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Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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es doch besser, wenn ich ein wenig warte.“
    „Sie können doch auch später
noch einmal wiederkommen.“
    Miß Perkins ist verwundert in
die Mitte des Zimmers zurückgetreten. Sie weiß nicht so recht, was sie von der
ganzen Sache halten soll. Doch gleich soll sie sich noch mehr wundern.
    Bestürzt sieht sie, wie der
Mann plötzlich einige taumelnde Schritte macht und dabei schmerzhaft das
Gesicht verzieht.
    Während er sich die rechte Hand
krampfhaft auf den Leib preßt, winkt die linke nach Miß Perkins.
    „Haben Sie einen Arzt im Haus,
Miß?“ fragt er mit schmerzerfüllter Stimme.
    „Ja, Doktor Withester“,
antwortet Miß Perkins ängstlich und ratlos. „Was haben Sie denn?“
    „Gehen Sie zu ihm... lassen Sie
sich Karaminin-Tabletten geben... es wird besser... nur ein kleiner Anfall...“
    Miß Perkins beugt sich kurz
herunter... „Sofort... warten Sie, ich bin gleich wieder da.“
    Der Fremde, der seinen Namen
noch nicht genannt hat, wirft ihr einen dankbaren Blick zu. Und das ist der
Moment, der Miß Perkins stutzen läßt... zwei, drei Atemzüge lang. Dann stürzt
sie zum Zimmer hinaus.
    Sie nimmt die Treppe, weil ihr
der Paternoster zu langsam geht und der Fahrstuhl wie immer nicht auf der Etage
ist. Sie hastet, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, treppab, Doktor
Withesters Ordinationsraum befindet sich im Souterrain.
    Bei jedem zweiten Schritt
hämmern ihre Gedanken die selbe Frage: Warum hat sich
der Fremde einen Bart angeklebt. Sie hat es deutlich gesehen, als er sich
vorhin kurz ihr zuwandte... Wie mag er ohne Bart aussehen?
    Miß Perkins hat den Niedergang
zum Souterrain erreicht. Das Herz klopft ihr, und für Augenblicke lehnt sie
sich heftig atmend an das Geländer. Der Bart...
    Ganz gedankenverloren hebt sie
zwei Finger und hält sie waagerecht vor sich hin... im Geist sieht sie ein
Gesicht hinter diesen Fingern... und da... ein Ruck geht plötzlich durch ihren
Körper. Die Linke umklammert haltsuchend das Geländer... natürlich — das ist
der Mann... Das ist der Mann, der vor einigen Tagen Sir Stanford besuchte und
dann verschwunden war — fast spurlos verschwunden. Sie hatte geschworen, daß er
nicht durch ihr Zimmer gekommen war... und die Sache mit den Bleistiften und
Radiergummis... die verschandelte Gipsbüste und der Briefbeschwerer unter
Stanfords Sitzkissen. Sie wird jetzt noch bleich, wenn sie an die Szene denkt,
die ihr Sir Stanford gemacht hatte. Miß Perkins vergißt den Anfall und die
Tabletten. Sie vergißt, daß sie gegangen war, um jemandem Hilfe zu bringen...
    Ihre Augen sprühen, und mit
geballten Fäusten hetzt sie wieder nach oben. Jetzt braucht sie erst recht
keinen Paternoster. Sie wird es ihm geben, und wenn er zehnmal mit dem Direktor
befreundet oder bekannt ist. Den Bart wird sie ihm herunterreißen, daß es eine
wahre Freude sein wird... Ein Rausch der Rache hat von ihr Besitz ergriffen,
und mit zornigem Schwung stürzt sie in ihr Zimmer — es ist leer. Schweratmend
fällt sie auf ihren Stuhl...
     
    Perry, um den es sich natürlich
bei dem vornehmen Besucher handelte, war mächtig erschrocken, als er hörte, daß
der Baron bei Sir Stanford sei.
    Seine Gedanken überstürzten
sich, und plötzlich war ihm die Idee gekommen, daß es ganz interessant sein
könnte zu hören, was der Baron dem Versicherungsdirektor mitzuteilen habe.
    Gekonnt spielte er die Rolle
des Erkrankten. Dabei war ihm alles andere als wohl zumute. Eine Packung Pralinen wird nicht
reichen, dachte er reuevoll, als er Miß Perkins’ besorgtes Gesicht sah.
    Doch Sekunden später war er
wieder kerngesund und voller Tatendrang. Blitzschnell fuhr seine Hand in die
Tasche, und der Zauberwürfel tat seine Schuldigkeit. Nicht die Spitze eines
Haares war mehr zu sehen.
    Mit einigen Schritten war er an
der gepolsterten Tür zu Stanfords Zimmer. Er lächelte versonnen in sich hinein,
als er die Tür aufklinkte und ihr einen leichten Schubs gab. Gerade so viel,
daß er mühelos hindurchhuschen konnte.
    Der dicke Smyrnateppich
schluckte jeden Laut.
    Perry wich gewandt zur Seite
aus, denn der Baron war mit einem leisen Schreckensruf aufgesprungen.
    „Die Tür!“ rief er, und Sir
Stanford fuhr herum.
    „Miß Perkins!“ trompetete er
zornig und war mit drei, vier Schritten an der Tür. Als er jedoch Miß Perkins’
Zimmer leer fand, musterte er arglos die Tür.
    „Wahrscheinlich war sie nicht
richtig eingeklinkt“, vermutete er und drückte die Tür heftig ins Schloß. Dann
setzte er sich wieder

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