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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Spaß. Ich sah mir gerne an, wie andere lebten, was sie besaßen, wie sie sich ihre Zimmer einrichteten. Fi und ich wanderten also zuerst einmal durch die Zimmer. Es war ein schönes Haus mit prächtigen Möbeln, das meiste davon Antiquitäten aus altem, dunklem Holz. Musste ein Vermögen wert sein. Eines Tages würden die Soldaten auch hier mit ihren Möbelwagen auftauchen, das stand fest.
    Sie waren schon hier gewesen. Außer in der Hölle waren sie schon überall gewesen. In den Schlafzimmern waren die Schubladen herausgezogen und überall lagen Dinge herum. Im Wohnzimmer hatten sie die Glasschränke ausgeräumt und einen dabei kaputt gemacht. Der Fußboden war voller Glasscherben. Jemand hatte die Hausbar geplündert. Die Stereoanlage fehlte, obwohl die Lautsprecher noch da waren, aber man konnte deutlich sehen, wo die Anlage gestanden hatte. Unser alter Plattenspieler zu Hause hatte sie nicht interessiert. Er muss alles in allem zwanzig Dollar wert gewesen sein. Die Rowntrees hatten garantiert etwas ganz Besonderes gehabt.
    Unser Hauptinteresse galt den Nahrungsmitteln, und als wir in der Vorratskammer ein halbes Dutzend großer Salamistangen entdeckten, war die Freude entsprechend groß. Wir waren immer auf der Suche nach Dingen, die ein wenig Abwechslung in unseren Speiseplan brachten. Außerdem fanden wir zwei Kisten Pepsi, jede Menge Schokolade und mehrere Tüten Chips, die nicht mehr ganz frisch waren. Die Rowntrees lebten nicht schlecht. Dosen waren nicht sehr viele da, bloß ein paar Suppen und drei Büchsen Lachs, für den ich nichts übrig habe. Aber es gab eine Menge anderer Dinge, Zweiminutennudeln zum Beispiel und geräucherte Austern; alles in allem genug, um zwei Reisetaschen damit zu füllen.
    Wir durchstöberten noch rasch die anderen Zimmer, nahmen uns Kleidungsstücke und mehrere Schlafsäcke und Fi und ich stopften uns die Taschen mit teuren Kosmetika voll. Einen Moment lang schien der Traum meiner Kindheit wahr zu werden. Lee kehrte aus dem Arbeitszimmer mit einem Stoß Fantasy-Romanen zurück und dann war es Zeit zu gehen. Ich setzte mich hinter das Steuer, Fi saß neben mir, Homer und Lee waren auf dem Rücksitz und Robyn lag im Stauraum, wo sie sich mit den Decken und Kleidern der Rowntrees ein Nest gerichtet hatte. Ich war überzeugt, sie würden alle eingeschlafen sein, bevor wir das Ende der Auffahrt erreicht hatten.
    »Willkommen auf unserem Flug zur Hölle«, sagte ich. »Bitte schnallen Sie sich an und stellen Sie das Rauchen ein. Wir werden in einer Höhe von einem Meter über dem Boden und mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h fliegen. Das Wetter in der Hölle ist nach Meldungen des dortigen Towers nass und kühl.«
    »Außer in Lees Zelt; dort wird es heiß und schwül sein«, rief Homer.
    »Hofft er wenigstens«, fügte Fi hinzu.
    Ich ignorierte ihre kindischen Bemerkungen und legte den ersten Gang ein. Wir fuhren los.
    Kurz vor dem Ende der Auffahrt meldete sich Homer noch einmal: »Da drüben ist was Komisches.«
    »Komisch im Sinne von seltsam oder im Sinne von Haha?«
    »Komisch seltsam.«
    Ich fuhr langsamer und spähte über die Koppel, um in der Richtung, in die er wies, etwas zu erkennen. Es war aber zu schwierig, Ausschau zu halten und gleichzeitig zu fahren, also fragte ich: »Soll ich anhalten?«
    »Nein, ist nicht wichtig.«
    »Doch, halt an«, rief Robyn auf einmal. Ihre Stimme klang eigenartig, fast so, als drehe ihr jemand den Hals um.
    Ich stieg auf die Bremse und der Landrover kam zum Stillstand. Robyn war bereits ausgestiegen und rannte.
    »Was ist denn?«, fragte Fi.
    »Dort drüben«, antwortete Homer, »neben dem Damm.«
    Außer dem Licht, das sich auf der Wasseroberfläche des kleinen Damms spiegelte, und dem Erdwall selbst konnte ich nichts sehen. Doch dann glaubte ich links vom Damm und etwas unterhalb eine eigenartige dunkle Form zu erkennen. Gleich darauf hörte ich einen Laut, der so unwirklich und unirdisch klang, dass mir in einem Anfall von nackter Angst die Haare zu Berge standen. Meine Kopfhaut brannte. Ich hatte das Gefühl, als würden lauter kleine Insekten durch mein Haar kriechen.
    »O mein Gott«, stieß Fi hervor. »Was ist das?«
    »Das ist Robyn«, sagte Lee.
    Es war kein Schreien oder Weinen, eher noch ein Heulen. Wie eine dieser Totenklagen, von denen manchmal in den Dokumentarfilmen über andere Länder die Rede ist. Ich sprang aus dem Wagen und rannte um das Auto herum auf den Damm zu. Als ich nur noch fünfzig Meter von ihr entfernt

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