Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder
einen Vorgeschmack auf das bekam, was kommen würde. Was erst kommen durfte, wenn sie verheiratet waren, sie aber jetzt schon an ihren geheimsten Stellen spüren konnte, als ob er sie tatsächlich direkt hier auf der Schulveranda genommen und zu seiner Frau gemacht hätte.
Lizzie stöhnte.
Morgan lachte leise an ihren Lippen.
Er wusste es. Er
wusste
, was sie dachte, was sie empfand. Ihr Gesicht wurde heiß, und das Blut summte in ihren Ohren.
“Du liebe Zeit”, stieß sie hervor, als der Kuss vorüber war.
“Und das ist nur der Anfang”, versprach Morgan heiser, während er eine Locke um seinen Finger schlang.
“Sei still”, bat sie hilflos.
Er ließ ihr Gesicht los und rückte ein wenig von ihr ab. “Ich sollte besser zurück ins Hotel gehen”, meinte er. “Ich erwarte Patienten, da ich inzwischen mein Schild aufgehängt habe.”
“Ich komme mit dir”, beschloss Lizzie, nicht weil sie unbedingt ins Hotel zurück wollte, wo sie wieder wie eine Kranke behandelt werden würde, sondern weil sie sich nicht von Morgan trennen wollte.
Noch nicht. Nicht nach allem, was gerade zwischen ihnen geschehen war.
Wie Lizzie vermutet hatte, wussten längst alle in Indian Rock, dass der neue Arzt jung und gut aussehend war. Drei Frauen, ausnahmslos bekannte Jungfern, warteten bereits auf ihn, eine jede in einem anderen Stadium vorgeschobener Krankheiten.
Sie hatte den albernen Wunsch, sie zur Seite zu schieben, riss sich aber umgehend zusammen und lächelte.
Dass Whitley nicht in der Lobby war, erleichterte Lizzie sehr. Sie konnte es kaum erwarten, dass er Indian Rock wieder verließ. Aber vermutlich würde es noch einige Zeit dauern, bis wieder ein Zug fuhr.
Mit einem Mal hungrig, lief sie durch den leeren Speisesaal in die Küche, wo Lorelei gerade mit der chinesischen Köchin plauderte.
“Da bist du ja”, schimpfte Lorelei freundlich. “Deine Wangen sind ganz rot. Ist dir kalt?”
Noch immer spürte Lizzie Morgans Kuss auf ihren Lippen. Sie schwankte ein wenig und ließ sich albern lächelnd in einen Schaukelstuhl vor dem Ofen fallen. “Nein. Mir ist nicht kalt. Aber ich bin halb verhungert.”
Die Köchin stellte ihr eine Schüssel Rinderbrühe mit Klößen hin, reichte ihr einen Löffel und verschwand.
Lorelei zog sich einen Stuhl heran.
“Mir ist heute etwas sehr Merkwürdiges passiert”, gestand Lizzie ihr beim Essen.
“Ich habe dich mit Dr. Shane hereinkommen sehen.” Lorelei lächelte. “Lizzie McKettrick, ich glaube, du bist verliebt.”
Vielleicht bin ich das wirklich, dachte Lizzie.
“Lizzie?”, hakte Lorelei nach, als Lizzie nichts sagte.
“Er will um meine Hand anhalten. Glaubst du, Dad hat etwas dagegen?”
“Nein”, antwortete Lorelei, die Lizzie sehr, sehr aufmerksam betrachtete. “Würde es denn eine Rolle spielen, wenn er etwas dagegen hätte?”
Lizzie lachte. “Nein, das denke ich nicht.”
In Loreleis Augen schimmerten Tränen des Glücks. “Dann ist es wirklich Liebe. Als ich deinen Vater zum ersten Mal traf, dachte ich, dass wir nicht zueinander passten, und doch wollte ich so unbedingt mit ihm zusammen sein, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.”
“Es ist aber noch etwas geschehen”, fuhr Lizzie fort, denn es gab kaum etwas, das sie nicht mit ihrer Stiefmutter teilte. Leise erzählte sie Lorelei von ihrem Zusammentreffen mit Mr. Christian im Schulhof.
“Gütiger Gott”, sagte Lorelei und hielt eine Hand an Lizzies Stirn, um zu sehen, ob sie Fieber hatte. Dann runzelte sie die Stirn und sah zugleich erleichtert und besorgt aus.
“Du glaubst mir doch. Oder?”, fragte Lizzie ängstlich.
“Wenn du diesen Mr. Christian gesehen hast”, erwiderte Lorelei ohne zu zögern, “dann hast du ihn gesehen. Du würdest so etwas nicht erfinden.”
“Aber wie konnte er einfach … einfach so verschwinden?”
“Ich habe nicht die geringste Ahnung.” Lorelei erhob sich. “Iss deine Suppe auf. Ich komme in ein paar Minuten zurück, und dann trinken wir zusammen Tee.”
Ihre Stiefmutter verließ in dem Moment die Küche, in der Angus eintrat. Er schenkte sich eine Tasse Kaffee aus der Kanne auf dem Herd ein. Dann stand er da und betrachtete Lizzie neugierig, als ob sie sich auf grundlegende Weise verändert hätte.
Und vielleicht hatte sie das auch.
“Du hast dich nach der Lawine vorbildlich verhalten”, sagte er nach einer Weile. “Hast dich um die Mitreisenden gekümmert. Und ihnen Mut zugesprochen.”
“Danke.” So unabhängig sie
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