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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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veranstalteten! Sie drängten sich zu ihr hin und stimmten einen Chor von Schmeicheleien und Lobhudeleien an, mit denen sie zu wenig vertraut war, als dass sie diese gebührend hätte quittieren können. Doch endlich befreite die Eröffnung des Spiels sie von dieser Greisenbelagerung, und als die Tresette-, Piquet- und Zecchinett-Tische 63 ringsum aufgestellt waren, konnte sie erleichtert aufatmen und sich auf der Suche nach einem Moment der Einsamkeit auf einen Balkon begeben. Doch sie fand Besseres, denn auch Cavalier Terni hatte sich, da er gegen seine sonstige Gewohnheit keine Lust zum Spiel hatte, zurückgezogen, um den Mond zu betrachten, der eben über den Dächern der gegenüberliegenden Palazzi heraufzog. Schon lange hatte der Cavaliere sich nicht mehr allein in Gesellschaft dieses Verbündeten der Liebenden befunden, weshalb er den alten Bekannten in allen Ehren begrüßte. Es fehlte ihm durchaus nicht an feinem Sinn für das Schöne und auch nicht an Empfänglichkeit für anrührende Poesie; doch durch das jugendliche Verlangen nach Trubel und Gesellschaft von seinen natürlichen Neigungen abgelenkt, erschien ihm das unschuldige Vergnügen, mit den Sternen und den eigenen Phantasien Zwiesprache zu halten, was wiederum die Erinnerung an andere Freuden in ihm wachrief, dermaßen neu und unerhört, dass er darüber staunen musste. Woher kam nur seit ein paar Wochen dieses unentwegte Stochern in der Vergangenheit und diese unwillkürliche Selbsteinkehr, weswegen er voller Abscheu die üblichen Zerstreuungen floh und sich in solchen Abgeschmacktheiten gefiel? Unser junger Mann hatte sich ausreichend Übung im Denken und Selbsterkenntnis bewahrt, um sich diese Frage klar und deutlich zu stellen; und er musste sich eingestehen, dass er von einer einzigen Idee, von einer unwandelbaren Leidenschaft beherrscht wurde, weshalb jeder Versuch, sich davon loszumachen, schmerzlich war, jedes Verweilen bei ihr angenehm und eine Wonne jeder Gedanke, jede Erinnerung, die sie noch fester in ihm verankerten. So beherrschte die Liebe zu Morosina ihn ganz; und obwohl er sich sagte, der Appetit schwinde mit dem Essen, und genauso werde auch diese schwermütige Stimmung vorübergehen, war doch nicht weniger wahr, dass ihn angesichts dieses jungen Mädchens sein gewohntes Draufgängertum verließ, das ihm bei anderen Frauen unfehlbar zum Erfolg verhalf. Er sagte sich nochmals, dass solche Phantastereien kindisch seien, und wollte sich eben vom Mond abwenden und in den Saal zurückkehren, als Morosina, wie erwähnt, an die andere Balkontür trat. Ob er wollte oder nicht, die kindische Regung erfasste ihn augenblicklich wieder, und im Schatten, den ein Pfeiler auf die Brüstung warf, folgte er ihr.«Sei mir gegrüßt, Morosina!», flüsterte er dem Mädchen ins Ohr.
    Die wandte sich erschrocken nach dem Saal um, als würde man sie, sollten andere diese Worte hören, bei einem Verbrechen ertappen. Doch die Regung resultierte nicht nur aus Scham, sondern auch aus Furcht, denn die Liebe mag sich nicht nackt wie ein neugeborenes Küken aufscheuchen lassen, noch bevor ihre Schwingen kräftig genug sind zum Flug.
    « Was schaust du dort hinein?», sagte Celio, wieder ganz den Phantastereien verfallen, die er kurz zuvor noch geglaubt hatte, mit einem höhnischen Grinsen abtun zu können.«Schaust du auf diesen Haufen von Schwachköpfen, die sich den Anschein geben, als würden sie sich amüsieren, während die Langeweile ihre ausgestopften Seelen nach Strich und Faden martert...? Schau lieber in mein Herz, da wirst du finden, was dir wieder ein wenig Gottvertrauen geben kann; wenn ich dagegen sie anschaue, möchte ich Ihn bisweilen verfluchen, ich schwör’s dir!»
    « O nein, Celio, wir dürfen unsresgleichen nicht so blind verachten», erwiderte Morosina.«Alles Schlechte hat doch auch seine gute Seite, denn sonst würde Gott es nicht dulden, und wenn man ein Urteil fällt, muss man auch dies berücksichtigen. »
    « Die und etwas Gutes haben! Die und unsresgleichen!», antwortete Celio.«O nein, sag so etwas Falsches nie mehr! Wenn ich sie verachte, weißt du, dann tue ich das nicht blind, wie du meinst, sondern aufgrund langer Erfahrung, und anfangs habe ich ihnen das auch mit jeder Geste und jedem Wort gezeigt. Aber sie sind zu erbärmlich, um es zu bemerken, unfähig, es gewahr zu werden, weshalb ich nun mit ihnen umgehe und spreche, als wären sie bloß nichtige Schatten, und genauso halte ich es mit ihren Frauen, den würdigen

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