Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hatte. Und es war in der Tat ein Meisterstück. Tyrathect hatte Stahl aufrichtiger als sonst beglückwünscht – und ihre Warnpläne still ad acta gelegt. Wenn an der Spitze in Holzschnitzerheim ein Spion saß, wäre jede Botschaft sinnloser Selbstmord gewesen.
    Jetzt trottete Tyrathect über den äußeren Burghof. Es waren noch viele Bauarbeiten im Gange, aber die Teams waren kleiner. Stahl baute überall im Hof Holzhütten. Viele waren leere Hüllen. Stahl hoffte Ravna dazu bewegen zu können, an einer besonderen Stelle im inneren Mauerring zu landen.
    Der innere Ring. Das war das einzige an der Burg, was nach den Maßstäben der Verborgenen Insel gebaut war. Es war schönes Mauerwerk. Es konnte wirklich sein, als was Stahl es Amdijefri darstellte: ein Schrein, um Jefris Schiff Ehre zu erweisen und es vor dem Angriff der Holzschnitzer zu schützen. Die Zentralkuppel war ein sanftes Rund von Auslegern und Maßwerk, so weit wie der Hauptversammlungssaal auf der Verborgenen Insel. Tyrathect beobachtete sie mit einem Augenpaar, während sie es umrundete. Stahl hatte vor, die Kuppel mit feinstem rosa Marmor zu verkleiden. Sie würde Dutzende von Meilen hoch vom Himmel her zu sehen sein. Die in das Mauerwerk eingebauten Todesfallen waren das Herzstück von Stahls Plan, selbst wenn die Retter nicht in seiner anderen Falle landeten.
     
    Sreck und zwei weitere hochgestellte Diener standen auf den Stufen zum Versammlungsraum der Burg. Sie nahmen Haltung an, als sie sich näherte. Die drei wichen rasch zurück, mit den Bäuchen über den Steinboden schurrend…, aber nicht so schnell wie vorigen Herbst. Sie wussten, dass die anderen Flenser-Fragmente vernichtet worden waren. Als Tyrathect an ihnen vorüberging, lächelte sie beinahe. Bei all ihrer Schwäche und all ihren Problemen wusste sie, dass sie diesen drei überlegen war.
    Stahl war schon drinnen, allein. Die wichtigsten Versammlungen liefen immer so ab, nur Stahl und sie selbst. Sie verstand die Beziehung. Anfangs hatte Stahl einfach fürchterliche Angst vor ihr gehabt – der einzigen Person, die er glaubte, niemals töten zu können. Zehn Tage lang war er hin und her gerissen gewesen, ob er vor ihr kriechen oder sie umbringen sollte. Es war amüsant zu sehen, wie die von Flenser vor Jahren ihm eingepflanzten Bande immer noch wirkten. Dann war die Nachricht vom Tode der anderen Fragmente gekommen. Tyrathect war nicht mehr Flenser im Wartestand. Halb hatte sie damals mit dem Tode gerechnet. Doch in mancher Beziehung stärkte es ihre Sicherheit. Nun war Stahl weniger ängstlich, und sein Bedarf an vertraulichem Rat konnte auf eine Weise befriedigt werden, die er als weniger bedrohlich ansah. Sie war sein Flaschengeist: Flensers Weisheit ohne die damit verbundene Gefahr.
    Diesen Nachmittag wirkte er fast gelöst; als Tyrathect eintrat, nickte er ihr beiläufig zu. Sie nickte zurück. In vielerlei Hinsicht war Stahl ihr – Flensers – bestes Geschöpf. So viel Mühe war darauf verwendet worden, Stahl zu schleifen. Wie viele Rudel von Gliedern waren geopfert worden, nur um die Kombination zu erhalten, die Stahl war. Sie – Flenser – hatte Brillanz gewollt und Skrupellosigkeit. Als Tyrathect konnte sie die Wahrheit erkennen: Mit all dem Flensen hatte Flenser ein armes, trauriges Wesen erschaffen. Es war seltsam, aber… manchmal erschien Stahl ihr als Flensers bedauernswertestes Opfer.
    »Bereit zur Generalprobe?«, fragte Tyrathect. Endlich schienen die Radios fertig zu sein.
    »Gleich. Ich wollte dich nach dem Zeitplan fragen. Meine Quellen sagen, dass Holzschnitzerins Armee unterwegs ist. Wenn sie ordentlich vorankommen, müssten sie in fünf Zehntagen hier sein.«
    »Also mindestens drei Zehntage, ehe Ravnas Schiff eintrifft.«
    »Mindestens. Wir werden deinen alten Feind aus dem Weg schaffen, lange bevor wir um die hohen Einsätze spielen. Aber… etwas ist seltsam an den jüngsten Botschaften der Zweibeiner. Wie viel, meinst du, ahnen sie? Kann es sein, dass Amdijefri ihnen mehr erzählt, als wir wissen?«
    Diese Ungewissheit hätte Stahl verborgen gehalten, als Tyrathect noch Flenser im Wartestand war. Sie setzte sich hin, ehe sie antwortete. »Du könntest die Antwort wissen, wenn du dir die Mühe gemacht hättest, mehr von der Sprache der Zweibeiner zu lernen, lieber Stahl, oder wenn du mir die Gelegenheit dazu gegeben hättest.« Den ganzen Winter über hatte Tyrathect verzweifelt gehofft, mit den Kindern allein sprechen zu können, um dem Schiff eine

Weitere Kostenlose Bücher