Ein Fall für Perry Clifton
Dicki spricht.
Das
einzige, was er mit aller Deutlichkeit empfindet, ist, daß er wieder da ist.
Erst die Worte des Chauffeurs bringen ihn in die Wirklichkeit zurück.
„Bitte,
Sir, kann ich mein Geld haben?“
Perry
Clifton ist so durcheinander, daß er dem Fahrer eine ganze Pfundnote in die
Hand drückt. Letzterer, aus Angst, der spendable Herr könne seinen Irrtum
bemerken, klettert schleunigst in sein Gefährt und ist Sekunden später
verschwunden.
„Wo
hast du gesteckt, verdammter Bengel?“ findet Perry endlich die Sprache zurück
und packt Dicki schmerzhaft an der Schulter. „Ich bin vor Angst halb gestorben“,
setzt er hinzu, als er Dickis überraschten Blick sieht. „Ja, haben Sie denn
nicht gehört, was ich gesagt habe, Mister Clifton?“ Dickis Stimme ist ein
einziger Vorwurf. Dazu verzieht er das Gesicht. „Sie tun mir weh...“
Perry
lockert seinen Griff.
„Wo
du warst, habe ich gefragt!“
„Ich
habe doch die Frau mit dem Dackel verfolgt“, mault Dicki, der geglaubt hatte,
Perry würde ihm anerkennende Worte sagen.
„ Wen hast du verfolgt?“
„Die
Dame mit dem Dackel!“
„Aha...“
In Perry scheint es endlich zu dämmern.
„Die
Dame mit dem Dackel... du hast sie verfolgt?“
„Das
sage ich doch die ganze Zeit... Ich stand dort drüben an dem Buchladen, als sie
vorbeiging. ,Jocky’ hat sie den Hund gerufen, und eine
ganz tiefe Stimme hat sie gehabt...“
„Weiter!“
Perry ist hellwach.
„Na,
ich bin ihr nachgegangen. Bis zur Themse... Und dann habe ich nicht mehr
zurückgefunden... deshalb bin ich mit der Taxe gekommen“, ergänzt er leise
seine Schilderung und schielt verlegen nach oben.
„Was
wollte sie denn an der Themse?“
„Sie
wohnt dort auf einem Hausboot.“
In
Perry Cliftons Augen spiegeln sich Vorwurf, Anerkennung, Stolz und — ein Rest
von Zorn.
„Komm,
Dicki... das muß ich mir ansehen...“
Neunzehn
Uhr fünfzig erreichen Perry Clifton und Dicki Miller das Themseufer.
Fünfzig
Meter vor dem Fluß stellt Perry den Wagen ab. Der Nebel ist in der Zwischenzeit
so stark geworden, daß die Sicht nur noch knappe zwanzig Meter beträgt. Langsam
gehen sie auf die fünf Hausboote zu...
Leise
flüstert Dicki:
„Sehen
Sie, Mister Clifton, in dem dort hinten ist sie verschwunden.“
„Irrst
du dich auch nicht?“
„Ich
weiß es bestimmt...“
„Sieht
nicht so aus, als ob alle Boote bewohnt wären.“
„Vorhin
hat in den beiden ersten hier Licht gebrannt...“
Perry
kneift die Augen zusammen... „Wenn ich mich nicht irre, brennt in dem letzten
Boot auch jetzt Licht... allerdings scheint es keine Lampe zu sein... oder vor
dem Fenster hängt ein dunkler Vorhang...“
Geräuschlos
gehen sie auf das letzte Boot in der Reihe zu. Kein Laut ist zu hören. Nur das
Plätschern des Wassers... eintönig und gleichmäßig. Selbst der Straßenverkehr
in der Ferne dringt nur in mäßiger Lautstärke zu ihnen... Aber da... war da
nicht noch ein anderes Geräusch... Perry Clifton verhält den Schritt...
„Hast
du nichts gehört, Dicki?“
„Was,
Mister Clifton?“ gibt Dicki leise zurück.
Beide
lauschen sie mit vorgestrecktem Kopf in das Dunkel. Zuerst ist es nur das Tuten
einer Schiffssirene...
Aber
dann hören sie es ganz deutlich... Hundegebell...
Irgendwo
kläfft ein Hund... es ist ein helles, fast klagendes Bellen.
„Ein
Hund...“flüstert Dicki.
„Ich
glaube, es kommt von Bord des letzten Hausbootes...“
Noch
zehn Meter trennen sie von dem bewußten Boot, als Perry Dicki am Arm faßt.
„Du
bleibst hier stehen... ich geh’ allein weiter.“
„Schon
wieder?... Wo ich doch alles entdeckt habe.“
„Ich
kann dich und darf dich keiner Gefahr aussetzen, Dicki. Ich hoffe, daß du dafür
Verständnis hast. Das schmälert jedoch in keinem Fall dein Verdienst...“
Dicki
zuckt resigniert mit den Schultern, während Perry Schritt für Schritt auf das
Boot zugeht. Knarrend biegt sich der Bootssteg unter Perry Cliftons Gewicht
durch...
Noch
vier Meter... noch zwei... Behutsam tastet sich Perry an Deck.
Das
Hundegebell ist verstummt. Vor der Tür zur Bootskabine verharrt der Detektiv
eine Minute in regungslosem Dastehen. Alle Sinne sind bis zum äußersten
gespannt.
Nicht
das leiseste Geräusch dringt aus der Kabine.
Perry
klopft. Zweimal kurz schlägt er mit den Knöcheln an die Türfüllung.
Fast
zusammen mit dem ersten Schlag beginnt im Inneren ein Hund zu bellen...
Perry
erwartet, daß sich die Tür öffnet... doch nichts dergleichen
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