind, so wird er trotzdem eure Fährte aufnehmen. Er wird euch riechen.“
„Uns riechen?“, fragte Julian entgeistert.
„Ja. Der Krampus sucht nur Häuser auf, in denen Kinder leben. Er kann sie riechen und weiß genau, wo sie zuhause sind.“
Julian ging nun ein Licht auf. Deshalb hatte der Krampus in der Wohnstube so herumgeschnüffelt und ihn anschließend entdeckt. Er hatte ihn gerochen. „Wenn ich das gewusst hätte …“
„Eben drum, mein Junge! Man sollte sich nicht auf Sachen einlassen, die man nicht voll und ganz versteht. Verflucht noch eins, jetzt haben wir den Salat!“
„Vielleicht können wir ihn ja mit etwas verfaultem Fleisch ablenken“, warf Hannah ein.
Der alte Mann schüttelte abermals den Kopf. „Da haben wir ein Problem. Ich habe kein Gammelfleisch hier. Da ich alleine lebe und üblicherweise keine Kinder im Haus sind, kommt der Krampus auch nie hierher. Ergo habe ich in den letzten Jahren nie welches gebraucht.“
„Verflixt!“ Hannah schien der Verzweiflung nahe.
Julian versuchte hingegen eine andere Lösung zu finden. „Dann muss es irgendwie anders gehen. Großvater, gibt es vielleicht noch eine weitere Möglichkeit, wie wir den Krampus fernhalten können?“
Der Graubart seufzte. „Nicht wirklich. Wir haben nur eine Chance: Wir müssen uns hier verbarrikadieren und hoffen, dass die Zeit schnell vergeht und er nicht rechtzeitig zu uns vordringen kann.“ Er ging zu einem der hohen, wuchtigen Schränke und zog ihn von der Wand weg. „Helft mir mal, Kinder. Wir werden einige Sachen vor die Tür stellen. Das sollte ihn jedenfalls ein Weilchen aufhalten.“
Die Kinder packten mit an. Sie rückten den Schrank vor die Eingangstür. Der Großvater ging nun zu einer breiten Holztruhe, die links neben der Eingangstür stand. „Die auch noch.“
Zusammen mit den Kindern schob er die Holztruhe direkt vor den Schrank. Maximilian wischte sich über den Bart. „So! Das sollte ihn erst einmal aufhalten.“
„Ich hoffe es wirklich!“, sagte Hannah, während sie Julian einen vorwurfsvollen Blick zuwarf.
Der zuckte nur mit den Schultern. „Ist ja schon gut. Ich weiß, ich bin an allem Schuld. Und ich möchte mich dafür auch entschuldigen. Es tut mir leid, ehrlich.“
Der Großvater wuschelte ihm übers blonde Haar. „Ist schon gut. Du hast das Herz eines Löwen. Aber es war eben eine bodenlose Dummheit. Und du hast nicht nur dich in Gefahr gebracht.“ Er zeigte zuerst auf Hannah und deutete dann auf Wolly, der sich auf dem Sessel des Großvaters zusammengerollt hatte. „Auch deine beiden Freunde hier stecken nun in Schwierigkeiten.“
„Ich weiß, Großvater. Und jetzt auch noch du. Alles wegen mir.“
„Naja, mach dir wegen mir mal keine Gedanken. Ich bin ein alter Haudegen. Und ich würde dich ganz gewiss nicht alleine lassen, in dieser Situation. Und deine Eltern bestimmt auch nicht. Eigentlich bräuchten wir jetzt ihre Hilfe. Aber wir haben keine Möglichkeit sie herzuholen. Der Krampus lauert irgendwo da draußen.“
„Vielleicht könnte Wolly sie holen“, warf Hannah ein.
Großvater Maximilian verzog das Gesicht. „Wohl eher nicht. Wer weiß, ob er da draußen nicht gleich von dem Ungeheuer geschnappt wird. Außerdem sitzen mein Sohn und meine Schwiegertochter sicherlich vor Julians Zimmer und halten Wache. Sie werden sich von dem Kleinen da nicht weglocken lassen.“ Er kratzte sich am Kinn. „Obwohl … sie würden dann vielleicht nachschauen und feststellen, dass Julian weg ist.“ Er verwarf den Gedanken wieder. „Dennoch, es ist nicht sicher. Und wenn die beiden da raus gehen, könnten auch sie dem Krampus zum Opfer fallen. Ich denke, wir harren am Besten hier aus und hoffen, dass er uns vielleicht doch nicht findet. Wir sollten uns so ruhig und unauffällig wie möglich verhalten. Ich glaube, das ist im Moment wirklich das Sinnvollste.“
Hannah ließ sich rücklings auf das Sofa plumpsen und schloss die Augen. Sie
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