Ein Fall von Liebe
sich auf die Lehne des Sessels, in dem Peter saß, strich ihm mit der Hand übers Haar und schüttelte ihn ein wenig ungeduldig an der Schulter. Jetzt, da sich alles in Wohlgefallen auflöste, bedauerte er es nicht, die Hauptperson in einem kleinen Skandal mit einem Mädchen gewesen zu sein; es war die beste Reklame für seine Männlichkeit. Da C. B. zu Mr. Munger gegangen war, würde geklatscht werden – über ihn und das Mädchen, aber über nichts anderes. Er zupfte an Peters Haar. »Die ganze Sache mit Betty war nur eine Dummheit.«
Charlies Befriedigung darüber, daß alles nochmal gutgegangen zu sein schien, tat sich in einer gewissen Blasiertheit kund, gegen die Peter nicht ankonnte. »Ja, das war es wohl. Ich wünschte aber, es wäre nicht geschehen, auch wenn das für niemand eine Rolle spielt.«
Charlie legte seine Hände auf Peters Schultern und drückte sie. »Das zeigt, wieviel du darüber weißt. Auch ich wünschte, es wäre nicht geschehen.«
Peter blickte auf. »Du?« Und er wunderte sich, daß Charlie es immerhin bereute, und dann lächelte er und griff nach Charlies Händen. »Dann ist ja alles gut.«
Die Ereignisse am Abend zuvor und dieses Nachspiel festigten ihre Beziehung. Für Peter war Betty eine Warnung. Wenn sein Idol etwas tat, was nicht ganz koscher war, war es um so wichtiger, daß er an seiner Seite war, ihn vor Gefahren schützte; er spürte instinktiv, daß Charlies Weigerung, zuzugeben, daß ihre Beziehung nicht nur Freundschaft war, zu ernsten Schwierigkeiten führen konnte. Er hatte nicht versucht, sich über seine eigene Veranlagung klar zu werden und sich mit ihr abzufinden, aber wenn er es getan hätte, wäre er auf besondere Umstände gestoßen: daß Sex zu Hause in jeder Form ein Tabu war, so daß, was immer er auch in dieser Hinsicht getan hätte, Sünde gewesen wäre, eine unerträgliche Last, die in Wirklichkeit die Schuld milderte; und seinen tief verwurzelten Haß auf seinen Vater, den General. Er wußte, sein Vater würde über den Weg, den er eingeschlagen hatte, entsetzt sein, aber das bestärkte ihn darin nur. Er freute sich schon darauf, daß sein Vater dahinterkam, aber er durfte es nicht, ehe er einundzwanzig war, weil er ihm dann nichts mehr anhaben konnte. Man würde ihn sonst vielleicht in eine Art Fürsorgeanstalt stecken.
Er griff wie Schutz suchend nach Charlies Händen, denn er fühlte sich selber gefährdet. All ihr Gerede darüber, daß sie zusammen nach New York gehen wollten, war, da Charlie ihm verboten hatte, mit C. B. darüber zu sprechen, bis jetzt leeres Geschwätz geblieben. Er war plötzlich entschlossen, etwas zu unternehmen.
»Ich werde noch heute nachmittag an die Columbia Universität schreiben.« Er richtete sich in dem Sessel auf und stützte einen Ellbogen auf Charlies Schenkel. »Wir müssen uns nach Abendkursen und Gebühren und dergleichen erkundigen. Selbst wenn ich gar nichts damit anfangen sollte, wir wissen dann wenigstens, wovon wir reden, wenn mir mit C. B. sprechen.«
»Nun, ich habe natürlich auch weiter darüber nachgedacht. Ich sehe nicht ein, daß wir es ihr überhaupt sagen müssen. Du mußt sowieso erst einmal nach Hause fahren. Und warum solltest du dann nicht nach New York kommen und zu mir ziehen?«
»Aber du hast doch gesagt, sie muß damit einverstanden sein, weil sie dir das Geld gibt.«
»Ja, gewiß.«
»Dann müssen wir es ihr sagen. Ich weiß genau, es wäre ihr gar nicht recht, wenn sie dahinterkäme, daß wir das alles hinter ihrem Rücken geplant haben.«
»Nun, wir können sowieso nichts tun, ehe du nicht die Auskünfte von der Columbia Universität hast.«
»Nein, natürlich nicht. Aber dann werden wir es ihr sagen.« Peter war es aufgefallen, daß Charlie ihn nie gedrängt hatte, zu schreiben. In solchen Augenblicken brauchte er nur in die blauen Augen und auf den Mund zu blicken, der immer ein wenig zu lächeln schien, und schon waren alle Zweifel zerstreut. Charlie war so herrlich, wie ein Mensch nur sein konnte. Er beugte sich hinunter und küßte die starke Hand, die auf seinem Arm ruhte.
A M NÄCHSTEN T AG kam der Entschuldigungsbrief, und alles ging wieder seinen Gang, und Sapphire kehrte am Abend zurück. Am Morgen darauf wurde Peter nach dem Frühstück in den Küchenhof geschickt, um ihre Badehosen von der Wäscheleine abzunehmen, während Charlie hinaufging. Peter blieb lange fort. Dann ging er in Charlies Zimmer, die Badehosen in den Händen.
»Wo bist du so lange
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