Ein Fall von Liebe (Baccara) (German Edition)
Lange genug, um Johnson das Gefühl zu geben, er habe die Dinge im Griff. Lange genug, um Bilder zu besorgen, die Johnson gemeinsam mit einem Dealer von verschreibungspflichtigen Schmerztabletten zeigten. Auch wenn er sich aus der Sache hatte herausreden können, hatte er doch den Fall abgegeben, um Rosebud nicht noch einmal in die Quere zu kommen.
Männer, dachte sie und stieß einen missbilligenden Laut aus. Vor allem weiße Männer . Sie glaubten, dass sie die Regeln bestimmen könnten. Sie bürstete ihr Haar und fasste es zu einem Knoten zusammen, wollte auf altmodische Weise unschuldig und seriös zugleich aussehen. Um den Knoten festzustecken, benutzte sie zwei Spangen, die wie Essstäbchen ausgesehen hätten, wären da nicht die perlenbestickten Troddel gewesen, die von den Enden herabhingen. Die Spangen waren alles, was sie von ihrer Mutter behalten hatte.
Nachdem sie sich die Lippen nachgezogen hatte, sammelte Rosebud die Akten zusammen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Dan Armstrong anders als die anderen war. Immerhin hatte ihn dieser Scheißkerl Cecil zu ihr geschickt. Aber wer weiß, vielleicht rutschte ihm etwas heraus, das mit ihrem Bruder Tanner zu tun hatte.
Judy klopfte. Rosebud schaute auf die Uhr. Es war fast eine halbe Stunde vergangen. Prima. „Sie sind da.“
„Wie sehe ich aus?“ Rosebud klimperte mit den Wimpern.
„Sei vorsichtig“, wiederholte Judy.
Rosebud konnte es kaum erwarten, den Mann zu sehen. Sie traf sich mit Joe White Thunder und Emily Mankiller im Besprechungsraum. „Hat Judy euch erzählt, dass es ein Neuer ist?“, fragte sie, nachdem sie ihre Tante geküsst hatte.
Joes Augen funkelten, und eine Sekunde lang sah Rosebud den jungen Joe vor sich. Früher war er ein Macher gewesen, heute war er ein alternder Mann, dessen Stimme beim Stamm viel zählte. „Der Letzte hat dich nicht genug gefordert.“
Rosebud errötete, aber ihre Tante schüttelte den Kopf. Tante Emily war nie für Ungehorsam gewesen, weder im Privatleben noch in der Öffentlichkeit. „Du kommst gut voran, aber sei nicht zu selbstzufrieden.“
Ja, ja, dachte Rosebud, während sie nickte. Cecil Armstrong hatte die besten Anwälte gegen sie ins Feld geschickt, und sie hielt sie nicht nur in Schach, sie irritierte diesen Mann . „Schon klar. Wisst ihr noch, was ihr zu tun habt?“
Joe kniff ihr spielerisch in den Arm. „How, kemo sabe.“ Dann nahm sein Gesicht einen leeren Ausdruck an, und Rosebud stand vor dem Abbild eines unbewegt dreinblickenden Indianers. Joe würde heute kein einziges Wort sagen. Rosebud wusste, dass er Dan Armstrong nicht einmal ansehen würde. Wenn es etwas gab, was wichtige Anwälte hassten, dann war es, ignoriert zu werden. Es lenkte sie ab, und ein abgelenkter Anwalt war ein besiegter Anwalt.
Tante Emily seufzte. Sie verabscheute diese Treffen, und sie hasste es, wenn Joe sich wie ein falscher Indianer verhielt. Noch mehr hasste sie allerdings die Vorstellung, dass Armstrong Holdings ihr Reservat überfluten könnte. „Wir sind fertig.“
Dann mal los, dachte Rosebud, als sie die Tür öffnete. Sie war aufgeregt. Ein weiterer Gegner bedeutete einen weiteren Kampf. Rosebud war sicher, dass sie diese Schlacht gewinnen würde. Sie wusste nicht, ob sie den Krieg gegen Cecil Armstrong gewinnen würde, aber zumindest konnte sie ihn jahrelang in Atem halten.
Als Erstes fiel ihr auf, dass Dan Armstrong mit dem Rücken zur Tür stand und aus dem Fenster schaute. Sie war ein bisschen irritiert. Ihre Opfer sollten sitzen und nicht stehen, am besten auf dem niedrigsten Stuhl.
Das Nächste, was sie bemerkte, verstärkte ihre Irritation. Dan Armstrong war groß und hatte breite Schultern, die der sportliche braune Mantel betonte. Die Schulterklappen ließen seine Schultern noch breiter wirken. Sein kurz geschnittenes Haar war leicht gewellt. Die Sonne ließ es goldbraun wirken.
Sie stieß die Luft aus, weil sie sich nicht daran erinnern konnte, wann sie zum letzten Mal einen richtigen Mann in diesem Gebäude gesehen hatte, einen, der wirkte, als ob er ins Freie gehörte und nicht in ein kleines, düsteres Büro. Herrje, sie erinnerte sich nicht mal daran, wann sie draußen das letzte Mal einen richtigen Mann gesehen hatte.
Und dann drehte er sich um.
Er. Sie konnte kaum atmen. Plötzlich fühlte sie sich verwundbar. Es war die Art von Verwundbarkeit, die man spürt, wenn man etwas falsch gemacht hat, denkt, man würde davonkommen – und dann doch erwischt
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