Ein echter Schatz
Südamerika, den sah ich auch nur sporadisch. Es war so, als hätte ich meine eigene kleine Kanzlei. Ich hatte meine eigenen Mandanten und mein eigenes Personal. Auf dem Briefkopf standen vier Namen, aber meistens war ich der Einzige im Büro.«
Morelli goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein und füllte Dickie und mir nach. »Aber dann ist doch etwas schiefgelaufen.«
»Ja. Ziggy Zabar, der Wirtschaftsprüfer. Er hat entdeckt, was wirklich abging, und er wollte dafür kassieren.« »Und was war das?«, fragte Morelli.
»Eigentlich war es ziemlich clever«, sagte Dickie. »Die drei haben die Kanzlei dazu benutzt, um Geld zu waschen. Petiak war beim Militär, bis er wegen irgendeiner Sache entlassen wurde, wahrscheinlich Geisteskrankheit. Jedenfalls war er Versorgungsoffizier gewesen. Er arbeitete in einem Depot und hatte Zugang zu Waffen aller Art. Und er hatte einen Trick entdeckt, wie sich diese Depots im ganzen Land anzapfen ließen, und leitete Waffen und Munition in sein eigenes Warenlager um.«
»Das Lagerhaus in der Stark Street?«
»Ja. Als Nächster kommt Smullen ins Spiel. Smullens Frau stammt aus einer der Familien, die zum südamerikanischen Drogenkartell gehören.
Smullen hat Kontaktleute in ganz Südamerika. Diese Kontaktleute haben Drogen, brauchen aber Waffen. Smullen nimmt also die Drogen, und Petiak liefert die Waffen. Das letzte Puzzlestück ist Gorvich. Gorvich ist der Drogendealer. Er kriegt das Zeug von Smullen, teilt es in Portionen auf, verpackt es und vertreibt es. Und jetzt kommt das Geniale. Das Geld, das Gorvich aus dem Drogenverkauf einnimmt, wird als Honorar für juristische Beratungen verbucht. Es wird auf das Konto der Kanzlei überwiesen und ist damit eine legale Einnahme.«
Morelli machte sich über den nächsten Donut her. »Petiak schmuggelt Waffen aus staatlichem Besitz aus den Depots heraus, bringt sie in eurem Lagerhaus unter und verschifft sie nach Südamerika. Das Kartell bezahlt die Waffen mit Drogen. Die Drogen werden nach Trenton geschickt, landen wahrscheinlich auch im Lagerhaus, werden dort aufgeteilt und gehen an die örtlichen Dealer. Und die Dealer bezahlen die Drogen mit Honoraren für Rechtsberatung.«
»Ja«, sagte Dickie. »Genial, was?«
»Nicht unbedingt«, sagte Morelli. »Zabar ist dahintergekommen.«
»Trotzdem genial. Jedenfalls in der Theorie«, sagte Dickie. »Man hätte einen tollen Film daraus machen können.«
»Und wo bleibst du bei der ganzen Sache?«
»Ich war der Alibianwalt. Ich sollte dem Ganzen Legitimität verleihen. Ich habe nur deswegen von den schmutzigen Geschäften erfahren, weil Smullen mal von seinem Büro aus telefoniert hat und ich zufällig im Flur stand und mitgehört habe. Er redete mit Petiak und hatte die Freisprecheinrichtung eingeschaltet. Sie berieten einen Plan, wie sie das ganze Geld aus der Firma abziehen könnten und dann untertauchen würden. Petiak sagte, es eilte nicht besonders. Zabar würde ihnen keine Probleme mehr machen, um den würde sich jemand kümmern. Das war Dienstagmorgen, nach dem üblichen Treffen der Kompagnons am Montag, an dem Zabar eigentlich hätte teilnehmen sollen. Smullen sagte, wenn Zabar dahinterkäme, gäbe es noch andere in dem Wirtschaftsprüferbüro, die seine Aufgabe übernehmen könnten. Petiak war einverstanden, sagte aber, sie müssten Gorvich zwei Wochen Zeit geben, um die Transaktion über die Bühne zu bringen.«
Bob taperte in die Küche und ließ sich zu Füßen von Morelli nieder.
»Du hast deinen Bagel schon im Auto gefressen«, sagte Morelli zu Bob. »Wenn ich dir noch einen gebe, wirst du zu dick.«
Bob stemmte sich wieder hoch auf die Beine und verdrückte sich ins Wohnzimmer.
»Hast du deswegen das Smith-Barney-Konto abgeräumt?«, fragte Morelli.
»Nicht sofort. Ich wusste erst nicht, was ich von der Geschichte halten sollte. Meine schlimmste Befürchtung war immer, dass einer von Gorvichs Drogenhändlern eines Tages ins Büro spaziert käme und alles niederballern würde. Mit einer Verschwörung hätte ich niemals gerechnet.«
»Du hättest doch wissen müssen, dass die alle aus Sheepshead waren.«
»Jeder hat einen Kreis von Profis, auf den er zurückgreift, wenn mal Not am Mann ist.«
»Die haben ihre Universitätsdiplome im Internet gekauft«, sagte ich zu Dickie.
»Damals war mir das egal. Aus eigener Kraft hätte ich eine eigene Kanzlei niemals erfolgreich stemmen können, deswegen war ich bereit, auf der Suche nach einem Partoer ein Auge
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