Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
Vom Netzwerk:
erwiderte Celio, schwankend zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen echtem Gefühl und Komödie.«Aber wahrhaftig, ich ziehe ebenfalls das Ausgelachtwerden diesem beständigen Argwohn vor... Ja, lacht nur auch über mich...! Die Heiterkeit wird Euch wenigstens guttun, während das Misstrauen mit seiner Bitterkeit Euch nur alles vergällen kann!»
    « Oh, Celio, Celio!», rief Morosina, den Tränen nahe.
    « Nur zu, lacht doch, ich gönne es Euch von Herzen!», insistierte er grausam.
    Ein angstvolles Schluchzen hob den Busen des Mädchens, und zwei heiße Tränen fielen auf Celios Hand, mit der er in perfekt gespieltem Zorn die Hand des Mädchens umklammert hielt.
    « Ihr weint? Nun weint Ihr?», fuhr der junge Mann mit veränderter Stimme fort und gab sich bestürzt.«Mein Gott», sprach er weiter, umschlang sie ganz mit einem Arm, nahm ihr das Taschentuch aus dem Schoß und trocknete ihr damit die Augen, alles natürlich, um sie zu trösten.« Oh, wenn Ihr wüsstet, wie weh mir Eure Tränen tun...! Es ist, als wolltet Ihr mir sagen: ‹Ja, Celio, ich habe Mitleid mit Euch; ich sehe ein, dass ich Euch lieben sollte ...! Aber ich kann nicht, versteht Ihr? Ich kann nicht...! Der Liebe kann man nicht befehlen; sie lässt sich nicht erzwingen, weder durch die Macht der Erinnerung noch durch die Macht der Liebe. Die Liebe fällt vom Himmel, und durch geheime, stets rätselhafte, oft geringfügige, manchmal widersprüchliche Motive verbindet sie eine Seele mit der anderen. Blind, wie sie ist, wirft die Liebe sich Feinden in die Arme und flieht, vergisst, opfert die Freunde...!› Und du, Morosina, du tötest mich, so wahr es einen Gott gibt!»
    Das echte Gefühl, das in Celios Herzen keimte, verlieh dieser komischen Tirade den Ton der Wahrheit; woraufhin Morosina, die den schmerzlichen Widerstreit zwischen Scham und Leidenschaft in ihrem Herzen nicht mehr bemeistern konnte, in heftiges Schluchzen ausbrach. Der Gondoliere wurde seinem geliebten Campanile einen Augenblick lang untreu und sah verstohlen nach den beiden jungen Leuten; dann stimmte er eine Oktave des Tasso 58 an, wie das damals allgemein üblich war.
    « Um Himmels willen, um Himmels willen, Morosina», fuhr Celio nun mit flehender und einschmeichelnder Stimme fort.«Sag mir, sag mir, ob du mich nicht mehr liebst! Ich schwöre dir, wenn es so ist, fliehe ich weit, weit weg von dir, wo du nie mehr etwas von mir hören wirst, ob ich nun tot bin oder lebendig, und nie mehr will ich, ob tot oder lebendig, deinen Augen eine einzige Träne entlocken...! Sprich... um Himmels willen!», setzte er hinzu, sie mit den Armen umschlingend und in ihren Augen nach einer Antwort forschend. Doch die schweiften, von Nacht und Tränen verschleiert, durch die dunstigen Nebel der Lagune, während ihr die Sinne im Aufruhr der Leidenschaften zu schwinden drohten.« Sprich, Morosina, wenn du mich nicht liebst...»
    « Oh, ich liebe dich», murmelte das Mädchen unter einem erneuten Schwall von Tränen, als ob sie mit dieser Antwort sich selbst ein schreckliches Unheil verkündete.
    Beglückt atmete Celio auf und schwieg, als würde er sich ganz sammeln im Staunen über eine so himmlische Freude; nur sein Arm umschlang zärtlich die reizende Gestalt des Mädchens. So verharrten sie ein Weilchen, bis Morosina sich wieder fasste und Anstalten machte, sich aus der Umarmung, die sie ihm unwillkürlich gewährt hatte, zu befreien.
    « Jetzt, gerade jetzt, da ich so glücklich bin», hob er wieder an,«willst du dich mir entziehen...? Doch ja, du hast ja recht», fuhr er dann fort, wie entrückt in überirdischer Verzückung.«So viel Glück muss reichen für mich!»Bei diesen Worten zog er den Arm zurück, um zugleich sein Gesicht dem des Mädchens zu nähern.«Aber du liebst mich doch, nicht wahr?», sagte er.«Und wirst du mich immer so lieben wie jetzt? Und wirst mich selig machen mit jedem Lächeln, mit jedem Blick, mit jedem deiner Gedanken...? Liebst du mich...? Ach, es nur ein einziges Mal zu hören, ist wenig, weißt du...! Sollte es dich vielleicht... reuen...? Nein, nein...! Du liebst mich noch ...»
    « Ja, ich liebe dich und habe dich immer geliebt», antwortete Morosina vollkommen ruhig. Bei diesem Geständnis, das nunmehr auch durch die Vernunft bekräftigt wurde, wandte sie sich Celio offen zu.
    Die Lippen des jungen Mannes waren ganz dicht bei den ihren und berührten sie in einem hauchzarten Kuss, der so leise war, dass nichts davon an die aufmerksam lauschenden Ohren des

Weitere Kostenlose Bücher