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Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Welle der Heiterkeit durch die dichtbesetzten Reihen.
    Mit einer Handbewegung zur Kapelle ruft Madame mit dröhnendem Baß: „Ich bitte um Musik.“
    Gedämpft beginnt die Kapelle einen Walzer zu spielen. Jockys Vorstellung beginnt.
    Madame Porelli hat einen Schirm aufgespannt und spaziert gemächlichen Schrittes durch die Manege. Dabei wirft sie immer wieder kleine Würfel wahllos in das den Boden bedeckende Sägemehl. Zu guter Letzt tritt sie die Würfel noch mit dem Schuh fest, so daß sie nicht mehr zu sehen sind.
    Jocky dagegen stolziert nur auf den Hinterbeinen Madame Porelli nach, gräbt die Würfel wieder aus und trägt sie in der Schnauze zu einer Holzkiste mit Deckel. Während er mit einer Vorderpfote den Deckel hebt, läßt er den Würfel hineinfallen. Und schon macht er sich wieder auf die Suche nach dem nächsten Würfel. Das wiederholt sich genau zehnmal, dann hat er alle zusammen. Madame Porelli ist zur Mitte der Manege zurückgekehrt und macht eine kurze Verbeugung.
    Dröhnender Applaus füllt das Zelt. Das Klatschen und Johlen will gar kein Ende nehmen.
    Auf ein Zeichen von Madame richtet sich Jocky auf die Hinteipfoten auf und läßt wieder ein kräftiges Bellen hören.
    Mit einem leisen Streicheln entfernt Madame Porelli etwas Sägemehl von seinem glänzenden braunen Fell.
    Und dann hebt sie wieder die Hand. Es ist fast eine herrische Bewegung, mit der sie die Zuschauer zum Schweigen bringt.
    „Wenn Sie glauben, meine Herrschaften, daß das alles ist, so muß ich Sie überraschen. Jockys größte Leistung kommt erst“, verkündet sie und genießt die neugierigen Blicke auf den Rängen.
    „Jeder Würfel ist numeriert. Von eins bis zehn. Ihre Aufgabe ist es jetzt, Jocky zu sagen, welche Zahl er aus der Kiste herausholen soll... Na, junger Mann, nenn mir eine Zahl...“
    Madame Porelli ist vor Dicki hingetreten und blickt ihn an. Dicki, so plötzlich in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt, schrumpft förmlich in sich zusammen... Sein Hals ist wie zugeschnürt.
    „Ich???“ bringt er gerade noch heiser heraus.
    „Ja, du!“ erwidert Madame Porelli mit spöttischer Stimme und will sich schon wieder von Dicki abwenden. Doch der hat inzwischen einen Blick mit Perry Clifton getauscht, und als ihm Perry aufmunternd zunickt, ruft er laut und vernehmlich: „Sechs, bitte...“
    „Na also“, schnarrt Madame Porellis Baß. „Ich dachte schon, du könntest noch nicht bis zehn zählen.“
    Mit einigen schnellen Schritten ist sie in die Mitte der Manege zurückgekehrt. Totenstille ist ringsum, als sie jetzt ihrem Dackel zuruft:
    „Hast du es gehört, Jocky — der junge Mann wünscht den Würfel mit der Nummer sechs.“
    Jocky läßt ein kurzes Bellen hören, bevor er zur Kiste springt. Es dauert nur Sekunden, bis er einen der Würfel mit der Schnauze herausgefischt hat.
    Madame Porelli hat ihm den Würfel aus der Schnauze genommen und tritt nun vor einige Zuschauer hin.
    „Bitte, überzeugen Sie sich“, fordert sie die Besucher auf, und das heftige Nicken der Befragten zeigt an, daß Jocky den richtigen Würfel herausgeholt zu haben scheint. Aufs neue brandet der Beifall auf.
    Dieses Schauspiel wiederholt sich genau fünfmal. Und immer ist es das gleiche. Jocky irrt sich kein einziges Mal.
    Als Madame Porelli abtritt, gleicht das Zelt einem Hexenkessel. Man klatscht, tobt und schreit sich heiser. Mit einem Wort: Die Dackelnummer war ein voller Erfolg.
    Nach der Pause kommt das beliebte Eselreiten. Doch keinem der zahlreichen Besucher gelingt es, sich länger als ein paar Sekunden auf dem Eselsrücken zu halten. Und groß ist die Schadenfreude, wenn wieder einer mit dem Gesicht zuerst in dem Sägemehl gelandet ist.
    Und weiter geht das Programm. Als zum Schluß das große Finale mit dem Aufmarsch aller Tiere und Artisten beginnt, sieht man allenthalben nur zufriedene Gesichter. Es hat ihnen gefallen. Und sie werden es weitererzählen.
    Vielleicht ist die Vorstellung morgen auch wieder ausverkauft.

    Wenig später sitzen Perry Clifton und Dicki Miller im Omnibus, der sie nach Norwood zurückbringen soll. Versonnen blickt Dicki vor sich hin. Er scheint mit seinen Gedanken weit weg zu sein, denn als ihn Perry in diesem Augenblick leicht anstößt, zuckt er zusammen.
    „He, Dicki, was ist los mit dir? Worüber denkst du so scharf nach?“
    „Glauben Sie, Mister Clifton, daß es lange dauert, bis man einem Dackel so etwas beigebracht hat?“
    Perry muß lachen. Und als er Dickis

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