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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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kurzen Pause mit sanfterer Stimme hinzu.«Und Ihr, und Ihr?», fuhr er fort, so dicht an ihrem Ohr, dass seine Lippen ihr Haar streiften.«Und Ihr, Morosina, wo habt Ihr denn nun Euer Herz?»
    Morosina machte eine Bewegung, wie um von ihm abzurücken, doch ihr war, als sei sie auf ihrem Platz festgenagelt und habe auch nicht die Kraft, sich zu rühren. Antworten wollte sie aber, und da geschah es zum ersten Mal in den zwanzig Jahren ihres Lebens, dass ihr ein Wort auf die Lippen kam und diese sich scheuten, es laut und damit lebendig werden zu lassen. Bis dahin hatte sie ihre Tage hingebracht wie in einem Reigen, in dem man vom Schweigen des Nichts emporsteigt zum Himmel seliger Ewigkeit, alles in ihr war Güte, Frieden, Eintracht gewesen, und all ihr Sinnen und Trachten hatte anderen gegolten; eine so heitere Ausgeglichenheit herrschte in ihrem Gemüt, dass sie für sich selbst weder Furcht noch Zweifel noch Hoffnung gekannt hatte. Nun fühlte sie, wie diese Frage Celios sie mit einem Mal auf sie selbst zurückwarf.
    « Wo habt Ihr Euer Herz?» – Ja, wo hatte sie ihr Herz?
    « Bei dir, bei dir!», hatte es in ihr aus ganzer Seele geantwortet; aber stimmte das denn auch? Oder war ihr Herz nicht viel eher dort oben in Asolo bei ihrer Familie...? Das gestand sie sich selbst ein, indes der Mund immer noch am liebsten die erste Antwort gegeben hätte. Und da sie keine anderen Worte fand, die ihr Genüge getan hätten, schwieg sie, preßte die Hand auf den Busen und seufzte noch einmal tief auf.
    « Erinnert Ihr Euch», fuhr Celio fort, indem er sich in der Dunkelheit ganz über die Schulter des Mädchens beugte, und seine Stimme ließ das Lächeln erahnen, von dem die Worte begleitet waren.« Erinnert Ihr Euch, wie lieb wir uns hatten? Nun, Morosina... sagt schon! Erinnert Ihr Euch?»
    « Immer werde ich mich daran erinnern!», antwortete das Mädchen im Tonfall eines Engels. Das Geständnis der reinsten Liebe hatte endlich den keuschen Schleier gefunden, in den es sich hüllen konnte, und in seiner jungfräulichen Scheu erschien es Celio noch tausendmal schöner.
    « Ah, Ihr erinnert Euch also?», erwiderte er und ließ in seinen Worten all die Freude mitschwingen, die er empfunden hätte, wenn dieses Geständnis unerwartet für ihn gekommen wäre.« Aber wenn Ihr mich damals lieb hattet, dann wird das jetzt doch auch noch so sein? Sind wir nicht immer dieselben geblieben ...? Hat nicht der Zufall selbst es so gefügt, dass wir uns lieben sollen, wenn wir durch seine Gunst hier ganz allein miteinander sind, da man es am wenigsten vermutet hätte?»
    Das Mädchen wandte sich rasch nach dem Heck der Gondel um, denn unwillkürlich erschrak sie bei dem Gedanken, ganz allein mit Celio zu sein, sodass sie für einen Moment fürchtete, der Gondoliere könne verschwunden sein. Doch der beugte sich in gleichmäßigen Bewegungen über sein Ruder und sah angelegentlich auf den Campanile von San Marco, der hinter ihm lag, ganz als sähe er ihn zum ersten Mal. Manch einer wird solche Ängstlichkeit bei einer Jungfrau weder natürlich noch erbaulich finden; doch in der Zeit, von der ich erzähle, war es für Jungfrauen statthaft, über so einiges Bescheid zu wissen, und es war eben Morosinas seltenes Verdienst, sich bei derart schlechten Vorbildern und Reden so rein erhalten zu haben. Celio entging diese unwillkürliche Regung der Furcht nicht, und er war hocherfreut darüber, wusste er doch geringes Zutrauen zu den eigenen Kräften als gutes Vorzeichen zu schätzen. Er hielt es jedoch nicht für zweckmäßig, sich diese Genugtuung anmerken zu lassen, ja, er tat sogar, als sei er verärgert:«Angst habt Ihr, hm?», sagte er bitter.«Angst vor mir, der ich Euch immer der zärtlichste Freund und ergebener Beschützer war? Vor mir, der ich Euch seit Kindertagen eine fast religiöse Liebe geweiht habe ...? Und anderen würdet Ihr Euch furchtlos anvertrauen, überzeugt, ausreichend Kraft zu besitzen, um sie zurückzuweisen und zu beschämen? Doch was Ihr über andere mit einem Verweis oder einem Befehl vermögt, vermögt Ihr das Nämliche über mich nicht mit einem Seufzer oder einem bloßen Blick? Ja, sollte es mir überhaupt möglich sein, Euch mit den gleichen Augen anzusehen, mit denen andere Euch betrachten?»Der Cavaliere hatte diese Rüge in listiger Absicht begonnen, um sie zu guter Letzt für wahr und berechtigt zu halten.
    « Über die anderen würde ich lachen!», sagte das Mädchen treuherzig.
    « Und mir misstraut Ihr!»,

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