Ein Earl kommt selten allein
Haversham zu suchen, und fragte stattdessen eines der Küchenmädchen, wo Freddys Zimmer war. Dorthin ging sie, um den Mann selbst zu holen. Sie hatte vorgehabt, an die Tür zu klopfen und ihn zu bitten, zu ihr und Suzette ins Arbeitszimmer zu kommen, aber als sie das Zimmer erreichte, stellte sie fest, dass die Tür nur angelehnt war. Nach einigem Zögern schob sie sie auf und rief: »Freddy?«
Es kam keine Antwort, und sie sah auch niemanden im Zimmer, als sie die Tür weit nach innen aufschob. Das Bett war gemacht; es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass sich gerade ein kranker Mann von seinem Lager erhoben hatte. Stirnrunzelnd drehte sich Christiana um und wollte gerade gehen, als sie zusammenzuckte und mitten in der Bewegung verharrte. Vor ihr stand der Mann, den sie gesucht hatte.
»Oh, Freddy! Sie haben mich erschreckt. Ich wollte Sie gerade bitten, kurz zu mir ins Arbeitszimmer zu kommen«, sagte sie nervös und hielt sich mit einer Hand die Kehle.
»Ja, ich weiß«, sagte Freddy grimmig und bewegte sich auf sie zu.
Christiana machte einen Schritt zurück, um zu verhindern, dass er gegen sie stieß, aber sie blieb abrupt stehen, als sie begriff, dass sie dadurch nur noch weiter in das Zimmer hineingedrängt werden würde. Sie fühlte sich unbehaglich, machte Anstalten, um ihn herumzugehen, und wollte plötzlich nur noch so schnell wie möglich zurück in den Flur. Freddy verstellte ihr jedoch den Weg, schlug die Tür zu und verschloss sie mit einem entschiedenen Klicken.
17
»Kennst du den Kerl?«, fragte Richard. Ihre Kutsche war gerade vor dem Stadthaus vorgefahren, und er hatte schon die Tür öffnen wollen, um auszusteigen, als er einen Mann bemerkte und innehielt. Der Mann ging auf dem Weg, der zur Haustür führte, hin und her und steuerte immer wieder auf das Haus zu, als wolle er Einlass begehren. Kurz davor blieb er jedoch stehen, schüttelte den Kopf und ging wieder zurück, nur um nach der Hälfte des Wegs erneut stehenzubleiben, sich umzudrehen und wieder auf das Haus zuzustapfen. Der Mann war gut gekleidet, hatte graue Haare und trug einen Hut und einen Stock. Sein vornehmes Äußeres wurde jedoch durch die Tatsache Lügen gestraft, dass er mit sich selbst zu sprechen schien, während er sein bizarres Verhalten wiederholte.
»Er kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagte Daniel und beugte sich vor, um einen besseren Blick aus dem Fenster werfen zu können. »Er scheint sich über etwas Sorgen zu machen.«
»Großartig.« Richard seufzte, während er die Kutschentür öffnete und ausstieg. »Noch mehr Ärger vor meiner Haustür.«
»Den scheinst du in der letzten Zeit anzuziehen«, sagte Daniel ironisch, während er ihm aus der Kutsche folgte.
»Hm«, murmelte Richard und ging den Weg entlang. Er erreichte den Mann, als der gerade wieder vor der Haustür stand und sie anstarrte wie einen unüberwindlichen Berg, den er unbedingt besteigen wollte. Richard wollte ihm schon auf die Schulter klopfen, um ihn auf sich aufmerksam zu machen, als der Mann sich kopfschüttelnd und leise vor sich hin murmelnd erneut umdrehte. Als er unerwarteterweise Richard vor sich sah, machte er einen heftigen Satz zurück. Richard zog die Brauen hoch und fragte höflich: »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Sir?«
»Was?«, fragte der Mann ungläubig.
»Ich bin Richard Fairgrave, Earl von Radnor«, erklärte Richard ihm und streckte ihm eine Hand entgegen. »Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
Der Gentleman starrte Richards Hand an, als wäre sie eine Schlange, und sah dann ihn finster an. »Das muss ein Scherz sein, Mylord. Nach allem, was mich Ihre zwielichtigen Machenschaften gekostet haben, erdreisten Sie sich, so zu tun, als würden Sie mich nicht kennen?«
Richard ließ seine Hand sinken und runzelte die Stirn. Bei dem Mann handelte es sich offenbar um jemanden, der seinen Bruder gekannt und irgendetwas mit ihm zu tun gehabt hatte. Und er war jemand, der nicht damit glücklich war, was ihn auf die Liste der Verdächtigen setzte, die Dicky-George gern tot gesehen hätten. Bisher befand sich auf der Liste nur ein Mensch, und zwar der Mann vor ihm.
»Wieso gehen wir nicht rein und sprechen in Ruhe über alles?«, schlug Richard vor und ging an ihm vorbei, um die Tür zu öffnen.
»Wieso gehen Sie nicht rein und holen die Mädchen, während Ihr Freund und ich hier draußen warten?«
Richard warf einen Blick zurück und wollte ihm sagen, dass er darauf bestand, dass sie hineingingen. Doch er nahm
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