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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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schwieriger wird alles und umso gefährlicher wird unsere Lage. Ich weiß, es gab Zeiten, als wir meinten nur Mist zu bauen. Jeder von uns ist am Ende. Andererseits sollten wir aber nicht vergessen, dass wir uns eigentlich ganz gut geschlagen haben. Wir haben ein paar Soldaten erledigt, Lee mit einer Schusswunde aus der Stadt herausgebracht und dann die beschissene Brücke in die Luft gejagt. Dafür, dass wir ein Haufen Amateure sind, gebühren uns eigentlich ein paar Punkte.
    Für euch kann ich nicht sprechen, aber ich bin in letzter Zeit hier bloß deprimiert rumgesessen. Es ist aber wohl klar, dass uns das keinen Schritt weiterbringt. Ich glaube, es ist der Schock, dass wir Corrie und Kevin gerade in dem Moment verlieren mussten, als wir zurückkamen und so stolz und erleichtert waren. Die Brücke zu Kleinholz zu machen fühlte sich gut an und da war der Schock umso größer, als gleich darauf die Katastrophe folgte. Kein Wunder also, dass wir verzweifelt und wütend sind und die Nase voll haben. Kein Wunder, dass wir uns gegenseitig die Köpfe abreißen, obwohl es keinen logischen Grund dafür gibt. Keiner von uns hat sich irgendeinen groben Schnitzer geleistet. Wir haben Fehler gemacht, aber nichts, weshalb wir uns gegenseitig an die Gurgel müssten. Dass Corrie angeschossen wurde, konnte doch keiner ahnen. Wir werden nie alle Risiken ausschalten können. Kevin hat ja selbst gesagt, dass diese Typen plötzlich da waren, buchstäblich aus dem Nichts auftauchten. Es ist unmöglich, dass wir uns vierundzwanzig Stunden am Tag vor allen möglichen Angriffen schützen. Na egal.«
    Homer schüttelte den Kopf. Er sah müde und traurig aus. »Darüber wollte ich eigentlich gar nicht sprechen. Seit es passiert ist, hat sich jeder von uns auf seine Weise damit auseinandergesetzt. Ich will über die Zukunft sprechen. Damit will ich nicht sagen, dass wir die Vergangenheit vergessen sollen. Überhaupt nicht. Das, was ich mit euch besprechen möchte, wird das beweisen, aber darauf komme ich noch. Zuerst möchte ich euch erzählen, worüber ich am meisten nachgedacht habe. Über Mut. Courage. Das hat mich beschäftigt.«
    Er ging in die Hocke, hob einen vertrockneten Zweig auf und steckte ihn in den Mund. Sein Blick war zu Boden gerichtet, und obwohl er sichtlich befangen war, sprach er weiter. Leiser zwar, dafür aber umso gefühlvoller.
    »Euch ist das vielleicht längst alles klar. Vielleicht habt ihr das schon kapiert, als ihr noch in die Hosen gemacht habt, und ich hinke noch hintennach und muss erst aufholen. In der letzten Woche ist mir zum ersten Mal klar geworden, wie diese Mutgeschichte funktioniert. Das spielt sich alles in unseren Köpfen ab. Damit kommt man nicht auf die Welt, das lernt man nicht in der Schule oder aus einem Buch. Es ist eine Art zu denken, ja, genau. Etwas, was man seinem Hirn langsam beibringt. Ich fange erst an das zu kapieren. Sobald etwas gefährlich werden könnte, kann das eigene Denken vor Angst verrückt spielen. Es galoppiert davon, rennt wie der Teufel in unbekanntes Gebiet, in den Busch. Es sieht Schlangen und Krokodile und Männer mit Maschinengewehren. Das spielt sich aber alles in der Fantasie ab. Und die Fantasie tut einem keinen Gefallen damit. In so einem Moment muss man ihr die Zügel anlegen, man muss sie bändigen. Das ist eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken. Dabei muss man streng sein. Wer mutig ist, trifft eine bewusste Entscheidung. Man muss zu sich selbst sagen: Ich werde mutig denken. Ich weigere mich ängstlich oder panisch zu denken.«
    Homer war blass geworden; es war ihm wichtig, überzeugend zu sein, und er sprach die ganze Zeit mit zu Boden gesenktem Kopf und blickte nur gelegentlich auf.
    »Wir laufen seit Wochen auf Hochtouren. Wir sind völlig durcheinander und wir haben Angst. Es ist an der Zeit, dass wir unser Denken wieder unter Kontrolle kriegen, dass wir den Mut finden, das zu tun, was wir tun müssen. Nur so können wir mit erhobenen Köpfen herumgehen, unseren Stolz zeigen. Wir dürfen nicht zulassen, dass uns diese Gedanken an Kugeln und Blut und Schmerz kontrollieren. Was geschieht, geschieht. Aber jedes Mal wenn wir in Panik geraten, schwächen wir uns selbst. Jedes Mal wenn wir mutig denken, machen wir uns stärker.
    Es gibt mehrere Dinge, die wir tun sollten. Der Herbst hat angefangen, die Tage werden kürzer und die Nächte sind eindeutig kälter geworden. Wir müssen unsere Lebensmittelvorräte aufstocken, Vorräte für den Winter anlegen.

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