Ein Engel mit kleinen Fehlern
das?"
"Du hast mich gebissen", sagte er leise.
"Habe ich nicht!"
"Doch, das hast du." Er knöpfte das Hemd auf und schob es zur Seite, um ihr die kleine Rötung an der Schulter zu zeigen.
Verwirrt starrte Rae darauf. Sie konnte sich nicht daran erinnern, aber das hieß nicht, dass es nicht passiert war.
"Lenk nicht ab", sagte sie.
"Wie du willst. Erzähl mir, was du über Peter Smithfield weißt."
"Für mich steht das Interesse meiner Klientin an erster Stelle.
Es sei denn, du nennst mir einen guten Grund, der dagegen spricht. Selbst dann müsste ich erst mit ihr darüber reden, bevor ich dir helfe."
"Rae ..."
"Wenn du mir erklärst, warum meine Klientin vorläufig auf den Unterhalt für ihre Kinder verzichten sollte, könnten wir vielleicht zusammenarbeiten."
Gabriel seufzte gedehnt. Sie hatte Recht, verdammt noch mal.
Aber er hatte den ausdrücklichen Befehl, sie nicht in diesen Fall einzuweihen. Seine persönliche Meinung zählte nicht.
Als er auf sie zuging, hob sie die Hand, um ihn abzuwehren.
Doch irgendwie landete sie auf seiner Schulter und glitt wie von selbst in seinen Nacken.
Er streichelte ihre Wange, sie schmiegte sich an ihn, und es war wie ein Nachhausekommen. Er küsste sie voller Zärtlichkeit, aber sie wollte keine Zärtlichkeit. Sie wollte Wildheit, eine Leidenschaft, die keinen vernünftigen Gedanken mehr zuließ.
Er schien es zu spüren, denn sie fühlte, wie er ihr Shirt nach oben streifte und nach dem Verschluss ihres BHs tastete.
Das Telefon läutete, und das schrille Geräusch drang durch den Nebel, der sich auf ihren Verstand gelegt zu haben schien.
Sie schob Gabriel fort.
"Geh nicht ran", sagte er heiser.
"Ich muss."
Er küsste sie noch einmal und ließ sie los.
Mit zitternden Händen stopfte sie ihr Shirt in die Hose zurück und griff nach dem Hörer.
"Boudreau Process Service", meldete sie sich. "Ich bin Rae Boudreau."
Es war ein Anwalt, einer ihrer Stammkunden. "Ich habe einen Auftrag für Sie."
"Wer ist es diesmal? Beim letzten Mal fing der Typ an zu weinen, als ich ihm die Papiere gab."
"Sehr komisch", erwiderte er. "Um fünf in meinem Büro?"
"Abgemacht", sagte sie und legte auf.
Gabriel stand am Fenster und drehte sich zu ihr um. "Ich habe wohl gerade ein wenig die Beherrschung verloren."
"Stimmt. Aber es war nicht nur deine Schuld. Ich habe mich auch gehen lassen."
Er zog die Brauen hoch. "Ich habe nicht gesagt, dass es allein meine Schuld war. Und selbst wenn, würde es mir nicht leid tun."
"Augenblick mal..."
"Das zwischen uns ist keine Einbildung", sagte er. "Du kanns t den Kopf in den Sand stecken und so tun, als würdest du es nicht sehen. Aber das würde nichts ändern."
"Okay, das gestern Abend war ein Fehler, aber einer, der sich nicht wiederholen wird."
"Nein?"
"Nein!"
"Das wird sich zeigen." Er marschierte hinaus und warf die Tür hinter sich zu. Einen Moment lang stand Rae reglos da, dann ließ sie sich wieder auf die Schreibtischkante sinken.
Ihr Herz hatte sie verraten, hatte sie dazu gebracht, etwas zu wollen, das sie nicht bekommen konnte. Gabriel MacLaren war zu hart, zu zynisch, zu sehr Polizist. Er war unfähig, sich zu ändern.
Sie konnte ihn nicht bekommen. Natürlich war ihr das von Anfang an klar gewesen.
Oder nicht?
Rae sah auf die Uhr. Sechzehn Uhr dreiunddreißig. Sie musste zu dem Anwalt. Viel lieber hätte sie weiter nach Peter Smithfield gesucht, aber auch sie hatte Rechnungen zu bezahlen.
Sie holte den Umschlag mit dem Bestechungsgeld aus der Schublade und steckte ihn ein. Der Polizei war zuzutrauen, dass sie ihr Büro durchwühlte. Sie verschlüsselte die Liste mit den städtischen Immobilien und schaltete den PC aus.
Natürlich stand der Taurus vor dem Haus. Gabriel sah mit Sonnenbrille toll aus, und ihr Herz schlug schneller.
"Du gehst weg?" fragte er. "Wohin?"
Sie ignorierte ihn und hob den Arm, als sie ein Taxi sah.
Es hielt mit quietschenden Reifen. Sie stieg ein und nannte dem Fahrer die Adresse der Anwaltskanzlei.
Zehn Minuten später hatte sie die Papiere, die für einen gewissen Mr. Dillard bestimmt waren. Weitere zehn Minuten später stieg sie vor Dillards Haus aus dem Taxi, und wie das Glück es wollte, fuhr er genau dann in seine Einfahrt.
Er hatte die Wagentür noch nicht geschlossen, da stand sie schon hinter ihm. "Mr. Dillard?"
Er drehte sich um.
"Ich habe da einige Unterlagen für Sie", sagte sie und drückte sie ihm in die Hand.
Fluchend warf er die Vorladung weg und holte aus. Rae wich
Weitere Kostenlose Bücher