Ein Feuer Auf Der Tiefe
knapp.«
Der Flenser bemühte sich, die Bedeutung zu erfassen. Verdammt. Früher oder später würde sie ihre Unkenntnis der Zweibeiner-Sprache teuer zu stehen kommen.
Stahl hörte dem Menschen zu und seufzte dann in dieser wunderbar geduldigen Art. »Bitte. Amdi. Jefri. Wo liegt das Problem?« Er sprach Samnorsk und war für das Flenser-Fragment besser zu verstehen als das Menschenkind.
Amdi zögerte einen Moment lang. »Jefri glaubt, dass die Radiojacken zu groß für mich sind! Aber seht, sie passen gar nicht so schlecht!« Amdi sprang um eins der nachtdunklen Quadrate herum und zerrte es unbekümmert von einer Samtpritsche zu Boden. Er zog den Stoff über Rücken und Schultern seines größten Gliedes.
Nun hatte das Radio annähernd die Form eines Umhangs; Stahls Schneider hatten an den Schultern und am Bauch Verschlussspangen hinzugefügt. Aber es war dem kleinen Amdi viel zu groß. Es stand um ihn herum wie ein Zelt. »Seht ihr? Seht ihr?« Der winzige Kopf ragte hervor und blickte erst Stahl, dann Tyrathect an, in der Hoffnung, sie möchten ihm glauben.
Jefri sagte etwas. Das Amdi-Rudel kreischte ärgerlich zurück. Dann: »Jefri macht sich andauernd Sorgen, aber jemand muss die Radios ausprobieren. Es gibt ein kleines Problem mit der Geschwindigkeit. Radio geht viel schneller als Schall. Jefri hat einfach Angst, es könnte so schnell sein, dass es das Rudel, welches es benutzt, verwirrt. Das ist Unsinn. Um wie viel schneller könnte es denn sein als Denken mit den Köpfen zusammen?« Es klang wie eine Frage. Tyrathect/Flenser lächelte. Das Welpenrudel konnte nicht richtig lügen, doch er erriet, dass Amdi die Antwort auf seine Frage kannte – und dass sie ihm nicht in den Kram passte.
Auf der anderen Seite des Saales hörte Stahl mit vorgereckten Köpfen zu – ein Bild wohlwollender Geduld. »Es tut mir Leid, Amdi. Es ist einfach zu gefährlich, als dass du der Erste sein könntest.«
»Aber ich bin tapfer! Und ich will helfen.«
»Tut mir Leid. Wenn wir wissen, dass es ungefährlich ist…«
Amdi stieß einen Schrei der Entrüstung aus, viel höher als normale Zwischenrudel-Sprache, fast in der Tonlage des Denkens. Er lief um Jefri herum und rempelte dessen Beine mit seinen Hinterteilen an. »Heimtückischer Verräter!«, schrie er und setzte die Beleidigungen auf Samnorsk fort.
Es dauerte etwa zehn Minuten, bis er sich halbwegs beruhigt hatte. Er und Jefri saßen am Boden und murrten miteinander in Samnorsk. Tyrathect beobachtete die beiden und Stahl auf der anderen Seite des Raumes. Wenn Ironie Geräusche machen würde, wären sie inzwischen alle taub. Ihr ganzes Leben lang hatten Flenser und Stahl andere Experimenten unterworfen – für gewöhnlich mit tödlichen Folgen. Nun hatten sie ein Opfer, das buchstäblich darum bettelte, Opfer sein zu dürfen – und das abgewiesen werden musste. Selbst wenn Jefri keine Einwände erhoben hätte, war das Amdi-Rudel zu wertvoll, als dass man es aufs Spiel setzen konnte. Zudem war Amdi ein Achtsam. Es war ein Wunder, dass so ein großes Rudel überhaupt funktionieren konnte. Welche Gefahren das Radio auch in sich barg, für ihn waren sie viel größer.
Also würde ein passendes Opfer gefunden werden. Ein passender armer Schlucker. Sicherlich gab es davon massenhaft in jenen Verliesen unter der Verborgenen Insel. Tyrathect dachte zurück an all die Rudel, die getötet zu haben sie sich erinnern konnte. Wie sehr sie Flenser hasste, seine berechnende Grausamkeit. Ich bin um so vieles schlechter als Stahl. Ich habe Stahl gemacht. Sie rief sich ins Gedächtnis, wo ihre Gedanken die letzte Stunde über gewesen waren. Das war einer von den schlechten Tagen, einer von den Tagen, an denen Flenser aus den Winkeln ihres Verstandes hervorkroch, wenn sie die Kraft der Vernunft höher und höher ausspielte, bis daraus kalte Rationalität wurde, und aus ihr er. Dennoch, ein paar Sekunden lang hatte sie vielleicht noch die Gewalt. Was konnte sie damit tun? Eine Seele, die stark genug war, konnte sich selbst verleugnen, konnte eine andere Persönlichkeit werden… konnte, wenn es zum Äußersten kam, mit sich selbst Schluss machen.
»Ich… ich will das Radio erproben.« Die Worte waren fast eher ausgesprochen als gedacht. Schwaches, dummes Ding.
»Was?«, sagte Stahl.
Aber die Worte waren deutlich gewesen, und Stahl hatte es gehört. Das Flenser-Fragment lächelte trocken. »Ich möchte sehen, was das Radio zustande bringt. Lass es mich versuchen, lieber
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