Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Halbleiterfirma arbeitete?«
»Und die hieß Mensung?«
»Die hieß nicht im Mindesten so. Aber die hatten so diese Politik, die Mitarbeiter, die sie auf die Straße setzten, umschulen zu lassen.«
»Und?«
»Und ich war ein Kandidat für die Straße, und da gab’s diese Agentur, Jobvermittlung und so. Die Agentur bot Seminare an, behauptete sie jedenfalls. Da sollte es diese
ganzen schicken Umschulungsprogramme geben, und was weiß ich nicht alles, wovon die Hälfte überhaupt nur auf dem Prospekt existierte. Dieser Haufen Cowboys hieß Mensung.«
»Gibt’s den Laden noch?«
Dougary zuckte die Achseln. »Ich bin seitdem noch zweimal auf die Straße gesetzt worden und hab nie wieder was davon gehört.«
»Wo hatte er seinen Sitz?«
»In der Nähe vom Playhouse, oben am Leith Walk.«
»Haben Sie sonst noch irgendwelche Informationen darüber, irgendwelches Material?«
Dougary starrte ihn an. »Da werd ich wohl meine Sekretärin fragen müssen.« Die Ironie war so fein wie eine Stahltrosse.
Rebus lächelte. »Blöde Frage, Donny, tut mir Leid.«
»Kann ich jetzt wieder rein?«
»Klar.«
»Stimmt was nicht?«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie haben mich statt Salty Donny genannt.«
»So heißen Sie doch, oder?«
»Ich glaub schon, ja«, sagte Dougary und stieß die Tür auf.
29
Einer der Gründe, warum Rebus trank, war, um schlafen zu können.
Wenn er nüchtern war, hatte er Probleme mit dem Einschlafen. Dann starrte er in die Dunkelheit und zwang sie durch reine Willenskraft, allerlei Formen anzunehmen, um sie besser verstehen zu können. Er versuchte, dem Leben
einen Sinn abzugewinnen - den katastrophalen ersten Jahren bei der Army; seiner gescheiterten Ehe; seinem Scheitern als Vater, Freund, Liebhaber -, und es endete damit, dass er heulte. Und wenn er es irgendwann doch schaffte, nüchtern einzuschlafen, erwarteten ihn quälende Träume. Träume vom Altern und Sterben, Verfall und Verderben. Die Dunkelheit nahm in seinen Träumen allerlei Formen an, aber er wagte es nicht, sie anzuschauen. Er rannte stattdessen blindlings drauflos und stieß manchmal mit ihnen zusammen, spürte, wie die Dunkelheit sich dicht um ihn schmiegte.
Betrunken, schlief er traumlos - oder so erschien es ihm zumindest beim Aufwachen. Dann war er vielleicht schweißgebadet, zitterte aber wenigstens nicht. Also versuchte er, sich nachts vor dem Schlafengehen immer noch ein paar Drinks zu genehmigen, gewöhnlich in seinem Sessel. Und da er schon so bequem saß, wozu hätte er sich dann noch die Mühe machen sollen, aufzustehen und ins Schlafzimmer zu gehen?
Er lag völlig weggetreten in seinem Sessel, als es an der Tür klingelte. Er setzte sich auf und schaltete die Lampe ein, dann blinzelte er, bis er seine Armbanduhr sehen konnte. Es war halb zwei. Er taumelte in den Flur und nahm den Hörer der Gegensprechanlage ab.
»Hallo?«
»Ich bin’s, Patience.«
»Patience?« Ohne nachzudenken, machte er ihr auf und ging dann ins Wohnzimmer zurück, um sich die Hose anzuziehen. Als er wieder an die Tür kam, war sie fast schon oben. Sie ging langsam, entschlossen, mit gesenktem Kopf, die Augen auf die Stufen gerichtet. Ihr Haar war zerzaust.
»Was ist passiert?«
Sie stand direkt vor ihm, und er bemerkte, wie wütend sie war. Sie war so wütend, dass sie widernatürlich ruhig wirkte.
»Ich lag im Bett«, sagte sie leise, »und ich weiß nicht, was passiert ist... plötzlich wusste ich es.«
»Was?«
»Du weißt, dass Lucky tot ist?«
»Ja, tut mir Leid.«
Sie nickte kaum merklich. »Tja, danke, dass du für mich da warst, das weiß ich zu schätzen. Ich dachte, das ist ganz schön kaltherzig, selbst für dich. Sammy hat mir gesagt, dass sie’s dir erzählt hatte. Ich fragte mich, warum du dich nicht gemeldet hast, und dann ist es mir wieder eingefallen. Blöd von mir, das zu vergessen. Du warst am Sonntag da. Du hast direkt an der Wintergartentür gesessen«, ihre Stimme wurde noch leiser. »Du hast Lucky ausgesperrt.«
»Patience, ich -«
» Oder etwa nicht? «
»Schau, es ist spät, warum -«
» Oder etwa nicht? «
»Scheiße, ich weiß nicht … okay, ja, wenn’s dich glücklich macht.« Er rieb sich mit einer Hand über das Gesicht. »Ja, der Krawall, den er veranstaltete, machte mich wahnsinnig. Also hab ich die Klappe abgeschlossen und es dann vergessen. Tut mir Leid.«
Sie hatte die Umhängetasche geöffnet und zog eine kleinere Plastiktüte heraus. »Das ist für dich.« Und als er die Hand nach der
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