Ein Fall von Liebe
erstenmal darüber erstaunt, daß er sich so öffentlich zur Schau stellen konnte. Nur ein Blinder konnte die majestätische Größe des Dings nicht wahrnehmen. Er war stolz und zugleich neidisch darauf. Er fragte sich, was C. B. darüber dachte.
»Ich bin stärker als er«, sagte Charlie.
»Ha, das bezweifle ich sehr«, konterte Peter.
»Wir werden miteinander kämpfen. Wir können auf dem Rasen einen Ring errichten und Eintrittsgeld verlangen.«
»Und riskieren, daß ihr eure hübschen Gesichter entstellt?« protestierte C. B. »Nicht auf meinem Rasen!« Sie blickte von dem einen fast nackten Jungen zu dem anderen. »Du siehst sehr stark aus, mein Lieber, aber du hast nie Peters Anmut gehabt. Er ist so wunderbar gebaut, hat jedoch so gar nichts Feminines. Der Himmel schütze uns vor femininen Männern!«
Sie wandte sich Peter zu und nahm seine Hände. »Ich glaube, ich würde dir den Preis zuerkennen müssen, mein Junge.«
»Der Champ ist ganz verbittert«, amüsierte sich Peter.
C. B. ging von ihm zu Charlie, bereit, ihn mit einer Umarmung zu versöhnen, und da er das voraussah, gab er ihr schnell einen flüchtigen Kuß und ging weiter. Sie hatte nie mit Zärtlichkeiten gekargt, aber aus Gründen, die ihm selber nicht ganz klar waren, vielleicht seines Liebeslebens mit Peter wegen, war er dagegen empfindlich geworden. Er fand nachgerade, C. B. war zu aufdringlich. Er versetzte Peter einen Rippenstoß. »Komm her, du Tolpatsch.«
Peter stieß ihn ebenfalls in die Rippen und wich zurück. »Überleg dir, wen du schlägst. Wir haben noch keine Eintritts-karten verkauft.« Charlie täuschte einen Angriff vor, und sie liefen, sich boxend und balgend, mit Geschrei und lautem Gelächter aus dem Haus.
C. B. blickte ihnen eine ganze Weile nach, nachdenklich, aber nicht unzufrieden lächelnd.
I HRE R OUTINE wurde ein paar Wochen später an einem der Samstage, die Peter haßte, gestört. Nach dem Lunch, als Henry die leeren Kaffeetassen aus der Veranda weggetragen hatte, verkündete C. B.:
»Wir werden in den nächsten Tagen ohne Köchin sein.« Dabei blickte sie über ihre Schultern und legte einen Finger auf die Lippen. »Ich brenne schon lange darauf, es euch zu erzählen. Wir scheinen eine große Sängerin in unserer Mitte zu haben.«
»Wirklich? Wer ist es?« fragte Charlie ebenso heiter.
»Sapphire. Mrs. Hall, denn ich glaube, wir müssen sie von jetzt an so nennen. Sie soll am Montagmorgen in der Metropolitan Opera vorsingen.« Sie lachte schallend.
»Das ist doch nicht dein Ernst«, erwiderte Charlie, mit ihr lachend. »Was hat sie vor?«
»Nun, das wird man sehen. Ich verstehe die Schwarzen so gut. Ich habe so getan, als nähme ich das alles absolut ernst. ›Das ist sehr schön‹, habe ich gesagt. ›Seit wann denken Sie an eine Opernkarriere?‹« Sie brach von neuem in Gelächter aus. »›Ich habe immer in der Kirche gesungen. Mr. Otto Kahn sagt, ich hätte eine große Zukunft. Das sagt er.‹ Ich ließ sie sich setzen. Nichts schmeichelt ihnen mehr, als wenn man sie als seinesgleichen behandelt. Mr. Otto Kahn! Sie hat seinen Namen wahrscheinlich in irgendeiner Zeitung gelesen.«
»Und du läßt sie hinfahren?«
»Natürlich. Sie sind wie Kinder oder sehr reizende Tiere. Es ist ein wissenschaftliches Faktum, daß ihre Gehirne kleiner sind als unsere. Man muß sie bis zu einem gewissen Punkt gewähren lassen. Da sie Henry nicht mitnimmt, nehme ich an, sie hat vor, wiederzukommen. Ich kann es kaum noch abwarten, zu hören, wie Mr. Otto Kahn reagiert hat.« Sie und Charlie lachten wieder. »Heute abend ist Tanz im Klub. Es ist das Beste, ihr geht früh hin und eßt dort. Rosie kann für mich etwas bereiten.«
Später, als die Jungen allein waren, kam Peter auf das Thema zurück. »Warum findet C. B. es so komisch, daß Sapphire Sängerin werden möchte?« fragte er.
»Sie weiß wahrscheinlich, daß das nur ein Schwindel ist.«
»Warum sollte es das sein? Viele Negersängerinnen haben als jemandes Köchin begonnen. Ich finde, sie sollte nicht über sie lachen.«
»Sie lacht ihr natürlich nicht ins Gesicht«, sagte Charlie in abweisendem Ton. Er konnte es nicht leiden, wenn man C. B. kritisierte, und er war daran gewöhnt, daß Peter sich in solchen Dingen von ihm belehren ließ. »Du hast es gehört. Sie sagte, sie sei ganz ernst darauf eingegangen.«
»Ja, aber – nun, ich kenne Neger auch. Sie sind nicht unbedingt wie Kinder.«
»Ach, hör auf. Sie läßt sie doch
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