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Ein Erzfeind zum Verlieben

Ein Erzfeind zum Verlieben

Titel: Ein Erzfeind zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alissa Johnson
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nahm die Zügel wieder in die Hand, um die Pferde anzutreiben. »Das gibt uns Stoff zum Nachdenken, nicht wahr?«
    »Vermutlich ja.«
    Es war wirklich gut, dachte Mirabelle, dass der Zweispänner gerade jetzt in die Einfahrt einbog, denn ihr fiel rein gar nichts ein, was sie zu Whit hätte sagen können. Eher überraschte es sie, dass sie überhaupt in der Lage war zu denken.
    Außer …
    Sie hatte Whit geküsst. Whit hatte sie geküsst. Sie hatten einander geküsst.
    Irgendwie gelang es ihr, die Gruppe, die auf der Eingangstreppe wartete, mit einem Lächeln zu begrüßen. Sie antwortete auf Fragen, stellte selbst eine oder zwei und verbarg so gut wie möglich, dass ihre Welt soeben auf den Kopf gestellt worden war. Aber als jemand eine Partie Whist im vorderen Salon vorschlug, lehnte sie ab und zog sich unter dem Vorwand, ihr verletzter Knöchel mache ihr zu schaffen, auf ihr Zimmer zurück.
    Sie schlüpfte – oder humpelte, um genau zu sein – davon, bevor Whit seine Hilfe anbieten konnte, erklomm mühsam die Treppe und erreichte schließlich ihr Zimmer, wo sie benommen auf den weichen Sessel am Fenster sank. Ohne die Aussicht wahrzunehmen, blickte sie hinaus. Ihre Gedanken waren immer noch voll von dem Kuss. Diesem wunderbaren und beängstigenden Kuss.
    Warum war es dazu gekommen, wenn sie doch beide noch vor wenigen Tagen über die Idee gelacht hätten, dass Whit ihr auch nur die Hand küssen könnte?
    Hätte sie darüber gelacht? Sie setzte sich anders hin, als würde körperliches Wohlbehagen das Unbehagen der Wahrheit irgendwie wieder ausgleichen können. Und die Wahrheit war, sie hätte ihm erlaubt, ihre Hand zu küssen. Wenn sie gewusst hätte, dass er es ehrlich meinte, dass es kein Scherz war oder der Beginn einer Beleidigung, hätte sie es als Kompliment aufgefasst und durchaus geschätzt.
    Und nach ihren jüngsten Reaktionen auf seine Berührungen hätte sie sich wohl mehr von diesen Komplimenten gewünscht. Als er sich an jenem Morgen neben sie auf die Bank gesetzt hatte, waren ihre Sinne schlagartig erwacht, und als er sie auf die Arme genommen und den Hügel hinaufgetragen hatte, war sie aufgeregt und nervös gewesen.
    In der inneren Gewissheit, dass nichts daraus werden konnte, hatte sie sich alle Mühe gegeben, ihre körperliche Reaktion auf ihn zu ignorieren. Jetzt war jedoch etwas daraus entstanden. Sie konnte nicht länger so tun, als würde sie nicht merken, wie schnell ihr Herz schlug und wie heiß und empfindsam ihre Haut wurde, wenn er ihr nah war.
    Sie fragte sich, was das wohl zu bedeuten hatte und ob es für Whit etwas bedeutete, und kuschelte sich tiefer in den Sessel. Es gab so viel zu bedenken – zu viel, befand sie, als dass sie hätte versuchen können, alles gleichzeitig zu verstehen. Zumal ihr Knöchel pochte, die Gedanken rasten und ihr Herz klopfte unruhig. Schließlich gab sie der Erschöpfung nach, schloss die Augen und schlief ein.
    Mehrere Stunden später erwachte sie steif und verkrampft, den Hals in unangenehmem Winkel an die Rückenlehne des Sessels gedrückt. Sie stöhnte leise, schüttelte die Müdigkeit ab und setzte sich auf, um einen Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims zu werfen. Draußen war es dunkel, aber es war noch nicht einmal acht Uhr. Sie hatte Zeit, sich etwas herzurichten und vielleicht die schlimmsten Verspannungen durch einen kurzen Spaziergang vor dem Abendessen zu lindern.
    Wegen des verletzten Knöchels und weil sie immer noch erschöpft war, fiel es ihr schwer, sich umzuziehen. Aber wenn sie jetzt um Hilfe läutete, würde es wahrscheinlich Lizzy sein, die kam, was die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass Evie oder Kate ebenfalls erschienen. So sehr sie ihre Freundinnen liebte, wollte Mirabelle doch etwas Ruhe vor dem Abendessen, um einen klaren Kopf zu bekommen und ihre Gedanken zu ordnen.
    Sie stieg eine der Nebentreppen hinab, in der Hoffnung, niemandem zu begegnen, doch als sie den Fuß der Treppe erreichte, verrieten ihr laute Stimmen in der Halle, dass sie nicht ungestört bleiben würde.
    »Hör auf damit! Gib sie zurück!«
    Als Mirabelle um die Ecke trat, fand sie die kleine Isabelle Waters, die kaum sechs Jahre alt war, im Streit mit dem dreizehnjährigen Victor Jarles vor.
    »Gib sie mir wieder!« Isabelle stampfte wütend mit dem Fuß auf, während bereits die ersten Tränen fielen. »Gib sie wieder her!«
    »Was ist denn hier los?«, fragte Mirabelle und trat zwischen die beiden.
    »Victor hat mir meine Caro weggenommen!«
    Mirabelle drehte

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