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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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ebenfalls menschliche Erfindungen sind oder ob es sie einfach gibt.
    Ich sehe mich um. Homer macht Listen und zeichnet Pläne. Wer weiß, was er sich für uns überlegt. Robyn liest die Bibel. Sie betet jede Nacht still. Ich mag Robyn und ich mag, dass sie in ihrem Glauben so stark ist. Chris schreibt ebenfalls, wahrscheinlich ein Gedicht. Ich verstehe keines von denen, die er mir bis jetzt gezeigt hat – ich weiß nicht, ob er sie selber versteht –, aber ich versuche intelligente Kommentare dazu abzugeben. Fi stellt Pfosten für einen größeren Hühnerhof auf. Lee sitzt neben mir und versucht eine Kaninchenfalle zu bauen. Sie sieht nicht so aus, als könne sich in ihr ein Kaninchen mit einem IQ über 10 fangen, aber wer weiß? Vielleicht haben Kaninchen einstellige IQs. Ich mag jedenfalls die Art, wie Lee alle paar Minuten aufhört und mein Bein mit seinen schlanken, braunen Fingern streichelt.
    Wir müssen zusammenhalten, das ist alles, was ich weiß. Wir alle machen einander gelegentlich verrückt, aber ich will hier nicht allein zurückbleiben wie der Einsiedler. Dann wäre dies wirklich die Hölle. Die Menschen tun einander so schreckliche Dinge an, dass mir mein Verstand manchmal sagt, sie müssen böse sein. Doch mein Herz ist noch immer nicht überzeugt.
    Ich hoffe einfach, dass wir überleben können.

Die Toten der Nacht

Meinem Bruder Sam gewidmet,
einem geliebten und liebevollen Menschen

Erstes Kapitel
    Zum Teufel mit dem Schreiben, ich will schlafen. Ich würde alles dafür geben, endlich zu schlafen. Aber ich kann nicht. Es ist lange her, seit ich tief und fest geschlafen habe. Seit unserer Ankunft in der Hölle nicht mehr. Seit ich zu diesem komplizierten Ort namens Hölle gegangen bin.
    Wenn ich mich endlich hinlegen kann, probiere ich alles aus. Ich zähle Merinoschafe, Corriedales, Border Leicesters und englische Langhaarschafe. Ich denke an meine Eltern. Ich denke über Lee nach. Ich denke an Corrie und Kevin und an meine anderen Freunde. Ich denke viel über Chris nach. Manchmal versuche ich meine Augen ganz fest zu schließen, befehle mir, auf der Stelle einzuschlafen, und wenn das nicht funktioniert, befehle ich mir wach zu bleiben. Umgekehrte Psychologie.
    Ich lese viel, solange es noch hell ist oder wenn ich meine, es lohnt sich, die Batterien noch ein wenig mehr aufzubrauchen. Nach einer Weile werden meine Augen müde und schwer, dann drehe ich die Taschenlampe ab und lege das Buch beiseite. Und oft ist es diese kleine Bewegung, die mich schlagartig wieder wach macht – als ginge ich den langen Flur zum Schlaf entlang, und kaum habe ich die Tür erreicht, schlägt sie vor meiner Nase zu.
    Also habe ich wieder zu schreiben begonnen. Es ist ein Zeitvertreib. Nein, ich will ehrlich sein: Es ist mehr als das. Es hilft mir, wenn ich die Dinge in meinem Kopf und meinem Herzen ein wenig ordne und zu Papier bringe. Deswegen sind sie zwar immer noch in meinem Kopf und meinem Herzen, aber sobald ich darüber geschrieben habe, habe ich das Gefühl, als hätte ich Platz gemacht. Platz für anderes. Ich glaube nicht, dass es mir hilft, einzuschlafen, aber es ist immer noch besser, als im Zelt zu liegen und den Schlaf herbeizusehnen.
    Die anderen waren von Anfang an dafür gewesen, dass ich alles aufschreiben sollte. Es sollte unser Bericht, unsere Geschichte werden. Es war uns so wichtig gewesen, alles aufzuschreiben. Jetzt, glaube ich, ist es ihnen einerlei, ob ich schreibe oder nicht. Das hat auch damit zu tun, dass ihnen einiges von meinen letzten Aufzeichnungen nicht gefallen hat. Ich hatte sie gewarnt und gesagt, ich würde ehrlich sein, und das war ich dann auch und sie meinten, das sei in Ordnung, aber als sie es schließlich lasen, waren sie nicht gerade begeistert. Chris am allerwenigsten.
    Heute Abend ist es schon sehr dunkel. Der Herbst streift durch den Busch, lässt die ersten Blätter fallen, verfärbt die Brombeeren und die Brise ist empfindlich kühler geworden. Bei der Kälte fällt es mir schwer, zu schreiben und gleichzeitig warm zu bleiben. Ich bin wie eine Bucklige in meinen Schlafsack eingerollt und versuche die Taschenlampe, meinen Kugelschreiber und das Papier so zu balancieren, dass meine Haut der kalten Nachtluft nicht ausgesetzt ist.
    »Mein Kugelschreiber.« Komisch, ich schrieb das ganz unbewusst hin. »Die Taschenlampe«, »das Papier«, aber »mein Kugelschreiber«. Das zeigt wohl, wie wichtig mir das Schreiben ist. Mein Kugelschreiber ist die Leitung von meinem

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