Ein Fall für Perry Clifton
ein Teufelskerl, Dicki. Verdammt noch mal, auf diese Idee hätte ich ja eigentlich auch kommen müssen. Hier — fang auf. Dein Hinweis ist mir einen ganzen Shilling wert.“
Flink fängt Dicki die Münze auf.
„Vielen Dank, Mister Clifton“, strahlt er hocherfreut. Perry ist plötzlich voller Eifer. Aufgeräumt ruft er Dicki zu:
„Hol die Zeitschriften aus der Ablage. Irgendwo muß der Name des Chauffeurs stehen.“
Doch Dicki kichert nur verschmitzt und macht keine Bewegung.
„Ich glaube, ich habe noch einen Shilling verdient.“
„Nanu — seit wann bist du so außerordentlich geschäftstüchtig? Und vor allen Dingen — warum hast du dir noch einen Shilling verdient?“
„Weil ich den Namen des Chauffeurs auswendig kenne. Er heißt Frank Villa und wohnt im Haus des Barons“, verkündet Dicki triumphierend.
Perry spielt den Sorgenvollen und Zerknirschten.
„Dein Gedächtnis ist mir unheimlich. Wenn das so weitergeht, muß ich dich noch an meiner Belohnung beteiligen.“
Dicki macht eine großzügige Geste und meint dazu leichthin:
„Die überlasse ich Ihnen. Ich bin schon zufrieden, wenn ich noch einen Shilling kassieren kann.“
„Dicki, Dicki — was bist du doch für ein gerissener Halunke. Frei nach dem Sprichwort, der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.“
„Mein Großvater sagt immer , ,Fünf Shilling in meiner Tasche sind besser als ein Pfund in der Tasche eines anderen’.“
„Dein Großvater scheint ein kluger Mann zu sein. Hier hast du noch einen Shilling für deine Tasche.“
Die zwei Münzen scheinen Dickis Gedächtnis mächtig angekurbelt zu haben.
Während Perry mit der Kaffeekanne balanciert, Wasser aufsetzt und zwei altbackene Brötchen auf die heiße Herdplatte legt, sitzt Dicki fast bewegungslos auf seinem Stuhl. Nur die Zunge fährt wie ein aufgescheuchtes Huhn über die Lippen... hin — her...
„Mister Clifton — mir ist gerade eingefallen, was die Zeitungen über Mister Frank Villa geschrieben haben...“
„Und was haben sie geschrieben?“
„Nichts!“
„Aber Dicki, jetzt hast du mich aber enttäuscht. Ich glaubte tatsächlich, du wüßtest mehr als ich.“
Dicki macht ein gekränktes Gesicht.
„Sie haben nur geschrieben, daß sich Frank Villa an nichts mehr erinnern kann. Das heißt, nachdem er eins auf die Rübe...“
„Dicki!!“
„Ich meine, nachdem er den Schlag auf den Kopf bekommen hat.“ Und aufgebracht setzt er hinzu: „Manchmal sind Sie wie Miß Carter. Die legt auch jedes Wort auf die Goldwaage.“
„Na, Dicki — ehrlich: Manchmal wird Miß Carter ja auch recht haben — oder?“
Dicki beginnt sich aufgeregt mit einem Knopf an seiner Jacke zu beschäftigen. Das scheint eine fürchterlich spannende Sache zu sein, denn auf Perrys Frage kommt keine Antwort. Im Gegenteil: Da hilft man nun seinem besten Freund beim Nachdenken, und was kommt dabei heraus?
Plötzlich rümpft Dicki die Nase und zieht schnuppernd die Luft ein.
„Hier stinkt es, Mister Clifton!“
„Ach du liebe Güte“, erinnert sich Perry, „das ist mein Frühstück.“ Mit zwei Sätzen verschwindet er in der winzigen Küche. Gleich darauf hört ihn Dicki schimpfen:
„So ein verflixter Käse... Das sind keine Brötchen mehr, das ist die reinste Holzkohle.“
Dicki kann sich eines schadenfrohen Grinsens nicht erwehren. Das ist die Rache für die „Miß Carter“ von vorhin, stellt er befriedigt fest. Als ihm jedoch die zwei Shillinge einfallen, regt sich sein schlechtes Gewissen.
„Mutter hat bestimmt noch ein paar Brötchen übrig.“
Aber Perry hat bereits anders beschlossen.
„Ich werde unterwegs frühstücken“, eröffnet er Dicki.
„Und anschließend werde ich jemandem einen Besuch abstatten.“
„Frank Villa?“ fragt Dicki gespannt.
„Ja, Frank Villa. Dem Mann, der sich an nichts mehr erinnern kann.“
Dicki nagt gedankenvoll an seiner Unterlippe.
„Kann ich mit?“
„Nein, Dicki, das ist tatsächlich nichts für dich. Aber ich verspreche dir, daß ich dich bei der nächsten besten Gelegenheit zu einem Ausflug einlade. Sagen wir mal — wenn der Fall Kandarsky-Diamanten abgeschlossen ist. Einverstanden?“
Was bleibt Dicki weiter übrig, als „ja“ zu sagen. Doch ist seine Stimme alles andere als begeistert. Und als Perry jetzt noch sagt, daß er gehen müsse, ist er sicher, daß es der langweiligste Sonntag seit Monaten wird. Wenn er wüßte, was ihm heute alles noch bevorsteht...
Ein drittes Mal nach
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