Ein Fall für Perry Clifton
dagegen hat er jeden Zeitbegriff. Er weiß nicht, daß er schon weit über eine halbe Stunde hinter dem seltsamen Gespann her ist. Und — noch schlimmer — er hat jegliche Orientierung verloren.
Dicki hat keine Ahnung, wo er sich befindet... bis zu dem Augenblick, wo die Straße zu Ende ist.
Dicki spürt mehr als er sieht, daß da vor ihm das dunkle, unheimliche Band der Themse sein muß. Und es sieht so aus, als wolle die Frau geradewegs in die schwarzen Fluten des Flusses steigen.
Dicki atmet den typischen Geruch des Wassers ein und erschauert. Wie ausgestorben liegt die Gegend da, und Dicki wirft einen ängstlichen Blick um sich.
Sekunden später durchfährt es ihn siedendheiß.
Wo ist die Frau mit dem Dackel?
Dicki beschleunigt seine Schritte. Er kann es nicht vermeiden, daß er dabei Geräusche macht.
Schon hört er das Wasser an die Ufermauern schlagen... Dieses satte, schmatzende Klatschen...
Da... beinahe wäre er gestürzt. Der Nebel hat die Straße glitschig werden lassen...
Dicki bleibt stehen.
Vor sich sieht er plötzlich eine Reihe Hausboote liegen. Ihr leichtes und geräuschloses Schaukeln ist kaum wahrnehmbar.
Es sind fünf an der Zahl... In zweien davon brennt Licht.
Und dann sieht er auch die Frau mit dem Dackel...
Ein unbeschreibliches Triumphgefühl steigt in ihm auf, als er beobachten kann, wie sie in diesem Augenblick über die Planken balanciert.
Eine Minute später ist sie im Inneren des Bootes verschwunden. Dicki prägt es sich genau ein: Es handelt sich um das fünfte und letzte Hausboot in der Reihe-
Zurück. Er muß Perry holen.
So schnell ihn seine Füße tragen, läuft Dicki den Weg zurück...
Doch schon bei der zweiten Straße stutzt er.
Kam er von rechts? Oder war es die nach links abgehende Straße gewesen?
Fast wird es ihm schlecht bei dem Gedanken, sich rettungslos verlaufen zu haben.
Atemlos hastet er die Straße nach rechts entlang... Nach zweihundert Metern stoppt er ab... alles kommt ihm fremd und drohend vor... Er kann sich beim besten Willen nicht erinnern, ob er vorhin hier vorbeigekommen ist.
„Bitte, Sir, wie finde ich zur Wourcester-Street?“ fragt er keuchend einen Mann, der ihm leicht schwankend entgegenkommt.
„Wourcester-Street?“ fragt der augenscheinlich Beschwipste und beginnt im gleichen Augenblick laut und grölend zu singen:
„Worcester-Sauce eß ich nicht... Worcester-Sauce eß ich nicht...“ Dazu tanzt er, seinen Hut schwingend, um Dicki herum.
Voller Entsetzen hastet Dicki weiter... bis ihm der rettende Einfall kommt: ,Ein Taxi brauche ich... ich muß ein Taxi finden...’
Und als habe jemand diesen Stoßseufzer gehört, biegt zwei Minuten später ein leeres Taxi in die Straße ein.
Dicki springt beglückt vom Gehsteig hinunter und fuchtelt wie wild mit den Armen...
„Ich möchte in die Wourcester-Street“, bittet er höflich, ohne sich weiter um den mißtrauischen Blick des Taxichauffeurs zu kümmern.
„Kannst du denn bezahlen?“
„Ich nicht, aber mein Freund Perry... der wartet nämlich in der Wourcester-Street auf mich.“
Perry Clifton ist in einer Art Panikstimmung. Bereits sechsmal ist er die Wourcester-Street in ihrer ganzen Länge abgelaufen.
Eine Minute vor viertel acht... Die Nebelschwaden sind jetzt so dicht geworden, daß er nur die Hälfte der Straße absehen kann.
Wo mag der Junge nur stecken...
Perry Clifton überlegt ernsthaft, ob er die Polizei benachrichtigen soll. ,Was antworte ich Mistreß Miller, wenn sie mich nach Dicki fragt?“
Perry kommt nicht mehr dazu, diese Frage zu Ende zu denken.
Entsetzt springt er zur Seite, als neben ihm ein Wagen mit kreischenden Bremsen zum Stehen kommt.
Er will schon zu einer Schimpfkanonade ansetzen, als ihm Dicki entgegenspringt.
„Ich hatte mich verlaufen, Mister Clifton“, sprudelt es aus ihm.
„Dicki“, würgt Perry heiser heraus, und sämtliche Empfindungen liegen in diesem einen Wort.
„Ich habe sie gefunden... ich weiß, wo sie wohnt...“ überschlägt sich Dickis Stimme.
Perry sieht seinen Freund an, als handle es sich um einen zufällig gelandeten Marsbewohner. Er hat keine Ahnung, wovon Dicki spricht.
Das einzige, was er mit aller Deutlichkeit empfindet, ist, daß er wieder da ist. Erst die Worte des Chauffeurs bringen ihn in die Wirklichkeit zurück.
„Bitte, Sir, kann ich mein Geld haben?“
Perry Clifton ist so durcheinander, daß er dem Fahrer eine ganze Pfundnote in die Hand drückt. Letzterer, aus Angst, der spendable Herr
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