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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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antwortete Drew. »Wir könnten ja ins Kino in der Innenstadt gehen.«
    Bevor Daddy ihm antworten konnte, warf Callie ein: »Ich glaube, da will ich nicht mehr hin.«
    »Warum das denn?«, fragte Drew.
    »Erzähl ich dir ein andermal«, sagte Callie. »Aber nicht jetzt.«
    »Also gut«, sagte Drew. »Dann trinken wir einfach eine Limo und fahren ein bisschen rum.«
    »Und du behandelst meine Tochter mit Respekt, nicht wahr?«, mahnte Daddy.
    »Ja, Sir.«
    Im Auto setzte Callie sich ans Fenster, aber als wir die Einfahrt zum Autokino verlassen hatten und um die Ecke gebogen waren, rutschte sie an Drew heran.
    Ich warf Richard einen Blick zu, und wir kicherten.
    Callie schaute uns über die Rückenlehne hinweg an. »Wenn ihr erst mal mit Mädchen ausgeht, werdet ihr das nicht mehr so lustig finden.«
    »Hoffentlich passiert das nicht so schnell«, sagte ich.
    »Tja«, sagte Callie, »in deinem Fall passiert es wahrscheinlich nie.«
    Wir hielten am Drugstore und tranken Limonade. Tim war nicht zu sehen. Dafür stand ein Bursche mit Pickeln hinterm Tresen. Ich musste mir die ganze Zeit vorstellen, dass einer dieser Pickel aufging und sich in mein Malzbier ergoss, und auf einmal war ich gar nicht mehr so durstig.
    Als wir ausgetrunken hatten, fuhren wir ein bisschen kreuz und quer durch die Stadt und dann hinaus zum See. Die Sonne ging unter, und ein wunderschöner Abend brach an. Der Mond stand hoch am Himmel, und sein Licht ergoss sich wie Milchschaum über die Straßen und Bäume.
    Callie und Drew saßen inzwischen sehr dicht beieinander. Daddy nannte das immer das »zweiköpfige Ungeheuer«, wenn ein Auto an uns vorbeifuhr, in dem ein Pärchen dicht nebeneinander saß.
    Nach einer Weile sagte ich: »Sag mal, Drew, erinnerst du dich an das alte Haus oben auf dem Hügel? Angeblich taucht die alte Dame manchmal dort auf.«
    »Ach ja?«, fragte Drew.
    »Anscheinend läuft Mrs Stilwind immer wieder zu ihrem alten Haus zurück«, sagte ich. »Sie hat den Verstand verloren. Ihre Tochter ist bei einem Brand gestorben, gleich hinterm Autokino. Aber in dem Haus auf dem Hügel hat Mrs Stilwind ihren Geist gesehen. Wahrscheinlich geht sie dorthin, weil sie hofft, ihre Tochter noch mal zu treffen. Sie haut aus dem Altenheim ab und geht zum Haus, wann immer sie will. Wir könnten hinfahren und nachschauen, ob sie da ist. Hinter dem Haus steht ein kleiner Wald. Wenn es da eine Straße gibt ...«
    »Gibt es«, sagte Drew. Die Idee schien ihm zu gefallen.
    Wir machten uns auf den Weg, fuhren eine rote Lehmstraße hinauf und um ein kleines Wäldchen herum, und schließlich kamen wir auf einem Hügel oberhalb der alten Villa heraus.
    Im Halbdunkel und auf diese Entfernung merkte man gar nicht, wie verfallen das Haus war. Mondlicht beschien den Pool im Garten, sodass es aussah, als wäre er mit Wasser gefüllt.
    »Wann soll sie kommen?«, fragte Drew.
    »Weiß ich nicht«, sagte ich. »Es ist gar nicht gesagt, dass wir sie überhaupt zu sehen kriegen. Kann sein, dass sie gerade da ist. Kann aber auch sein, dass sie heute nicht kommt.«
    »Gut«, beschloss Richard, »schauen wir nach.«
    »Geht ihr zwei mal gucken«, sagte Drew.
    »Lieber nicht«, sagte ich. »Nicht allein.«
    »Hast du Muffensausen?«, fragte Drew.
    »Ja.«
    Drew lachte. »Wenigstens bist du ehrlich. Ach, was soll’s, dann gehen wir eben alle zusammen.«
    Er kramte eine Taschenlampe unterm Autositz hervor. Wir liefen den Hügel hinunter und am Pool vorbei. Dann machten wir die Hintertür auf. Im Haus war es dunkel bis auf das Mondlicht, das durch die Fenster fiel.
    Als wir alle drinnen standen, zog Drew die Tür zu, und plötzlich brach ein Rascheln los, als würde eine Herde Elefanten durch trockenes Laub stapfen.
    »Fledermäuse«, sagte Drew.
    Ich konnte sie zwar nicht sehen, aber ich hörte sie, wie sie an der hohen Decke entlang und das Treppenhaus hinauf flatterten. Im Strahl der Taschenlampe erkannte ich, dass der Boden von Fledermausguano überzogen war. Zu Sommeranfang war der noch nicht da gewesen.
    Drew leuchtete an der Decke herum. Sie wurde von großen Dachbalken gestützt, an denen Fledermäuse hingen, aber mindestens ebenso viele huschten im Haus umher.
    Auf einen Schlag lösten sich auch die Fledermäuse von den Balken und wirbelten zusammen mit den anderen durch die Räume. Dann vereinigten sie sich zu einem rauschenden, flügelschlagenden Schwall von Schatten. Drew folgte ihnen mit dem Licht, und durch ein Loch in der Decke, wo das Holz verrottet und

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