Ein Earl kommt selten allein (German Edition)
Lady in seinem Schlafzimmer oder überhaupt in seinem Haus«, versicherte Grace ihr trocken. »Sicher, Sie sollten anständig sein, wenn Sie in Gesellschaft sind, aber wenn Sie zu Hause bei ihm sind, müssen Sie nicht gar so formell und anständig sein. Glauben Sie, Ihre Mutter war immer die anständige Lady? Nein, das war sie nicht. Von wem haben Sie wohl die Angewohnheit übernommen, barfuß herumzulaufen?«
Christianas Augenbrauen hoben sich. Sie war erst fünf gewesen, als ihre Mutter gestorben war, und erinnerte sich nicht mehr sehr an sie. Sie hatte nicht gewusst, dass ihre Mutter auf ihrem Anwesen barfuß herumgelaufen war.
»Wenn Sie mit einem Mann verheiratet sein wollen, der Sie liebt, müssen Sie Sie selbst sein, nicht irgendeine anständige Lady, von der Sie denken, dass er sie will. Das ist das ganze Spiel. Di… George hat gespielt, um Sie dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Spielen Sie nicht das gleiche Spiel mit Richard. Seien Sie Sie selbst«, sagte Grace entschieden.
»Und was ist, wenn er mein wahres Ich nicht mag?«, fragte Christiana unglücklich.
»Dann werden wir hoffen, dass er genauso tot umfällt wie George, und einen Mann für Sie finden, der es tut«, sagte Grace beherzt.
»Grace!«, rief Christiana.
»Oh, Sie wissen, dass ich es nicht ernst meine«, murmelte Grace und drängte sie, sich zurückzulehnen, damit sie ihr den Schaum aus den Haaren waschen konnte. »Machen Sie sich keine Sorgen, dass er Ihr wahres Ich nicht mögen könnte. Das wird nicht passieren, Mylady. Glauben Sie mir, es ist leicht, Sie zu lieben.«
Christiana öffnete die Augen und begegnete Graces Blick. Sie hätte die Frau für ihre freundlichen Worte gern umarmt, wenn sie nicht gerade in der Wanne gelegen und Grace ihr Wasser über die Haare gegossen hätte. Das Einzige, was sie tun konnte, war, den Arm ihrer Zofe voller Zuneigung zu drücken. Dann schloss sie rasch die Augen, als Seifenwasser hineinspritzte, und murmelte: »Ich liebe dich auch, Grace.«
Die Zofe brummte und widmete sich weiter dem Ausspülen der Haare.
Christiana blieb einen Moment still; ihre Gedanken verweilten bei ihrem Verhalten im vergangenen Jahr und bei den letzten beiden Tagen, die sie mit Richard verbracht hatte. Es war ihr wirklich nicht so schlecht gegangen wie mit George – genau genommen hatte sie sich nicht einen Moment schlecht gefühlt, seit er gestorben war. Allerdings fühlte sie sich immer noch etwas eingeengt und versuchte, ihr Verhalten zu zügeln. Nun, abgesehen davon, dass sie auf Radnor ungeduldig geworden war, als Richard sie in die Kutsche geschoben und ihr nicht zugehört hatte. Bei der Erinnerung daran biss sie sich auf die Lippe. Dann platzte sie heraus: »Ich habe ihn auf Radnor angeschrien.«
»Ich weiß. Ich habe es mitbekommen.« Grace klang vergnügt. »Er war verblüfft, aber er ist nicht ärgerlich geworden.«
»Nein, das ist er nicht«, stimmte sie zu. »Dicky – George – wäre fuchsteufelswild gewesen.«
»Hm.« Grace war mit ihren Haaren fertig und ließ sie los. »Ich denke, ich wäre glücklicher, wenn ich keinen dieser beiden Namen jemals wieder hören müsste.«
Christiana nickte und setzte sich auf.
»Sie kommen jetzt am besten da raus. Wir müssen zusehen, dass Sie sich anziehen und nach unten gehen. Die anderen warten mit dem Frühstück auf Sie.«
Christiana nickte noch einmal und stand auf, um sich das Wasser aus den Haaren zu wringen. Sie trocknete sich rasch ab und zog sich etwas über, dann wartete sie geduldig, während Grace ihr die Haare kämmte, damit sie weiter trockneten. Sie rechnete damit, dass sie sie oben auf ihrem Scheitel zusammenstecken würde, aber Grace legte die Bürste zur Seite.
»Sie haben nicht vor, das Haus zu verlassen, also warum lassen Sie sie heute nicht einfach so und sehen, was er dazu sagt?«, schlug sie sanft vor. Als Christiana sie unsicher ansah, fügte Grace hinzu: »Und vielleicht belasten Sie sich heute mal nicht mit Schuhen. Nur dieses eine Mal, um zu sehen, was er dazu sagt.«
Christiana biss sich auf die Lippe. Der Gedanke war verführerisch, denn ihre Füße fühlten sich in Schuhen immer heiß und unangenehm an, und es war wirklich sehr viel bequemer, wenn sie die Haare einfach herunterhängen lassen konnte.
»Nur dieses eine Mal, um zu sehen, ob er so reagiert wie sein Bruder«, sagte Grace ruhig. »Halten Sie es nicht für besser, es zu wissen, statt sich Sorgen zu machen und zu leiden?«
Christiana gab mit einem Seufzer nach und ging zur
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