Ein Fall für Perry Clifton
Dackel“, erinnert sich Popper eifrig... Auch Frank Oster tritt jetzt zu den beiden.
„Ich war gestern abend in der Vorstellung“, wirft er ein. „Es hat mir ganz gut gefallen...“
„Madame will eine Verlustanzeige erstatten“, unterrichtet Popper seinen Kollegen.
„Mein Dackel Jocky ist heute nacht gestohlen worden!“
„Ihr Dackel Jocky ist gestohlen worden?“ kommt es aus beider Mund zugleich. Und es wäre glatt gelogen, wolle man behaupten, daß die beiden Polizisten besonders intelligent auf Madame blicken.
Es dauert eine Weile, bis bei Sergeant Popper der Penny gefallen ist und er seine Fassung wiedergewonnen hat.
„Aber liebe Frau, wir können doch nicht wegen jedes x-beliebigen Dackels oder Hundes eine Großfahndung vom Stapel lassen...“
Vielleicht wäre Sergeant Poppers Erwiderung etwas vorsichtiger gewesen, hätte er die Reaktion der Zirkusdame vorausgesehen.
Wie eine Furie schnellt sie auf ihn zu und hebt drohend die Fäuste. Dazu bellt ihre Baßstimme zornig:
„Mein Jocky ist kein x-beliebiger Dackel, Sie... Sie... Sie komischer Inspektor... Mein Dackel ist die Attraktion von Paddlestone!“ Dazu stampft sie zornig mit dem Fuß auf.
Poppers Kollege schiebt sich behutsam an die explosive Lady heran, während er aus den Augenwinkeln nach einem eventuell notwendigen Rückzugsweg ausspäht. Man weiß schließlich nie, was bei solchen Leuten im nächsten Augenblick passiert. Vielleicht werfen sie plötzlich mit ihren Schuhen um sich oder versuchen, einem das Gesicht zu zerkratzen. Sich zu einem freundlichen Lächeln zwingend, rückt er Madame Porelli einen Stuhl zurecht. Er tut es mit der Schnelligkeit eines Jongleurs, um sich sofort wieder auf sicheren Abstand zurückzuziehen.
„Bitte, nehmen Sie doch Platz, wir wollen die Angelegenheit in aller Ruhe besprechen.“
Mit einem tief aus der Brust kommenden Knurren setzt sich Madame Porelli.
„Sie müssen doch einsehen, liebe Madam, daß es unmöglich ist, wegen eines Hundes den ganzen Polizeiapparat zu alarmieren“, versucht Frank Oster seinen Standpunkt beweiskräftig darzulegen. Als er sieht, wie Madame Porelli aufbegehren will, hebt er beschwörend die Hände hoch. „... ich weiß! Auch wegen eines so profilierten Dackels, wie es der Ihre ist, scheidet eine Großfahndung aus.“ Sich vorsichtig heranpirschend, kommt Sergeant Popper seinem Amtskollegen zu Hilfe.
„In London werden jeden Tag fast zwei Dutzend Tiere als verloren erklärt. Stellen Sie sich vor, wir müßten jedesmal eine Großfahndung einleiten. Die gesamte Polizei wäre nur noch hinter Hunden, Katzen, Schildkröten und Kanarienvögeln her.“
Fast scheint es, als wolle sich Madame den Gegebenheiten beugen. Resigniert lehnt sie sich im Stuhl zurück.
„Aber mein Hund ist nicht entlaufen. Er wurde gestohlen.“
„Na schön“, seufzt Popper, „dann mal der Reihe nach. Was haben Sie heute abend nach Ihrem Auftritt gemacht? ... Einen Augenblick noch, Madam... Frank, spanne einen Bogen Papier ein und schreibe mit…“
Frank Oster begibt sich zu der altersschwachen Schreibmaschine in der Ecke des Reviers und spannt mit spöttischer Miene ein Blatt Papier ein. „Okay, Gary!“ ruft er danach Popper zu.
„Also, Madam — wie war das heute abend?“
Madame Porelli hat die Hand über die Augen gelegt und beginnt mit stockender Stimme zu berichten...
„Gleich nach dem Auftritt bin ich mit Jocky in meinen Wohnwagen gegangen. Ich habe mich umgezogen und dann Jockys Fleisch aus dem Küchenwagen geholt.“
„Und wo steckte Jocky in dieser Zeit?“
„In meinem Wohnwagen natürlich!“
„Weiter
„Was weiter? Als ich zurückkam, war Jocky verschwunden... Spurlos verschwunden.“
Gary Popper räuspert sich vernehmlich, da Madame keine Anstalten macht, ihre Hand von den Augen zu nehmen...
„Hm...“ brummt er dann. „Hatten Sie die Tür des Wohnwagens offengelassen, als Sie nach dem Fleisch gingen?“
Überrascht sieht Madame Porelli auf. ,Was soll diese Frage?’ könnte ihr Blick heißen...
„Ich fragte, ob die Tür Ihres Wohnwagens während Ihrer Abwesenheit geöffnet war“, wiederholte Popper seine Frage-
„Ich weiß es nicht mehr. Vielleicht — vielleicht auch nicht. Aber das hat überhaupt nichts zu bedeuten. Jocky würde niemals allein weglaufen — wenn Sie darauf hinauswollen.“
„Schon gut!“ brummt der Sergeant ungeduldig. „Ich wollte nur feststellen, daß der Dackel rein theoretisch gesehen die Möglichkeit zum Fortlaufen
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