Ein Fall für Perry Clifton
verstummt. Der Mann steht von Perry nur noch durch eine Holztür getrennt...
Ein zögerndes Klopfen...
Mit einem Krach hat Perry die Tür aufgerissen. Mit eisernem Griff krallen sich seine Finger in die Joppe des entsetzten Mannes.
„Heiliger Strohsack...“ stammelt der Fremde erschrocken und macht eine abwehrende Bewegung... „Müssen Sie mich so erschrecken, Mister... nun lassen Sie doch schon meine Jacke los!“
„Sie scheinen keine guten Nerven zu haben... hatten wohl nicht mit mir gerechnet, he?“ Perrys Stimme ist spöttisch, und doch spürt man die Wachsamkeit in seinen Worten. Er ist seiner Sache so sicher, daß ihn die Enttäuschung um so härter trifft.
Nämlich, als der Mann jetzt sagt: „Wieso nicht erwartet? Wäre ich sonst hierhergekommen? Hier — ich soll Ihnen diesen Brief geben.“
Perry hat den Mann losgelassen, der in seiner Joppentasche zu nesteln beginnt. Mit wütendem Gesicht hält er Clifton einen zerknitterten Brief hin.
„Brief?... Was für einen Brief?“ Perry Clifton scheint restlos durcheinander zu sein. Diesmal ist der Spott auf seiten des Mannes.
„Bin ich ein Hellseher? Die Lady hat nur gesagt, daß ich den Brief hier auf dem Boot abgeben soll.“
„Das muß ein Irrtum sein, lieber Mann. Ich gehöre nicht auf das Boot.“
„Hm...“ nuschelt der Fremde, „sie sagte eigentlich noch was von einem Jungen...“
Perrys Verblüffung wächst weiter. „Dicki??... der ist auch hier...“
„Dann wird es schon stimmen... ach, ich soll Ihnen noch sagen, daß der Hund am liebsten warme Milch trinkt.“
Perrys Stimme ist heiser vor Erregung. Unwillkürlich greift er nach dem Arm des anderen.
„Wie sah die Lady aus?“
„Lassen Sie mich doch los... wie soll sie schon ausgesehen haben. Wie ‘ne verschleierte Lady eben aussieht. Außerdem hat sie mir ein ganzes Pfund für den Weg gegeben... Kann ich jetzt gehen?“
Clifton scheint die Frage nicht gehört zu haben.
„Würden Sie die Dame wiedererkennen?“
„Kaum. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß sie einen Schleier vor der Nase hatte... aber da fällt mir noch etwas ein: sie hatte eine sehr tiefe Stimme.“
Perrys Stimme ist jetzt ruhig und sachlich. Er hat sich wieder in der Gewalt. Und mit leiser Stimme fragt er:
„Wo hat Sie Ihnen den Brief gegeben?“
„Am Soloster-Square... ungefähr zehn Minuten von hier.“
„Hören Sie: Sie gehen jetzt am besten mit mir zu Scotland Yard...“
„Scotland Yard?“ Der Fremde ist ehrlich erschrocken. Und bevor Perry eine Reaktion zeigen kann, hat ihn der Mann vor die Brust gestoßen, daß er einige Schritte zurücktaumelt. Als er wieder festen Halt hat, hört er, wie sich die hastenden Schritte des Fremden im Nebel verlieren.
Wenige Minuten später erreicht Perry Clifton seinen Wagen. Behutsam setzt er den Dackel auf die Sitzbank im Fond. „Ich habe gesehen, wie der Mann fortgerannt ist... Wollte er stehlen?“ In Dickis Stimme schwingen noch die Aufregungen der letzten Minuten nach.
„Nein“, antwortet Perry. „Er hat mir nur einen Brief gebracht... Als ich ihn aufforderte, mit zu Scotland Yard zu kommen, suchte er fluchtartig das Weite... Wahrscheinlich ist er dort kein Unbekannter.“
„Und von wem ist der Brief?“
„Schalte mal die Innenbeleuchtung ein, dann werden wir es bald wissen.“
Perry Clifton kann es nicht verbergen, daß seine Hand ein wenig zittert, als er den Brief jetzt mit dem Finger aufschlitzt...
„Bitte, Mister Clifton, lesen Sie laut...“ wünscht Dicki. Und Perry Clifton liest: „Lieber Mister! Ich möchte Ihnen dringend raten, Ihre Nase nicht in Dinge zu stecken, die Sie nichts angehen. Fassen Sie das als ernste Warnung auf... hm, keine Unterschrift...“
„Vielleicht kann man an der Handschrift . . will Dicki eifrig vorschlagen, doch Perry winkt ab.
„Die Dame war so schlau, mit Druckbuchstaben zu schreiben...Tja, Dicki, die Angelegenheit wird immer verworrener und immer gefährlicher...“, und nachdenklich fügt er hinzu, „es steht fest, daß die Dame mit unserem Erscheinen in der Wourcester-Street gerechnet hat... Sie muß also wissen, daß ich hinter ihr her bin... Sie lockte dich dann an die Themse, um uns später auf höchst dramatische Art den Hund und — die Warnung in die Hände zu spielen... Unklar ist mir nur, warum sie den Dackel ausgesetzt hat...“
„Und jetzt?“
„Jetzt fahre ich dich erst einmal nach Hause... es ist höchste Zeit. Ich selbst muß dann noch einmal in die Wourcester-Street...“
„Zu
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