Ein Fall für Perry Clifton
verschwindet die Banknote. Diesmal in Franks Tasche.
Seufzend setzt er sich wieder hin.
„Ich kann mich nicht erinnern, daß der Baron ein solches Verbot ausgesprochen hat — oder du, Gwendolyn?“
Mistreß Villa schüttelt stumm den Kopf.
„Also, Mister — was wollen Sie wissen?“
Perry leiert eine Reihe von Fragen herunter. Fragen, deren Beantwortung ihn überhaupt nicht interessiert, da er darüber bereits genau informiert ist. Fast eine halbe Stunde plätschert so das Frage- und Antwortspiel hin und her. Doch dann stellt Perry ganz nebenbei eine Frage, die in überhaupt keinen Zusammenhang zu seinen bisherigen Fragen zu bringen ist — oder?
„Sagen Sie mal, Mister Villa — was ist eigentlich aus Kathrin geworden?“
Villa ist für einen Augenblick verblüfft. Dann fragt er ahnungslos: „Aus Kathrin? Meinen Sie Kathrin Gillan?“ Perry läßt sich nicht anmerken, wie alles in ihm gespannt ist. Mit dem harmlosesten Gesicht bestätigt er:
„Ja, Kathrin Gillan, so hieß sie wohl.“
„Sie liegt im Krankenhaus. Soviel ich weiß, hat sie sich den Blinddarm herausnehmen lassen müssen.“
„Aha... in einem Londoner Krankenhaus?“
„Nein, im St.-Anna-Stift in Hertford. Aber warum fragen Sie nach Kathrin?“
Perry weiß, daß er jetzt antworten muß, wenn er keinen Verdacht erregen will. Und er tut es leichthin... eben so, wie man sich nach jemandem erkundigt...
„Ich sah sie früher oft hier im Haus... Bei meinem letzten Besuch ist mir aufgefallen, daß sie nirgends zu sehen war.“
Frank überlegt einen Augenblick mit gerunzelten Augenbrauen. Dabei kratzt er sich nachdenklich an seinem unrasierten Kinn. „Kathrin war doch nie hier im Haus. Sie verwaltet doch die Jagdhütte in Hertford...“
Perry atmet schneller. Nur nichts anmerken lassen, geht es ihm durch den Sinn.
„Soso... vielleicht habe ich mich geirrt...“ Und jetzt hat er es plötzlich sehr eilig.
Zutraulich beugt er sich Villa zu. „Sie waren sehr freundlich, Frank. Wenn ich mal etwas für Sie tun kann — kommen Sie zum Daily Mirror.“
„Ich werde mich daran erinnern, Mister“, lächelt Frank geschmeichelt.
Als Perry schon an der Tür ist, wendet er sich noch einmal um. „Wetten Sie am nächsten Sonntag auf ‚Fortuna’ — sie wird das Rennen machen.“ Bevor Villa noch zu einer längeren Unterhaltung ansetzen kann, ist Perry um die Hausecke verschwunden. Im gleichen Augenblick hat er auch schon nach seinem Würfel gegriffen — unsichtbar kehrt er auf demselben Weg zurück, den er gekommen ist.
Perrys Laune ist hochgestimmt. Er hat einen ungeheuren Verdacht. Und je länger er in Gedanken diesem Verdacht nachgeht, um so sicherer wird er, daß etwas an seinen Überlegungen dran sein muß.
Vor sich hin summend und hin pfeifend eilt er seiner Wohnung in Norwood zu.
Das Geheimnis der Jagdhütte
Zu Hause angekommen, wechselt Perry Clifton die Kleidung. Aus unerfindlichen Gründen zieht er wieder seine neuen grauen Hosen und das blaue Tweedjackett an.
Er lächelt still in sich hinein, als er Minuten später an der benachbarten Tür mit dem Namensschild „Miller“ klingelt. Mistreß Miller öffnet.
„Oh, Mister Clifton...“ ruft sie überrascht aus, als sie Perrys ansichtig wird.
„Mistreß Miller — darf ich Ihnen Dicki für heute nachmittag entführen? Ich möchte einen kleinen Ausflug nach Hertford machen... und ich habe es Dicki versprochen, daß ich ihn einmal mitnehme...“
Perry hat ein bißchen ein schlechtes Gewissen, als er Mistreß Millers überraschtes Gesicht sieht und sie sagt:
„Ich glaube, Sie verwöhnen Dicki, Mister Clifton.“
„Wir sind nur gute Freunde, liebe Mistreß Miller... Also, wenn Sie es erlauben — er soll in einer Viertelstunde bei mir klopfen...“
„Er wird sich riesig freuen...“
Perry geht in seine Wohnung zurück. Er trifft noch einige Vorbereitungen für seinen „Ausflug“ nach Hertford. Genaugenommen ist ihm nicht ganz wohl, wenn er an Dickis Mitkommen denkt. Doch dann tröstet er sich: Es dient ja einer guten Sache.
Sieben Minuten später steht Dicki mit strahlenden Augen vor ihm.
„Donnerwetter, Dicki, du siehst ja direkt vornehm aus“, empfängt ihn Perry.
Über Dickis Miene huscht ein Schatten, und geplagt seufzt er: „Ich kann nichts dafür, daß sie mich in den Anzug gesteckt haben. Hätte lieber meine alten Klamotten angezogen...“
„Wer schön sein will, muß leiden“, orakelt Perry.
„Ich will ja gar nicht schön sein“, protestiert sein
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