Ein Fall für Perry Clifton
wenn die Polizei käme... oder... oder...“ Dicki fällt kein stärkeres Argument ein, und so sieht er Perry nur beschwörend an.
„Dicki — ich mache dir einen Vorschlag: Sollte sich mein Verdacht nicht als richtig erweisen, gehe ich morgen zu Baron Kandarsky und beichte ihm, daß ich in seine Jagdhütte eingebrochen bin. Ist das ein Vorschlag?“
Es dauert eine ganze Weile, bis Dicki zustimmend nickt. Dabei ist ihm tatsächlich nicht wohl in seiner Haut...
„Also dann — und denk an den Kuckucksruf, wenn jemand kommt. Bis nachher...“
Dicki hockt sich an einen Baumstamm, während seine Augen Perry Clifton verfolgen. Um ihn sind nur noch die Geräusche des Waldes.
Es dauert Minuten, dann sieht Dicki, wie Perry zwei Fensterläden aufstößt. Das Quietschen muß meilenweit zu hören sein, denkt er und blickt sich unwillkürlich ängstlich um. Dicki sieht, wie ihm Perry aufmunternd zuwinkt... dann ist er wieder sich selbst überlassen...
Perry dagegen durchstöbert ohne Rücksicht auf Spuren das Haus, das unten aus vier großen Räumen und einer Küche und oben aus zwei Kammern und einem Badezimmer besteht. Alles ist peinlich genau aufgeräumt, und nur der fingerdicke Staub auf den Möbeln zeigt an, daß das Haus seit längerer Zeit nicht bewohnt wird.
Die Dielen knistern und knacken, und manchmal fährt Perry erschrocken zusammen... Während er unterm Dach beginnt, hört er noch einmal des Barons Worte...
„…und vergiß nicht, daß die Uhr sowieso nicht geht...“
Ja, die Uhr. Schon die erste Uhr, die Perry in die Hände fällt, geht nicht. Es ist ein kleiner blau-weißer Wecker. Als ihn Perry aufzieht, tickt er brav und zuverlässig...
Nach zehn Minuten hat Perry die oberen Räume systematisch von unten nach oben gedreht. Aber außer dem Wecker entdeckt er keine weitere Uhr...
„…Und vergiß nicht, daß die Uhr sowieso nicht geht…“ Oder hatte der Baron „nie“ gesagt?
Er sucht weiter.
Diesmal im Erdgeschoß. Im ersten Zimmer, einem Rauchsalon, gibt es drei Uhren. Perry zieht sie der Reihe nach auf. Eine Kaminuhr, eine kleine venezianische Tischuhr und eine Pendeluhr an der Wand... und alle ticken sie wieder... alle drei... in das nächste Zimmer.
Perry wird von einer seltsamen Unruhe ergriffen. Sein Hals ist ausgetrocknet, und bevor er im zweiten Zimmer beginnt, trinkt er in der Küche einen Schluck Wasser. Es ist lauwarm und es schmeckt nach Eisen...
Da, er zuckt erschrocken zusammen... eine Uhr beginnt zu schlagen... einmal — zweimal... Wieso nur zweimal, überlegt Perry krampfhaft, es muß mindestens vier Uhr sein... er blickt auf seine Armbanduhr — sieben vor vier... Da fällt ihm ein, daß er die Uhren zwar aufgezogen, jedoch nicht gestellt hat. Erleichtert atmet er auf.
Im zweiten Zimmer findet er nicht eine einzige Uhr... aber damit gibt er sich nicht zufrieden. Es kann ja auch so ein Ding versteckt sein. Behutsam tastet er in Schränken und Behältern nach einem verdächtigen Zeichen... Nicht den kleinsten Winkel läßt er außer acht... Er hebt jeden Deckel, jedes Brett und jede Zeitung hoch...
Dicki ist die Zeit lang geworden. Er hockt längst nicht mehr an seinem Baumstamm,
Ihm ist die ganze Angelegenheit mit einem Male recht unheimlich geworden. Bei jedem Knacken, bei jedem Rascheln fährt er erschrocken zusammen... Immer wieder sieht er in Richtung des Hauses... von Perry keine Spur.
Einmal war er nah daran, einfach ins Haus zu gehen und zu sagen: Hier bin ich — ich habe ein wenig Angst. Aber würde ihn Perry nicht auslachen und einen Feigling schimpfen? Er, Dicki Miller, ein Feigling? Dem konnte er sich unmöglich aussetzen. Überhaupt, Perry... Wie oft schon hatte ihm Perry Vorträge über Recht und Unrecht gehalten. Hatte ihm erklärt, warum selbst ein einziger gefundener Penny nur geliehen sei. Geliehen sozusagen beim Verlierer. Er hatte ihn gelehrt, daß die gute Tat viel schwerer wiege, wenn sie persönliche Opfer verlange. Und jetzt? Jetzt dringt er so einfach in ein fremdes Haus ein?
Vor lauter Nachdenken hat Dicki ganz die ihm zugedachte Aufgabe vergessen.
Doch nun hört er es. Siedendheiß überkommt es ihn.
War es zuerst nur ein entferntes undeutliches Summen, so ist es jetzt ein dumpfes, gleichmäßig stärker werdendes Brummen...
Es muß ein Auto sein. Dicki schluckt heftig.
Zögernd hebt er die Kuckuckspfeife... setzt sie an die Lippen — und läßt die Hand wieder sinken. Vielleicht fährt das Auto auf dem Waldweg weiter, überlegt er. Doch
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