Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
möglich, dass wir uns die Klinke in die Hand geben: Sie werden gerade entlassen, wenn man mich hier auf einer Bahre reinschiebt.«
»Machen Sie keine solchen Witze.«
»Wer sagt, dass ich Witze mache?«
»Und erzählen Sie mir nichts mehr. Je weniger ich weiß, desto besser,«
»Für Sie oder für mich?«
Lauderdale richtete sich so gut es ging auf. »Vergessen Sie die ganze Sache«, sagte er eindringlich. »Seien Sie einmal in Ihrem verdammten Leben nicht stur, und lassen Sie die Finger davon.«
Rebus stellte den Stuhl an seinen Platz zurück. »Das kann ich nicht, Frank.« Er stocherte mit der Zunge wieder in dem Loch herum.
»Passen Sie auf sich auf«, sagte er zu Lauderdale.
»Das sollte wohl eher ich sagen.«
Rebus war schon fast an der Tür, als Lauderdale ihn rief. Er kehrte zum Bett zurück. Lauderdale hatte sich aufgestützt und sah aus dem Fenster.
»Flower«, sagte er, ohne sich zu Rebus umzudrehen.
»Was ist mit ihm, Frank?«
»McAnally war Flowers Augen und Ohren.«
»Sein Spitzel?«
Lauderdale nickte, den Blick weiterhin aus dem Fenster gerichtet.
»Dafür haben Sie was gut bei mir«, meinte Rebus und ging wieder zur Tür.
»Das hoff ich doch, John«, sagte Frank Lauderdale leise.
Auf dem Flurteppich lag ein Umschlag. Er war persönlich zugestellt worden: keine Briefmarke, lediglich sein Name in blauer Tinte. Auf der Rückseite prangte ein Wappen in Blindprägung: der Löwe und das Einhorn, die einen Schild zwischen sich hielten. Rebus wusste, dass es das Wappen des Scottish Office war. Der Umschlag, den er ein wenig hin und her bog, war dünn und leicht, dabei aber ziemlich fest. Er legte ihn auf die Armlehne des Sessels, marschierte in die Küche und ließ etwas Leitungswasser in seinen Whisky laufen. Dann holte er ein Messer aus der Schublade und ging zum Sessel zurück. Bevor er den Umschlag aufschnitt, nahm er einen Schluck Whisky.
Es war eine weiße, goldumrandete Einladungskarte in einer kunstvollen erhabenen schwarzen Schrift.
Sir Iain Hunter
bittet um die Ehre Ihrer Anwesenheit
am Samstag, dem 4. März, zwölf Uhr
Ruthie Estate
Perthshire
Rebus’ Name war oben mit blauer Tinte handschriftlich eingefügt worden. Um Antwort wurde nicht gebeten; es gab lediglich eine Adresse, keine Telefonnummer. Rebus drehte die Karte um und sah, dass auf der Rückseite eine gedruckte Skizze die Lage des Landsitzes beschrieb: irgendwo auf halbem Weg zwischen Perth und Auchterarder. Bis Samstag waren es nur noch zwei Tage.
Rebus trug die Einladungskarte zum Kaminsims und lehnte sie an die ansonsten kahle Wand. Der einzige Landsitz, den er bislang kannte, war ein Plumpsklo in einer Dorfkneipe. Er nahm nicht an, dass Ruthie Estate damit allzu viel Ähnlichkeit aufweisen würde.
Rebus rang immer noch mit sich, ob er hinfahren sollte oder nicht, als er zu seiner allabendlichen Session im Ox aufbrach.
Dr. Klasser war nicht da. Er hatte angerufen und gesagt, er würde sich ziemlich verspäten, falls er es überhaupt schaffen würde. Der Barkeeper stellte Rebus gerade sein Pint hin, als Salty Dougary hereinkam.
»Arschkalt da draußen«, stellte Dougary fest.
»Was Kaltes ins Maul gleicht’s wieder aus. Los, Jon, lassen Sie dem Mann die Luft aus dem Glas.«
Dougary setzte sich auf den Barhocker neben Rebus. »Ich hab was für Sie.«
»Was?«
»Wissen Sie noch, wie Sie mich nach Mensung gefragt hatten?«
Ja, Rebus wusste es noch. Rory McAllister hatte er auch danach gefragt, aber der war zurückgepfiffen worden; Rebus bezweifelte, dass er je wieder was von ihm hören würde.
»Was ist damit?«
»Mir ist wieder eingefallen, was es war«, sagte Dougary ruhig. Sein Bier war gekommen, und er bestellte sich dazu Chips.
»Also, was ist es?«, fragte Rebus.
»Mit Salz und Essig, Jon«, rief Dougary dem Barkeeper zu. Der Fernseher wurde wegen irgendeiner Sportsendung lauter gestellt. Dougary wandte sich zu Rebus. »Es war eine Firma.« Er trank einen Schluck Bier. »Und noch eine Tüte Gesalzene dazu«, sagte er zum Barkeeper.
»Haben Sie Firma gesagt?«
»Was?« Dougarys Aufmerksamkeit wurde bereits vom Fernseher abgelenkt. Rebus zog ihn vom Hocker herunter und durch die Tür hinaus in die Kälte. Auf der Castle Street donnerte der Verkehr vorüber.
»Man friert sich ja alles ab!«, protestierte Dougary.
»Erzählen Sie.« Dougary sah sehnsüchtig zur Tür des Pubs. »Erzählen Sie’s mir hier«, beharrte Rebus.
»Erinnern Sie sich noch, wie ich früher für diese
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